Hagen. . Leben wir alle in der gleichen Welt? Tun wir nicht, behauptet die Kunststudentin Sandra Opitz (25), die in der Hagenring-Galerie ihre erste Einzelausstellung hat.

Leben wir alle in der gleichen Welt? Diese Frage ist natürlich nur scheinbar naiv, schließlich haben sich schon Astrophysiker und Philosophen mit ihr abgeplagt. Und Künstler. Ja, man dürfe der Realität nicht glauben, sagt Sandra Opitz (25), die Welt existiere doch nur in unseren Köpfen. Und in jedem Kopf eine andere Welt, zumindest eine andere Wahrnehmung der Welt: „Das beginnt schon beim Kauf eines Kleidungsstückes. Es ist vermeintlich grün. Und dann sagt ein anderer, es sei gelb.“

Tödliche Blicke

Banal, nicht? Sandra Opitz ist eine Künstlerin, die mit dem Jeder-lebt-in-seiner-eigenen-Welt-Mythos jongliert. In ihrer ersten Einzelausstellung in der Hagenring-Galerie zeigt sie, in Ölfarben gemalt, einen Basilisken, eines dieser Fabeltiere, deren Blicke einen Menschen töten können. Aber hat es diesen Basilisken nicht wirklich gegeben? Im Naturhistorischen Museum von Wien gibt es doch dieses merkwürdige Objekt, von dem ein erfindungsreicher Kryptozoologe (oder Scharlatan) behauptete, es handele sich um das sagenhafte Tier. Erst später fand man heraus, dass es die eingelegten Überreste eines Rochens sind. Doch die blitzgescheite Künstlerin, tief beeindruckt von den Formaldehydpräparaten und Tiermumien in dem weltberühmten Haus, fand sogleich Zugang zu der Schwindel-Geschichte: Ihr Basilisk ist eine Mischung aus Zebra, Taube, Wasserfloh und Pflanzenzelle: „Das ist natürlich inszeniert. Man darf mir nicht alles glauben. Man darf der Wirklichkeit nicht glauben und ebenso nicht der Wirklichkeit der Malerei.“

Gewaltig und brutal

So wenig wie das Naturhistorische Museum zu Wien die ganze Natur, so wenig kann Kunst die ganze Welt abbilden. Der Basilisk von Sandra Opitz ist ein surreal anmutendes Stillleben, er wirkt wie eine Überlagerung von persönlichen Erlebnissen und hat, schon aufgrund der schieren Größe der Leinwand (2 mal 1,50 Meter), etwas Gewaltiges an sich. Und durch die Klebebandstreifentechnik, die das Bild in der Mitte trennt, auch etwas Brutales.

Das fehlende Auge

Aber das ist kompositionelle Gabe, seinen eigentlichen Reiz gewinnt das Kunstwerk durch den erzählerischen Kontext – wie auch „Die drei Farben der Sinne“. Für dieses Bild hat sich Sandra Opitz ebenfalls im Museum einer europäischen Hauptstadt inspirieren lassen, im medizinhistorischen Museum der Berliner Charité. Dort bekam sie es mit pathologisch-anatomischen Feucht- und Trockenpräparaten zu tun, von denen eines – wie sollte es bei einer Künstlerin, die auch noch negiert, was sie sieht, anders sein – besonderen Eindruck hinterließ: das Auge. „Ich habe auch in Anatomiebücher reingeguckt, die sind toll.“ Man ahnt, Sandra Opitz wäre am liebsten zu einem Augenarzt in die Praxis spaziert, um einen Blick auf eine wirklich Netzhaut zu erhaschen.

Malerei, Zeichnung, Druckgraphik

Sandra Opitz hat ihre Ausstellung „Feucht- und Trockenpräparate (Malerei, Zeichnung, Druckgraphik)“ betitelt.

Die Eröffnung ist am Sonntag, 14. September, um 11 Uhr in der Hagenring-Galerie, Wippermann-Passage, Eilper Str. 71-75, in Eilpe. Es spricht Professorin Bettina van Haaren von der TU Dortmund.

Öffnungszeiten der Ausstellung: dienstags bis freitags 17-19 Uhr, sonntags 11-13 Uhr. Ausstellungsende: 12. Oktober.

Womit wir wieder beim Thema Wirklichkeit wären. Das Selbstporträt inmitten all der Augen und Netzhäute im Zentrum des Bildes hat rote Haare: „Ich war mal rot, jetzt bleibe ich blond“, lacht die Künstlerin. Dem Porträt fehlt ein Auge. Ich bin ja noch Studentin, keine fertige Künstlerin -- könnte das bedeuten. Aber auch, dass Sandra Opitz nicht jede Geschichte zu Ende erzählen will: „Der Betrachter soll Freiraum haben für seine eigene Interpretation.“ Er sieht die Wirklichkeit ja sowieso mit anderen Augen.