Hagen. . Der gebürtige Hagener Eddy Kante berichtet in seinem Buch über sein Zerwürfnis mit Panik-Rocker Udo Lindenberg. Der Rockstar mit der Näsel-Stimme war wenig begeistert von dem Vorhaben seines Ex-Leibwächters. Doch der Versuch Lindenbergs, das Buch zu stoppen, scheiterte. Ein Gespräch mit Eddy Kante.

Udo Lindenberg hat ihn im November 2013 „nach 33 Jahren loyaler Verbundenheit“ achtkantig rausgeworfen, jetzt öffnet Eddy Kante der Öffentlichkeit die Tür zu seinem in vielerlei Hinsicht ­schillernden Leben. Der 54 Jahre alte gebürtige Hagener hat unter dem Titel „In meinem Herzen kocht das Blut“ eine Autobiografie veröffentlicht. Der Jung-Autor bittet zum Gespräch in ein Hotel im Wasserlosen Tal in seiner Heimatstadt.

Der Händedruck ist fest, das Gesicht entspannt, und die Stimme sagt: „Können wir auf die Terrasse gehen?“ Eddy Kante bestellt ein Glas Wasser und eine Fanta („Ich mache mir nichts aus Alkohol“) und fühlt sich wie der Sonnenschein persönlich. „Die Erstauflage ist schon nach wenigen Tagen nahezu verkauft“, sagt der 54-Jährige und hat eine Erklärung für den Erfolg seines 315 Seiten dicken Erstlingswerks parat: „Ich habe ehrlich aufgeschrieben, dass ich viel Scheiße gebaut habe in meinem Leben.“

Für so einen wie ihn hat die Menschheit den Begriff „bullig“ geprägt. Die personifizierte raue Schale mit dem weichen Kern. Er ist freundlich im Gespräch, wortgewandt, ein umgänglicher Typ, der durchaus die Nähe zu Menschen sucht. Wenn er so erzählt, tippt er den Reporter immer wieder mit seinen beringten Fingern auf den Arm. Vor allem, wenn es um Udo Lindenberg geht.

Eddy Kante posiert in Hagen.
Eddy Kante posiert in Hagen. © Ingo Otto

Den Schriftzug seines einstigen Ziehvaters trägt er nach wie vor als Tätowierung am Oberarm, demonstriert er beim Anheben ­seines Rocker-T-Shirts. „Ich habe doch nur ein Buch geschrieben“, sagt er und senkt Stimme und Kopf. Die Augen hat er längst von seiner dunklen Sonnenbrille freigelegt. Die Trennung von dem Mann, „der nach Angie auf Platz 2 auf der Popularitätsskala in Deutschland steht“, wird immer sein wundester Punkt bleiben. „Ich habe stets sein ­Leben gelebt, meines stand ­dabei Zuhause in der Ecke.“ Ja, man hört durchaus Verbitterung aus seiner Stimme.

Mit der Vergangenheit abschließen

Ihm sei das Buch wichtig gewesen, sagt Eddy Kante. Weil er mit seiner ­teils unrühmlichen Vergangenheit abschließen und zeigen wollte, dass es Wendungen zum Guten geben kann. Zum ­ersten Mal habe er über sein Leben geredet. „Wenn Sie so wollen, habe ich meine Seele freigequatscht.“

Eddy Kante aus Hagen beschreibt in Autobiografie seine Zeit als Provinz-Mafioso 

Der Mann, der am 8. Oktober 1959 als Frank Schröder im Altenhagener St.-Josefs-Hospital zur Welt gekommen ist und Hagen nach wie vor „irgendwie“ als ­Heimat ansieht, beschreibt in der Autobiografie sehr detailliert, ­bisweilen allzu gefällig, wie er als „Provinz-Mafioso“ (Tageszeitung „Die Welt“) aktiv war. Als Schutzgelderpresser, als Knacki, als Schläger, Zuhälter, als Kokaindealer. Nachdem Udo Lindenberg vorab „von falschen Beratern“ von Gewaltschilderungen in dem Buch gehört hatte, muss im Herzen des Sängers wohl das Blut übergekocht sein. Seine Versuche, die Ver­öffentlichung zu stoppen, scheiterten. Der Bruch in der (Männer-)Freundschaft fürs Leben war perfekt.

Eddy Kante ist vor dem Pressetermin mit seinem in Hagen lebenden Sohn Oliver durch die Innenstadt gegangen. Es hat sich viel verändert („Ich habe fast nur die Horten-Fassade in der City wiedererkannt“), wie in seinem Leben nach der Funkstille mit Lindenberg. „Keiner von denen, die mich angerufen haben, als ich noch an Udos Seite war, meldet sich jetzt noch“, sagt der Hamburger, „keiner fragt, wie es mir geht“. Typisch für das Haifischbecken Show-Geschäft: „Du wirst von vorne angelächelt und von hinten kaputt gemacht.“

Eine Ersatzfamilie

Anstelle Lindenbergs innerer ­Zirkel sind jetzt die Rocker der Freeway Rider’s zu Eddy Kantes Ersatzfamilie geworden. Erst vor Tagen ist er aus einem mehr­wöchigen Malta-Urlaub zurück­gekehrt. „Ich habe dort die ersten Zeltstangen eingeschlagen“, sagt der ehemalige Bodyguard. Will ­heißen: Er kann sich gut vorstellen, auf die „Sonneninsel“ auszu­wandern. „Die Menschen dort sind viel entspannter als hier. Nicht so auf Gier und Konsum bedacht.“ Und es herrsche mehr Ruhe, sagt der Mann, von dem der Hagener Extrabreit-Schlagzeuger Rolf ­Möller in der Autobiografie meint: „Eddy ist wie eine Kerze. Nur dass diese von beiden Seiten angezündet ist.“

Zuvor wird er noch in verschiedenen deutschen Städten für sein Buch werben und Talkshows beglücken. Und immer wieder den Bruch mit Udo Lindenberg erklären müssen. Die Musik des Panikrockers hört Eddy Kante nicht mehr, aber: „Wenn er sagt: komm zurück - das wäre das Größte. Wenn meine Gage neu verhandelt wird und wir eine Einigung finden, würde ich noch einmal 33 Jahre an seiner Seite bleiben.“