Hagen/Schmallenberg. Andreas Martin Hofmeir spricht über die Wonnen der Tiefe und seine Lust auf Grenzgänge. Der berühmte Tubist spielt beim Sauerland-Herbst in Arnsberg, Hagen und Schmallenberg.

Wenn der Mann seine XXL-Blechkiste auf die Bühne schleppt, hagelt es Beifall, Lachsalven und Auszeichnungen. Prof. Andreas Martin Hofmeir ist der erste Tubist der Musikgeschichte, der mit einem Echo-Klassik geehrt wurde. Denn Hofmeir baut Brücken. Als Solist in Sinfoniekonzerten ist er ebenso gefragt wie als Kabarettist und Popmusiker von La BrassBanda. Beim Blechbläserfestival Sauerland-Herbst ist der Bayer in diesem Jahr der Stargast. Er tritt in Hagen und Schmallenberg mit den Hagener Philharmonikern auf, gestaltet eine musikalische Lesung in Arnsberg und gibt einen Workshop in der Akademie Bad Fredeburg. Für unser Interview haben wir mit dem „Tubadour“ im australischen Brisbane telefoniert, wo er derzeit unterrichtet und konzertiert.

Die Leute lachen gerne, wenn sie eine dicke Tuba sehen. Macht dieser komische Aspekt des Instruments Ihnen als Musiker Kummer?

Andreas Martin Hofmeir: Ich bin grundsätzlich auch eher ein komischer Vogel, und ich liebe die Komik an der Tuba, die sie zweifellos hat, weil sie in der extremen Tiefe agiert.

Also kommen Tubisten nie nach oben?

Im Gegenteil. Das Instrument hat insgesamt fünf Oktaven Tonumfang, es deckt im Prinzip die gesamte Tenor- und Basslage ab. Es gibt kaum ein anderes Instrument mit so vielen Möglichkeiten. Aber für die meisten Leute ist die Tuba als Soloinstrument noch gewöhnungsbedürftig.

Obwohl sie so groß und laut ist, hat die Tuba bislang ein Dasein im Windschatten von Trompeten und Posaunen geführt. Woran liegt das?

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Die Tuba ist ein junges Instrument, sie wurde erst 1835 erfunden. Das heißt, wir haben keinen Bach, keinen Mozart, keinen Beethoven, der für uns komponiert hat. Es braucht ein bisschen Zeit, bis sich die Sololiteratur für die Tuba entwickelt. Früher hat man immer gedacht, die Tuba ist ein Instrument für Faule. Mittlerweile sehen die meisten aber, dass man mit ihr etwas machen kann.

Wie lebt es sich denn in der Bass-Region?

Jeder Mensch sehnt sich nach einem Bass. Die Vibrationen, die die Tuba hat, die sind so wohlig. Tiefe Frequenzen bringen die Zellen wieder in Ordnung. Ich bin sehr froh, dass ich Tuba üben darf und nicht Piccolo.

Mit den Hagener Philharmonikern spielen Sie am 21. Oktober in Hagen, am 22. Oktober in Mülheim/Ruhr und am 23. Oktober in Schmallenberg das Tuba-Konzert Nr. 1 von Jörg Duda, das der Komponist für Sie geschrieben hat.

Das Konzert spiele ich gerade auch in Brisbane. Es fordert die Tuba in allen Lagen heraus. Dabei handelt es sich eher um eine Sinfonie mit obligater Tuba als um ein traditionelles Solokonzert. Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit den Hagener Philharmonikern, weil es kaum Orchester gibt, die die Tuba als Soloinstrument einsetzen.

Viele Hörer haben Angst vor neuer Musik, weil sie auch weh tun kann.

Das Duda-Stück ist so eingängig, im Endeffekt fast wie Filmmusik, das gefällt auch Leuten, die noch nie ein klassisches Konzert gehört haben. Ich möchte zeigen, dass es diesbezüglich für das Publikum viel zu entdecken gibt.

Sie sind erst 35 und schon Musikprofessor, Popmusiker, Klassikstar, Kabarettist, Poet: Macht die Tuba einen so vielseitig?

Blechbläser sind von Natur aus Crossover-Leute, denn sie kommen aus kampferprobten Formationen wie Blaskapellen. Da ist keine Zeit für Primadonnengehabe.

Beim Sauerland-Herbst geben Sie in der Akademie Bad Fredeburg vom 15. bis 19. Oktober einen Brass-Band-Workshop und laden am 16. Oktober zur langen Tuba-Nacht ein. Dürfen da nur Meisterschüler mitmachen oder auch Hobbytubisten?

Ich achte schon sehr darauf, viel für Amateure zu machen. Meinen ersten vernünftigen Tuba-Unterricht habe ich selbst erst sehr, sehr spät bekommen, weil die Tubalehrer dünn gesät sind. Ich hatte meinen allerersten Unterricht bei einem Klarinettisten, das muss man sich mal vorstellen, das ist, als würde ein Golfer die Fußballnationalmannschaft trainieren. Wir arbeiten in der Akademie Bad Fredeburg gemeinsam an Ensemblemusik, die ich vorbereitet habe. Aber vor allem geht es um das Gemeinschaftserlebnis, darum, zu sehen, dass man als Tubist nicht allein ist auf der Welt. Um das festzustellen, muss man sonst ein paar Kilometer fahren.

Sie treten am liebsten barfuß auf. Warum?

Weil meine Lackschuhe so unbequem sind. Barfuß auf der Bühne ist total albern, aber praktisch, weil ich dann auf Reisen keine Konzertschuhe mitnehmen muss, und ich bin so vergesslich. Im Ernst, ich habe mal beim Sinfoniekonzert meine Schuhe vergessen, und in roten Socken wollte ich nicht auftreten, da habe ich gesagt, ich spiele barfuß. Bei schönen Solistinnen schaut man immer aufs Dekolleté, aber mein Dekolleté ist nicht so schön wie meine Füße.

www.sauerland-herbst.de