Hagen/Siegen. . Die Stiftung Warentest hatte kürzlich beanstandet, dass in Deutschland vermutlich mehrere Millionen Baukreditverträge fehlerhaft sind. Bei südwestfälilschen Banken und Sparkassen mag man von einem Kundenansturm derzeit nicht berichten. Ein “paar“ Fälle aber gebe es.

Die Zeitschrift "Finanztest" hatte es offenbar: 80 Prozent der Immobilienkredite, die in Deutschland seit November 2002 abgeschlossen wurden, sind fehlerhaft. Fehlerhafte Baukreditverträge haben in Südwestfalen jedoch nicht zu einem Sturm der Kreditnehmer auf die regionalen Kreditinstitute geführt, heißt es bei Kreditinstituten.

„Zwei Hände voll bisher“, sagt Hermann Backhaus, Vorstandschef der Märkischen Bank in Hagen. „Wir sind bisher mit weniger als einem blauen Auge davon gekommen.“ Thorsten Irmer, Pressesprecher der Sparkasse Hagen, schätzt die Zahl der Kunden, die Widerspruch erhoben haben, auf „unter zehn“. Von „unfassbar wenig“ spricht die Sparkasse Siegen, öffentlich-rechtlicher Marktführer in Südwestfalen.

80 Prozent fehlerhaft

Vor wenigen Wochen hatten die Verbraucherzentralen rund 10.000 seit November 2002 abgeschlossene Kreditverträge überprüft - davon waren ihren Angaben zufolge etwa 80 Prozent fehlerhaft, da die darin verwendeten Widerrufsbelehrungen vom Bundesgerichtshof für unwirksam erklärt worden waren. Das Widerrufsrecht hätte den Kunden im Endeffekt günstigere Zinsen bescheren können. Rechtswidrig seien sie aber nicht in allen Fällen, wiederspricht Backhaus. Es seien im Verlauf der Jahre seit 2002 bis Anfang 2014 verschiedene Formulierungen verwendet worden und jede sei im Einzelfall von der Rechtsabteilung zu prüfen.

Die Widerrufsbelehrungen seien „kein Fehler der Kreditinstitute“ gewesen, rechtfertigt sich Thorsten Irmer. Man habe „Mustertexte der Steuerbehörden genommen und ohne bösen Willen versucht, sie klarer zu formulieren.“ Dies sei von den Gerichten beanstandet worden, mittlerweile würden Widerspruchsfristen konkret beschrieben.

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Den Baukreditvertrag zu widerrufen sei das gute Recht des Kunden, räumte der Sparkassensprecher ein. Dann sei die Rückabwicklung des Vertrages ein Weg - der Kunde zahlt das Darlehen zurück. Komme es aber zu Verhandlungen über einen neuen Vertrag, könne der Kreditnehmer trotz aktuell niedriger Zinsen nicht sicher mit günstigeren Konditionen rechnen, „wenn sich seine persönliche Lebenssituation etwa durch Scheidung oder Arbeitslosigkeit verändert hat.“ Dem stimmt auch Backhaus zu und verweist betroffene Kunden auf ihren Sachbearbeiter.

Rechtswidrige Widerrufsbelehrungen sind aber nur der eine Teil des Problems zwischen Kreditinstituten und Verbraucherschützern. Bei den sogenannten Vorfälligkeitsentschädigungen - in der Fachsprache das Entgelt für die außerplanmäßige Rückführung eines Darlehens während der Zinsfestschreibungszeit, wenn der Kunde das Darlehen kündigt - sind die Fronten deutlich härter. „Vorfälligkeitsentschädigungen sind nicht transparent und angesichts der aktuellen Zinsentwicklung für die Kunden existenzgefährdend hoch“, moniert Frank-Christian Pauli, Bankenreferent beim Bundesverband der Verbraucherzentralen und setzt auf eine Wohnimmobiliendarlehensrichtlinie, die die EU 2016 verabschieden will.

Kein problemloser Ausstieg

Problem: Auch danach wird ein Kreditnehmer nicht problemlos aus dem Vertrag aussteigen könne, es muss etwa wegen Arbeitslosigkeit oder Scheidung ein Zwang vorliegen, sein Haus zu verkaufen. Bis jetzt fordern Kreditinstitute Paulis Angaben zufolge noch bis zu 11 Prozent des Restkapitals als Entschädigung - zu viel für manchen in einer Notlage. Backhaus widerspricht nicht grundsätzlich, sieht aber seine Hände gebunden: „Das ist natürlich eine unbefriedigende Lage für viele Kunden. Durch das niedrige Zinsniveau von teils unter zwei Prozent entstehen hohe Beträge.“ Aber das lasse sich nicht kurzfristig ändern - die Zinsen würden noch zwei, drei Jahre auf diesem Niveau verharren.