Hagen. . Während Land und Kommunen um die Kosten der Inklusion streiten, sollen Eltern ihre förderbedürftigen Kinder bereits an weiterführenden Schulen anmelden. Doch der Stand der Umsetzung ist in den Kommunen höchst unterschiedlich.
Es ist die Zeit der Entscheidung: Eltern, deren Kinder die vierte Klasse besuchen, müssen ihre Söhne und Töchter in dieser Woche an den weiterführenden Schulen anmelden. Die Wahl fällt ohnehin vielen schwer. Noch schwieriger dürfte sie derzeit für Väter und Mütter sein, deren Kindern als förderbedürftig gelten. Denn nach den Sommerferien will Nordrhein-Westfalen durchstarten mit der Inklusion. Kinder mit Förderbedarf sollen gemeinsam mit allen anderen Regelschulen besuchen – wenn ihre Eltern dies wollen.
Während sich Land und Kommunen noch um die Kosten der Inklusion und Ausstattung streiten, müssen die Eltern bereits für ihre Kinder die richtige Schule auswählen. Was mancherorts zu einer Rechnung mit einigen Unbekannten werden kann. Denn die Kommunen realisieren die Vorgaben des Landes unterschiedlich. Und auch der Stand der Planung und die Umsetzung scheint nicht überall gleich weit vorangeschritten.
Während in manchen Gemeinden nur einzelne Regelschulen zu Orten des gemeinsamen Lernens erklärt und Schwerpunktschulen eingerichtet werden, sollen in anderen Städten alle Schulen Kinder mit Förderbedarf aufnehmen. In Siegen zum Beispiel stehen grundsätzlich alle städtischen weiterführenden Schulen für Kinder mit den Förderschwerpunkten emotionale und soziale Entwicklung, Sprache und Sehen offen. Schwerpunktschulen nämlich liefen der Grundidee der Inklusion entgegen, lehnt die Stadt dieses Konzept ab.
In Ennepetal dagegen sollen die lernbehinderten Kinder in der dortigen Sekundarschule aufgenommen werden, Schüler mit emotionalen und sozialen Störungen aber das Gymnasium besuchen.
Und in Menden will man noch nicht öffentlich machen, wohin die Reise geht. Zwar gebe es schon Vorstellungen und Vorabsprachen innerhalb der Regionalkonferenz, was die Einrichtung von Schwerpunktschulen anbetreffe, aber darüber habe man im Rat noch nicht entschieden, so der zuständige Fachbereichsleiter Dieter Michel.
Vermutlich kein Einzelfall: „Es ist alles im Fluss“ sagt Christoph Dieker von der Bezirksregierung Arnsberg. Festlegungen könnten vielfach erst im Frühjahr nach den Anmeldungen getroffen werden.
Es fehlt noch an Fortbildungen
„Das macht es für die Schulen und die Lehrer sehr schwierig, sich für das kommende Jahr vorzubereiten“, sagt Dorothea Schäfer, NRW-Vorsitzende der Lehrergewerkschaft GEW. Zwar fängt man nicht bei Null an, weil es an vielen Schulen ohnehin seit Jahren integrative Lerngruppen gibt, insbesondere Sekundarschulen gelten als gut vorbereitet. An Schulen aber, die nach dem Sommer erstmals Förderschüler aufnehmen, seien die Lehrer noch nicht ausreichend fortgebildet, kritisiert Schäfer. Zum Beispiel dafür, wie man auf Kinder eingeht, die im Unterricht Hilfsmittel brauchen wie Lupen oder Sprachcomputer. Oder dafür, wie man eine Klasse im Team mit einem Förderlehrer unterrichtet. „Da müssen sich die Teams erst zusammenfinden und das Kooperieren lernen“, so Christoph Dieker und fügt hinzu: „Das müssen die Schulleitungen gestalten.“
Zukunft der Lehrer offen
Weshalb man zum Beispiel in der Stadt Wetter dem Gymnasium noch ein Jahr Zeit gibt, wie Fachbereichsleiter Dietrich Thier erklärt. Auch hier sollen alle weiterführenden Einrichtungen, also sowohl die Sekundarschule wie das Gymnasium Orte des gemeinsamen Lernens werden. Anders gehe es in einer kleinen Kommune nicht, wenn es pro Klasse nur zwei Schüler mit Förderbedarf geben solle, rechnet Thier vor. Bis zum August 2015 habe man nun am Gymnasium noch Zeit, sich für die neue Aufgabe „fit zu machen“, so Thier.
Offen ist die Zukunft auch für die Sonderpädagogen, die bisher an Förderschulen unterrichtet haben. Sie sollen in Zukunft je nach Bedarf der Schulen versetzt werden.