Hagen/Arnsberg/Siegen. . Südwestfalen verzeichnet einen deutlichen Rückgang an Ausbildungsverträgen. Die Ursache sind unter anderem die gestiegenen Anforderungen, welche die Firmen an ihre Bewerber stellen. Einige Betriebe hätten ihr Einstellungsverhalten jedoch wieder auf “Normalmaß“ zurückgefahren.

Die Zahl der in Südwestfalen zwischen Industrie- und Handels-Betrieben und Schulabgängern geschlossenen Lehrverträge ist im vergangenen Jahr deutlich zurückgegangen. Das Minus im Vergleich zu 2012 reicht von 5,2 Prozent im Bezirk der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer zu Hagen (SIHK) über rund sieben Prozent im IHK-Bezirk Arnsberg bis zu acht Prozent in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe, wie eine Umfrage unter den Kammern ergab. Auch das südwestfälische Handwerk verzeichnete einen Rückgang um sechs Prozent.

Die Kammern wollten kein „Katastrophenszenario“ anstimmen, zeigten sich aber nachdenklich. „Es wird immer schwieriger, den richtigen Kandidaten für den richtigen Beruf am passenden Ort zu finden“, analysiert Bernd Wieneke, Teamleiter Ausbildungsberatung, die Lage. Die „Bugwelle“ an unversorgten Bewerbern werde kleiner, der doppelte Abitur-Jahrgang im vergangenen Jahr habe kaum Auswirkungen auf die Zahlen in der betrieblichen Ausbildung gehabt.

"Je ländlicher, desto stabiler"

Nach Wienekes Worten gab es „keine Totalausfälle“ in Branchen oder einzelnen Betrieben. Zu konstatieren sei aber: „Je ländlicher, desto stabiler und umgekehrt - womit schon Städte wie Arnsberg, Soest oder Lippstadt gemeint sind. Und: „Viele von denen, die jetzt noch suchen, haben klare Vorstellungen, was sie werden wollen, und sind dafür nicht ausreichend qualifiziert.“

Die IHK Siegen zeigte sich trotz des Rückganges der abgeschlossenen Lehrverträge um acht Prozent auf 2253 im vergangenen Jahr „noch zufrieden“, so Klaus Gräbener, Geschäftsführer für Aus- und Weiterbildung bei der IHK Siegen. Aber: „Vielen Unternehmen gelingt es nicht, hinreichend junge Menschen mit vergleichsweise hohen Schulabschlüssen für eine betriebliche Erstausbildung zu begeistern.“ Hauptgeschäftsführer Mockenhaupt sprach davon, dass vor allem diejenigen Unternehmen, die „nahe am Stahl und am Auto“ unterwegs seien, ihr Einstellungsverhalten wieder „auf Normalmaß“ zurückgefahren hätten.

Im Kreis Siegen-Wittgenstein sank die Zahl der Abschlüsse in den kaufmännischen Berufen (814 Verträge/-11,3 Prozent) stärker als im gewerblich-technischen Bereich (672/-4,3). Starke Rückgänge gab es bei den Industriekaufleuten (-9 Prozent), den Büroberufen (-22 Prozent), im Gastgewerbe (-25 Prozent) sowie den Versicherungskaufleuten (-35 Prozent). Nur in den Elektroberufen gab es ein Plus von 7 Prozent. Der Handel meldete ein Minus von 7,5 Prozent.

Genau umgekehrt verhält es sich im Bezirk der SIHK zu Hagen - von den 198 Ausbildungsverträgen, die 2012 weniger abgeschlossen wurden, entfielen immerhin 141 auf den gewerblich-technischen Bereich und 57 auf den kaufmännischen. „Da liegt für unseren Bezirk mit seiner Industriequote von 43 Prozent ein Risiko“, erläutert Thomas Hensel, Geschäftsführer für berufliche Bildung.

Dritterfolgreichstes Jahr

Der Rückgang von 5,2 Prozent insgesamt auf 3641 Lehrverträge bedrückt ihn weniger - 2013 sei trotz der Rückgänge immer noch „das dritterfolgreichste Jahr“ seit der Jahrtausendwende gewesen. Die regionale Ausbildungsleistung liege immer noch 50 Prozent über den Werten, die Mitte der 1990er Jahre gängig gewesen seien, sekundiert Mockenhaupt. Nur, dessen sind sich beide IHK-Experten bewusst, wird das so nicht bleiben. Die Betriebe werden künftig händeringend suchen. Schätzungen zufolge wird die Zahl der Schulabgänger in der Region bis 2019 um knapp ein Viertel zurückgehen.