Hagen. . Silvester steht vor der Tür: Und damit beginnt die Zeit guter Vorsätze und Wünsche für das neue Jahr. Der Hagener Diplom-Psychologe Björn Gonschior spricht im Interview über innere Motive, Statussymbole, Überraschungen und die Gefahr von guten Vorsätzen.

Weihnachten ist vorbei. Wünsche haben sich erfüllt - oder auch nicht. Aber in beiden Fällen gilt: Es bleiben immer Wünsche offen. Und es kommen ständig neue dazu. Warum eigentlich? Eine Frage für den Diplom-Psychologen. Der heißt Björn Gonschior und ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Fernuniversität Hagen

Wie unterscheiden sich Wünsche, Träume und Ziele?

Björn Gonschior: Ich neige nicht zur Wort-Haarspalterei. Das geht alles ineinander über.

Welche Funktion haben Wünsche für unsere Psyche?

Gonschior: Sie halten uns am Laufen. Menschen streben immer zu positiven Empfindungen.

Wer keine Wünsche mehr hat, ist also schon tot?

Gonschior: Mir fallen dazu eher schwer Depressive ein.

Und was ist mit den Buddhisten, die gerade die Unabhängigkeit von Wünschen anstreben?

Gonschior: Ihr Ziel ist, weniger zu leiden. Es geht ihnen also auch um positive Empfindungen.

Wo kommen die Wünsche her?

Gonschior: Wünsche haben eine soziale Komponente, die von außen kommt. Das begehrteste Spielzeug ist immer das, mit dem ein anderes Kind spielt. Und es gibt die Motivations-Komponente, die aus einem selbst kommt, die eigene Leidenschaften und Emotionen anspricht.

Sind ideelle Wünsche besser als materielle?

Gonschior: Das lässt sich häufig gar nicht klar abgrenzen, denn der Wunsch nach einem Auto kann verschiedene Motive haben: Ist es Statussymbol, geht es um Freude am Fahren, um Unabhängigkeit oder weniger Stress mit anderen? Langfristig sind wohl ideelle Wünsche erfüllender. Aber materielle Wünsche haben einen Vorteil: Wir wissen, wann sie erfüllt sind. Wer sich ein harmonisches Familienleben wünscht, kann das schwieriger definieren.

Macht ein Wunsch, der aus einem selbst kommt, bei der Erfüllung zufriedener als ein durch Gruppendruck entstandener?

Gonschior: Im Prinzip schon. Die Enttäuschung trotz eines erfüllten Wunsches hängt oft damit zusammen, dass es tief im Inneren gar kein wirkliches Bedürfnis danach gab. Aber sehr statusorientierte Menschen fühlen sich durch allgemein begehrte Dinge durchaus glück­licher.

Es kann also sein, dass mich der edle Espresso-Vollautomat beglückt, weil ich damit meinen Nachbarn aussteche?

Gonschior: Oder dass er mich nicht zufrieden macht, weil ich ihn gar nicht wirklich wollte.

Offenbar kann man beim Wünschen viel falsch machen...

Gonschior: Wenn ich Wünsche zu sehr überhöhe, zu viel davon erwarte - und dann verändert sich mein Leben dadurch doch nicht. Ein anderer Fehler: Ich konzentriere mich sehr stark auf wenige Wünsche, die sich möglicherweise nicht erfüllen oder sich gar als unerfüllbar herausstellen.

Besser wären demnach viele Wünsche, weil ich dann nicht zu sehr an einem klebe?

Gonschior: So ein Kinder-Wunschzettel hat etwas für sich: Ich kann damit rechnen, dass ich etwas von der Liste bekomme, weiß aber nicht, was. Das ergibt ein angenehmes Gleichgewicht aus Berechenbarkeit und Überraschung.

Warum sind die überraschenden Geschenke oft die schönsten?

Gonschior: Manchmal liegen sie ja auch komplett daneben. Aber wenn ich etwas bekomme, was ich mir nicht ausdrücklich gewünscht habe und es mir gefällt, weiß ich, dass die andere Person sich mit mir beschäftigt hat.

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Der Gegenpol wäre das Geldgeschenk...

Gonschior: Da kann man keine Fehler machen, offenbart aber, dass man sich keine Gedanken machen wollte. Der Schenkende hat offenbar nicht so viel Interesse an mir.

Um richtig wünschen zu können, müsste ich meine Motive kennen...

Gonschior: Das finde ich gerade interessant: Dass Menschen sich ihrer Wünsche, Träume und Motive häufig gar nicht bewusst sind. Wenn man versucht, das für sich selbst zu entschlüsseln, kann es einen weiterbringen.

Dann wissen wir, was wir wirklich wollen, aber noch nicht, wie wir es bekommen...

Gonschior: Wir können uns auf beiden Seiten nie sicher sein. Wenn man jedem das Gleiche schenken könnte und dann alle glücklich wären, wäre es vielleicht schön, aber auch etwas langweilig.

Und was ist mit den Wünschen fürs neue Jahr?

Gonschior: Nichts gegen Wünsche, aber ich warne vor terminierten Zielen wie: 2014 ernähre ich mich gesund. Das ist in erster Linie Aufschiebeverhalten. Da ist ein Termin festgelegt und damit schon etwas erledigt. Der Rest lässt dann oft auf sich warten.