Hagen. Schon hundertfach hat ein Renault in der Hagener Schürmannstraße die dort zulässige Parkhöchstdauer überschritten – trotzdem kann die Stadt ihn nicht einfach abschleppen. Sie ist nun auf der schwierigen Suche nach dem Halter, um die vielen Knöllchen zu vollstrecken.

Glaubt man den Notizen, die im Wageninneren zu lesen sind, dann hat der dunkelrote Renault Lagune seinen Weg von Polen über die Autobahn 44 bei Kassel und weiter über die A 1 nach Hagen gefunden. Und dort ist nun Endstation. Seit vielen Wochen steht er auf dem Parkplatz am Finanzamt in der Schürmannstraße. Also ausgerechnet dort, wo die Stellplätze sehr begehrt sind.

Gleich mehrere Hinweise der Hagener Politessen, dass ein Bußgeld zu zahlen sei, klemmen hinter dem Scheibenwischer. Schließlich sind die erlaubten zwei Stunden inzwischen um mehrere Hundert Mal überzogen worden. Doch es tut sich nichts. Der Fahrer des Pkw mit polnischem Kennzeichen scheint es eilig gehabt zu haben: Nur zwei Brötchen und eine leere Colaflasche hat er zurückgelassen.

Keine akute Gefährdung

Warum schleppt die Stadt den Pkw nicht einfach ab? Kennt die Stadt den Namen des Halters? Und hat die Kommune überhaupt eine Chance, die jetzt schon erteilten „Knöllchen“ zu vollstrecken? Rathaus-Sprecher Karsten-Thilo Raab kann zu dem konkreten Fall nichts sagen: „Aus Datenschutzgründen.“ Doch generell ist es für die Stadt wohl nicht so einfach, gegen einen Fahrzeughalter vorzugehen, der alle Bußgelder ignoriert – zumal wenn das Auto im Ausland zugelassen ist.

Zunächst einmal ist das Abschleppen – so das Amtsdeutsch – „ein ordnungsbehördliches Zwangsmittel zur Beseitigung einer Gefahrenlage“. Stadt-Sprecher Raab: „Es ist also zu unterscheiden, ob durch ein Fahrzeug eine Gefährdung ausgeht – etwa in einer Feuerwehrzufahrt – oder ob nur langfristig ein Parkplatz blockiert wird.“ Die Verhältnismäßigkeit müsse beachtet werden.

300 Mal im Jahr wird in Hagen abgeschleppt

Im Fall des Renaults bedeutet das: Es mag zwar den Ärger der anderen Verkehrsteilnehmer provozieren, ist aber nicht gefährlich und in Polen auch noch amtlich zugelassen. Eine eigene städtische Richtlinie kann Hagen dazu auch nicht aufstellen. Man ist an das Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Landes NRW gebunden.

Und auf dessen Basis schleppt die Stadt Hagen auch tatsächlich oft Falschparker ab: Etwa 300-mal im Jahr passiert das. Entweder werden sie dann auf einen anderen öffentlichen Parkplatz umgesetzt. Oder aber sie landen auf dem Gelände des Abschleppunternehmens. „Zwischen 50 und 250 Euro werden je nach Größe des Fahrzeugs fällig“, so Raab. Und jedes Mal werde die Polizei informiert, damit die Fahrer dort nach ihrem Pkw fragen können.

Auch in Polen kassieren

Im Fall des schon arg rostigen polnischen Renaults muss der Halter erst einmal ausfindig gemacht werden. Auch wenn es für den konkreten Fall keine Auskunft gibt, die Stadt lässt durchblicken, dass sie auch hier nicht tatenlos bleiben wird.

Raab: „In jedem Fall werden Ermittlungen eingeleitet.“ Der Halter eines ausländischen Fahrzeuges müsse aber bei der Zentralstelle des jeweiligen Landes schriftlich angefragt werden. „Die Antworten kommen häufig erst nach Wochen – und in einigen Fällen leider gar nicht."

Wenn der Halter des Renaults feststeht, können jedoch auch in Polen die Hagener Knöllchen kassiert werden. Seit Oktober 2010 können Geldbußen und Verfahrenskosten in der gesamten EU vollstreckt werden.