Hagen. . Angeschlagener Buchfilialist Thalia sieht sich auf einem guten Weg. Mit Flächenverkleinerung, Sortimentsergänzung und neuen digitalen Initiativen sollen die Zahlen wieder schwarz werden. Mit der Umstrukturierung verbunden ist die bereits vor einem Jahr angekündigte Schließung von 20 der 237 deutschen Filialen.

Die Krise der Buchbranche hat Thalia vor knapp zwei Jahren eiskalt erwischt. Seit 18 Monaten stellt der Filialist mit seinen knapp 300 Buchhandlungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz das in die roten Zahlen gerutschte Unternehmen neu auf. Michael Busch, Vorsitzender der Geschäftsführung, zeigt sich in einer ersten Zwischenbilanz vorsichtig optimistisch. „Die Neuausrichtung ist erfolgreich. Die wichtigsten gesetzten Ziele haben wir alle erreicht“, sagte er in Hagen.

Noch keine Zahlen

Mit der Umstrukturierung verbunden ist die bereits vor einem Jahr angekündigte Schließung von 20 der 237 deutschen Filialen. Buschs Fazit: „Auf vergleichbarer Fläche haben wir stationär eine positive Umsatzentwicklung. Das war vor einem Jahr noch nicht absehbar.“ Ob Thalia auch schon wieder Geld verdient, darüber mag Busch keine Auskunft geben. Zahlen würden erst nach dem Abschluss des Geschäftsjahres im November genannt. Klaus Ortner verstärkt ab 1. Oktober die Thalia-Geschäftsführung.

Thalia gehört zur Hagener Douglas-Holding. Deren neuer Haupteigentümer Advent will den Konzern umbauen. Daher kursieren seit Monaten Gerüchte über einen Verkauf der Buchhandelssparte. Diese Spekulationen kommentiert Busch nicht. Das Verhältnis zum neuen Investor nennt er „erstklassig“.

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Die wachsende Präsenz des US-Internethändlers Amazon hat den stationären Buchhandel in den westlichen Ländern in eine tiefe Krise gestürzt. Antworten sucht Thalia auf drei Sektoren: stationär mit einem neuen Flächenkonzept und einer neuen Sortimentsstruktur sowie im digitalen und im elektronischen Segment. Ziel ist die Kundenbindung in allen Darreichungsformen und Vertriebskanälen von physisch bis elektronisch.

„Im stationären Buchhandel ist die Zeit der großen Buchhandlungen vorbei“, resümiert Busch. 2000 bis 2500 Quadratmeter seien bis auf wenige Ausnahmen die Obergrenze. Die Einführung buchbegleitender Sortimente wie DVDs, Musik-CDs, Spielwaren und jahreszeitlicher Trendartikel etwa zum Schulanfang gilt in der Branche als Umsatzhoffnung. Busch bewertet die jüngsten Erfahrungen auf diesem Gebiet positiv – das Lehrgeld mit eingerechnet. So habe es sich zum Beispiel nicht bewährt, Spielwaren mit externen Partnern zu verkaufen. Das betreibt Thalia inzwischen in Eigenregie. Der Nichtbuch-Anteil in den Thalia-Filialen soll 30 Prozent des Sortiments nicht überschreiten.

Parallel setzt Thalia auf buchhändlerische Urtugenden wie Service, persönlichen Kontakt und Beratung. „Lokalisierung und Personalisierung. Das Gesicht dahinter erhält für die Kunden zunehmende Relevanz“, zählt Busch auf. Allerdings muss der Kunde nicht mehr das Gespräch vor Ort suchen, Lektüreempfehlungen liefern die Thalia-Buchhändler auch per App.

Lesegeräte-Revolution

Der rasch wachsende Internet-Bereich ist für Buchhändler nach wie vor ein Experimentierfeld - und eine potenziell teure Investitionsfalle. 15 bis 20 Prozent trägt Online bei Thalia heute zum Gesamtumsatz bei. Doch zum Geschäft gehört mehr als den Kunden zu ermöglichen, Bücher im Internet zu bestellen oder E-Bücher herunterzuladen. Die Verzahnung zwischen Online und Stationär wird immer wichtiger. Thalia hat laut Busch einen siebenstelligen Betrag in das Online-Standbein investiert.

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Zum digitalen Geschäft zählt natürlich der Markt mit den Lesegeräten für E-Bücher. Hier hat es unter dem Druck der Krise eine kleine Revolution gegeben: Die Filialisten Thalia, Weltbild, Hugendubel und Club Bertelsmann haben sich mit der Telekom als Technologiepartner zusammengeschlossen, um gemeinsam das Lesergerät Tolino auf den Markt zu bringen. Das Problem: Technologische Lösungen sind hier mit enormen Kosten verbunden. Das Ziel: dem Kindle Konkurrenz zu machen. Der Vorteil: Im Unterschied zum Kindle ist der Tolino offen, man kann also nicht nur Bücher des Anbieters herunterladen. Als nächster Schritt sollen auch inhabergeführte Buchhandlungen der Tolino-Allianz beitreten können. „Wir sind in guten und vernünftigen Gesprächen. Aber hier geht Qualität vor Zeit, denn in dem Geschäft verzeiht der Kunde keinen Fehler“, so Busch.

„Das Buch ist und bleibt unser Kernsortiment“, fasst Michael Busch zusammen. „Das Schöne ist, dass es Thalia gelungen ist, beide Dinge parallel zu tun: die Hausaufgaben stationär zu machen und im Zukunftsfeld digital ein wettbewerbsfähiges Produkt auf den Markt zu bringen.“