Koblenz/Hagen. . Thomas Klaas, Direktor der Deutschen Wein- und Sommelierschule will Bier tischfein machen - wie Wein. Als Pils trinkender Bierfachmann aus Hohenlimburg wechselte er einst in die Weinwirtschaft. Nun bietet Klaas seine Erfahrungen mit dem Wein der Bierbranche für eine bessere Vermarktung an. Den Brauern schenkt der Kenner beider Getränke reinen Wein ein.

Wie gerät ein Pilstrinker aus Hohenlimburg, der seine Diplomarbeit über den Biermarkt in der EU verfasst hat, beruflich zum Wein? „Ich habe gesehen, dass sich etwas zusammenbraut“, sagt Thomas Klaas, Direktor der Deutschen Wein- und Sommelierschule. So wechselte der „bekennende Biertrinker, der von Wein keine Ahnung hatte“, 1995 von Brau und Brunnen zum Deutschen Weininstitut nach Mainz. Und 2009 nach Koblenz. Wo er den IHK-Lehrgang des Bierbotschafters ins Leben rief und kürzlich nach Arnsberg exportierte.

In der Bierbranche braut sich Krise zusammen

Was braute sich denn zusammen? „In der Bierbranche wurde es eng“, sagt Klaas: „Konzentration, sinkender Pro-Kopf-Verbrauch, weniger Eckkneipen.“ Also suchte der 1964 geborene Westfale das Weite. Dabei ist er eigentlich heimattreu: Studium und erste Anstellung in Dortmund, bis 1995 Bassist bei der (nach Biermarken benannten!) Hagener Coverband Küppers, Beck’s und Brinkhoff’s, Produktmanager für Iserlohner. Und natürlich ist er noch regelmäßig in der Heimat. „Da fahre ich immer einmal durch die Stadt, um zu sehen, was sich verändert hat.“ Und mit der Stadt meint er nicht Hagen.

Schon mehr Wein als Bier im Keller

Verändert haben sich auch seine Gewohnheiten: „Ich habe schon mehr Wein als Bier im Keller.“ Aber der Bierbotschafter-Lehrgang hat ihm wieder Appetit auf regionale Spezialitäten und Saisonbiere gemacht. Und ohne seine Vergangenheit wäre es wohl nicht zum eher exotischen Angebot gekommen.

Andererseits ist das Besondere am Gastronomischen Bildungszentrum der IHK Koblenz, unter deren Dach die Wein- und Sommelierschule arbeitet, dass dort alle gastronomischen Berufe vorkommen, dass es auch Nischen wie Lehrgänge zum Kräuterexperten gibt. Die Sommeliers sind keine Nische. „Das sind gefragte Fachkräfte“, weiß Klaas. In der Gastronomie, im Wein- und Lebensmittelhandel, in Beratung und PR. „1500 Sommeliers haben wir in 20 Jahren ausgebildet. Seit 2012 bieten wir in Kooperation mit dem Neustädter Fachbereich Önologie der FH Ludwigshafen auch einen Meister an.“

Mitte der 80er Jahre hätte niemand deutschen Wein verschenkt 

Die Nachfrage nach Wein-Experten hängt zusammen mit dem Aufschwung des deutschen Weins, an dem Thomas Klaas als Marketing-Fachmann beteiligt war. Der 48-Jährige erinnert sich: „Noch Mitte der 80er Jahre wäre niemand auf die Idee gekommen, eine Flasche deutschen Wein zu verschenken. Der war mega-out.“ Und was ist dann passiert? „Der Wandel kam durch Qualität und Kommunikation“, sagt Klaas. „Wir haben großartig ausgebildete junge Winzer mit internationaler Erfahrung, wir konnten Geschichten von engagierten Menschen erzählen, regionale Besonderheiten und Stärken ausspielen, das Produkt facettenreich darstellen.“ Deshalb spreche man heute beim Wein nicht vom Preis, sondern vom Genuss.

Bierbotschafter will gelernt sein

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    Anders als beim Bier? Was fehlt dem also? „Beim Bier denkt der Konsument an die Marke, nicht daran, welche Sorte zu welchem Essen passt“, sagt Thomas Klaas. „Die Mengenstrategie führt die Branche nicht weiter, weil der Verbrauch nie wieder alte Höhen erreichen wird.“ Also müsse Bier „tischfein“ werden und in die Top-Restaurants, also müsse Individualisierung höhere Preise bringen, also müsse ein „Flaggschiff“ - wie beim Wein der Riesling - den Rest der Branche mitziehen. Und: „Regionalität hat dem Wein gut getan.“

    Der Wein-Fachmann gibt Tipps fürs Bier

    Lägen da aber Bayern und Franken nicht weit vorn? „NRW hat Potenzial“, meint Klaas. „Da ist einiges verschüttet.“ Die Fernsehbiere glichen sich an, aber: „Export ist wesentlich spannender als Pils.“ Im Marketing müssten Heimat, Handwerk und Tradition betont werden. Der Wein-Fachmann gibt Tipps fürs Bier. Aber wie wurde der Laie zum Fachmann? „Ich hatte Erfahrungen, die auch für einen anderen Markt interessant waren“, erinnert sich der Marketing-Experte. „Beim Wein hat man zwar kleinere Budgets und kann nicht über TV-Spots nachdenken, aber die Ansprechpartner im Handel sind für Bier und Wein meist identisch.“

    Doch wie der erste Bierbotschafter-Lehrgang bei der IHK Arnsberg zeigt, geht es bei Thomas Klaas nicht nur vom Bier zum Wein und von Westfalen ins Rheinland, sondern auch wieder zurück - zumindest ein bisschen. Oder auch ein Schlückchen. Wein auf Bier - das rat ich Dir. Aber Bier nach Wein ist auch ganz fein.