Hagen. . Mal über den Tellerrand schauen, was die Berufswahl angeht – darum geht es beim Girl’s Day. Vier Achtklässlerinnen aus Hagen tauchten deshalb tief in eine Männerdomäne ein - die des Triebfahrzeugführers. Den Beruf ergreifen wollen sie zwar nicht – aber interessant war es trotzdem.
Zugführerinnen wollen Miriam Rüger (15), Nela Rötzel (13), Gina Lohmeier (14) und Lina Kristin vom Hofe (14) sicherlich nicht werden. Daran konnte auch der Girl’s Day beim Verkehrsdienstleister Abellio nichts ändern. „Ist mir zu viel Mathematik“, meint Nela Rötzel. „Ich würde viel lieber Schauspiel studieren.“
Zugegeben: Die Berufe, aus denen die Mädchen ihren Favoriten für den Girl’s Day auswählen konnten, war für Achtklässlerinnen nicht unbedingt reizvoll: etwa Autowerkstatt, Informatik oder eben Triebfahrzeugführer, wie der Beruf des Lokführers korrekt heißt. Die Mädchen machten keinen Hehl daraus, dass sie sich für das geringere Übel entschieden hatten. Denn welche Achtklässlerin beschäftigt sich schon intensiv mit der beruflichen Zukunft – und dann noch in solch scheinbar trockener Materie?
Beim Girl's Day die Welt der Mechanik kennenlernen
Der Girl’s Day aber sollte spannender werden als gedacht. Denn wer hat schon die Gelegenheit, sich einen modernen Triebwagen mal von unten anzuschauen. Mit Helm, Einmalanzug und Sicherheitsweste, sicherlich nicht die angesagteste Kluft unter Jugendlichen, ging es für die Mädels treppab in die Welt der Mechanik.
„Sieben Tonnen wiegt ein solches Drehgestell“, erklärt Abellio-Mitarbeiter Matthias Döbel und gibt sich redlich Mühe, alles anschaulich und unterhaltsam zu erklären. Begriffe wie den Anpressdruck etwa, der verhindert, dass die Räder einer Lok trotz ihrer Kraft beim Anfahren einfach durchdrehen. „Die Technik“, erklärt Döbel, „gehört natürlich auch zur dreijährigen Ausbildung, zum Beispiel, wie eigentlich ein Dieselmotor funktioniert.“ Oder die Signaltechnik, auch die von vor 100 Jahren. „Die gibt es nämlich auch heute noch, mit Seilzugtechnik“, erklärt er den erstaunten Teenagern.
Nur fünf von 75 Zugführern sind weiblich
Kein Wunder, möchte man meinen, dass von derzeit 75 Zugführern bei Abellio nur fünf weiblich sind. „Meine Eltern waren zuerst schon skeptisch, dass ich hier meinen Girl’s Day mache“, sagt Miriam Rüger, „mit den ganzen Zügen und so.“ Trotzdem aber hätten sie es gut gefunden, dass sie überhaupt mitmache. „Aber wahrscheinlich wäre es besser, so etwas zwei Jahre später zu machen, wenn man seine berufliche Zukunft besser im Blick hat“, merkt Nela Rötzel an.
Girls - Day in Gladbeck
Mal eine Durchsage im modernen Cockpit eines Zuges machen, wenn auch mit verlegenem Kichern, mal die ohrenbetäubende Hupe einer Rangierlok betätigen oder eine solche selbst fahren – all das durften die vier jungen Mädchen machen. Aber sie erfuhren auch, dass es so etwas wie Eisenbahner-Romantik eigentlich nicht mehr gibt: „Die Züge fahren von 4.30 Uhr morgens bis 2.30 Uhr nachts“, merkt Matthias Döbel an, „da kann es schon mal sein, dass ein Lokführer um drei Uhr aufstehen muss.“ Das wiederum kann sich Gina Lohmeier überhaupt nicht vorstellen: „Um drei Uhr aufstehen? Nä, das geht nicht.“
Technik hat sich weiterentwickelt
Der Job des Triebfahrzeugführers, so mussten die Mädchen feststellen, besteht eben nicht nur darin, von A nach B zu fahren. „Betanken, reinigen, überprüfen“, zählt Matthias Döbel auf. „Und wenn mal was nicht funktioniert, muss er verstehen, wie das gesamte System aufgebaut ist, um den Fehler zu finden.“ Die Computertechnik hat schon vieles leichter gemacht. „Heute muss man vielleicht mal einen Sack Sand schleppen, vor 15 Jahren war das noch anders“, erinnert sich Döbel. Lina Kristin vom Hofe weiß indessen: „Ich möchte lieber Ärztin werden.“