Hagen. Die großartigen Solisten Peter Sadlo (Schlagzeug) und Joseph Moog (Klavier) begeistern im Hagener Sinfoniekonzert. Da fällt auch gar nicht so schwer ins Gewicht, dass Maschinenmusik und der Orchesterapparat der Hagener Philharmoniker sich nicht recht vertragen wollen.

Das Klavierkonzert Nr. 1 von Johannes Brahms gehört zu den Säulen des Sinfoniekonzert-Repertoires. Bei seiner Uraufführung 1859 ist es allerdings gleich zweimal hintereinander durchgefallen – es war dem Publikum zu modern. Nun kombinieren die Hagener Philharmoniker den Brahms-Klassiker mit zeitgenössischer Musik von heute: „Industrial“ für Schlagzeug und Orchester des 1965 geborenen Moritz Eggert, der in dieser Spielzeit Komponist für Hagen ist – und dazu Manfred Trojahns kurzes „Mit durchscheinender Melancholie“. Zwei Solisten der Spitzenklasse und ein wunderbares Orchester machen aus diesem Kontrastprogramm einen großen Abend.

Großartiger Schlagzeuger

Moritz Eggert greift in seinem Schlagzeug-Opus die Tradition der Maschinenmusik auf, die von Richard Wagner bis zum Industrial-Punk mit Klangerzeugern und Geräuschklängen arbeitet. Eggert will diese Stilmittel auf den Orchesterapparat übertragen. Vorweg gesagt: Das funktioniert nicht gut. Der gigantische Schlagzeugapparat mit Metallschienen, Megaphon und Plastiktonnen spielt sehr apart mit der großen philharmonischen Schlagzeuggruppe zusammen, aber die Integration des Orchesters selbst mit seinen gelegentlichen ironischen Kitschmusik-Zitaten wirkt wie nachträglich hinzugefügt.

Auch interessant

Denn zu sehr steht der Solist im Mittelpunkt, Peter Sadlo, der wunderbare, großartige Percussionist, der an seiner „Schießbude“ mit unglaublich flinken Händen hext und zwischen entfesselter Rhythmus-Ekstase immer wieder das Lied aufweckt, das in allen Dingen schläft – hier zum Beispiel in den Bratpfannen, die exotisch wie Tempelglocken läuten können. Bei der Zugabe verzaubert Sadlo das Publikum endgültig mit einem Stück für die kleine Trommel, das schließlich auch Stuhl, Notenständer und den Stadthallen-Fußboden mit einbezieht.

David Marlow, der neue 1. Kapellmeister am Theater Hagen, stellt sich erstmals im Sinfoniekonzert vor und dirigiert die beiden modernen Stücke ohne Stab und mit viel Freude am Experiment. Beim Brahms-Klavierkonzert erweist sich der junge Brite dann als Musiker mit feinstem Klangempfinden, der die Partitur geheimnisvoll zum Leuchten bringt, indem er die einzelnen Instrumentenfarben delikat miteinander verschmilzt. Die Philharmoniker musizieren hingebungsvoll, sie atmen in einem lebendig fließenden Puls mit raffinierten Übergängen zwischen Sehnsucht und
Poesie.

Klangideal der Romantik

Joseph Moog ist erst 25 Jahre alt und bereits ein international erfolgreicher Pianist. Seine Interpretation des wegen der technischen Tücken gefürchteten Werkes überzeugt durch eine ganz eigenständige Sprache. Sie ist emotionsreich und virtuos gleichermaßen, bleibt dabei aber immer dem singenden Klangideal der Romantik verpflichtet. Moog hört sehr gut auf das Orchester, so gelingen zum Beispiel feine Dialoge zwischen Klavier und Horn. Auch der langsame Satz behält seine Spannung, obwohl er sehr getragen angelegt ist, und Moog gestaltet ihn mit selbstvergessenen Klavierpassagen, die im Finale zu rauschender Brillanz explodieren. Als Dankeschön für den Beifall und die Bravorufe spielt Moog noch einmal Brahms: Adagio op. 119, 1.

Wer Joseph Moog in einem Klavierrecital hören möchte, hat dazu am Freitag, 26. April, die Gelegenheit. Im Sinfonium der Stadthalle Hagen spielt der Pianist Werke von Scarlatti, Mozart, Chopin, Brahms und Liszt. Beginn: 20 Uhr. Karten: 02331 / 2073218; Weitere Infos: www.theater.hagen.de