Hannover. Auf der größten Industriemesse der Welt die teilnehmenden Hagener zu finden, ist ungefähr damit vergleichbar, nach einer alten Jugendliebe zu suchen, die vor 40 Jahren nach wer weiß wo ausgewandert ist und in der Zwischenzeit heiratsbedingt dreimal ihren Namen geändert hat. Wir haben es trotzdem versucht. Zwischen Perlweiß-Hostessen und Fünf-Euro-Kaffees. Auf geht’s.

Auf der größten Industriemesse der Welt die teilnehmenden Hagener zu finden, ist ungefähr damit vergleichbar, nach einer alten Jugendliebe zu suchen, die vor 40 Jahren nach wer weiß wo ausgewandert ist und in der Zwischenzeit heiratsbedingt dreimal ihren Namen geändert hat. Wir haben es trotzdem versucht. Zwischen Perlweiß-Hostessen und Fünf-Euro-Kaffees. Auf geht’s.

Google-Tracks heißt die App

Google-Tracks heißt die App, die diesen Trip dokumentiert. Ein kleiner Satellit verfolgt den Reporter übers Messe-Gelände. Die Endbilanz gibt’s vorab mit stolz geschwellter Brust: 7,1 Kilometer. Wie viele Sportabzeichen kriegt man eigentlich dafür?

Man könnte die Geschichte ja entscheidend abkürzen. Man könnte den Plan zur Hand nehmen und die angekreuzten Stände der Hagener Unternehmen ansteuern. Man ,könnte’ wohlgemerkt. Denn ein gezieltes Ansteuern einzelner Messehallen und Sektoren endet wie Asterix im verrückten Haus. Sie wissen schon: Rosa Formular auf Stockwerk sechs, Mitarbeiter im Erdgeschoss. Nein, nicht ohne Passierschein A und auch nicht, ohne vorher das grüne Formular auf Etage vier geholt zu haben. Herr, lass Orientierung vom Himmel regnen.

Das Thema Robotik ist ein großer Bereich auf der Hannover Messe.
Das Thema Robotik ist ein großer Bereich auf der Hannover Messe. © dpa

Oh, ein Anhaltspunkt erscheint plötzlich vor dem orientierungslosen Reporter. Eine geführte Tour huscht vorbei. Darin ein Jugendlicher, der aussieht wie der Sohn eines Bekannten. Seid ihr eine Gruppe der Gesamtschule Haspe? „Je ne parle pas allemand“, sagt der, den man gerade noch gekannt haben will. Von wegen Schülergruppe der SIHK aus Hagen. Studenten aus Frankreich. Mon dieu!

Erstmal einen Kaffee

Na gut, dann machen wir es mal wie immer. Wenn gar nichts geht, gibt’s erstmal einen Kaffee. Blick hinüber zur nächsten Lounge zwischen einem Windradhersteller und einer skandinavischen Solarfirma. Moment, sind die Zahlen verdreht? „Nein mein Herr, 4,80 Euro für die Tasse bitte“, flüstert die Bedienung. Fragt sich, wie viele Meter der Kaffeeplantage einem nun gehören? Der Kaffeedurst ist dahin.

Weiter geht es. Halle 4, Stand G02. Platzmann Federn. Ahhh, das klingt nach Heimat. Scheinen sich mehrere Besucher gedacht zu haben. Alle Mitarbeiter im Gespräch. Tja, Hagen ist wohl gefragt auf so einer Messe. Wen wundert’s?

Eine Art verkannter George Clooney

Wer als Mann über die Hannover Messe schlendert, wird nach wenigen Metern das Gefühl bekommen, er sei so eine Art lange verkannter George Clooney. Ein Beau. Ein Playboy. Die mit viel Augenmaß ausgewählten Damen werfen einem ihr Perlweiß-Lächeln so kräftig entgegen, dass man sich zunächst umdreht, um nach einem schöneren Mann zu suchen, dem dieser Blick gelten könnte. Hach, Messe kann eben auch sehr reizvoll sein.

Mittagspause. Und zwar mit 850 Schülern aus dem Gebiet der SIHK Hagen. Rund 300 davon kommen auch aus Hagen. Interview-Versuche während des Essens? Sinnlos. Wer so viel gelaufen ist wie diese Jugendlichen, der atmet den Teller Spaghetti Bolognese förmlich weg. Konversation geht erst nach dem Essen.

Den Traumberuf noch besser vorstellen

Dann aber erfährt man, wie „hochinteressant“, „super krass“ und „überdimensional“ viele Schüler die Messe finden. Der ein oder andere (siehe Zitate unten) kann sich den Traumberuf jetzt noch besser vorstellen. Und andere wissen jetzt, was sie gar nicht mehr wollen. Das ist Berufsorientierung.

Am Nachmittag wartet die letzte große Hürde. Wie kommt man von Geländeteil Ost zu Parkplatz West? Wäre das eigentlich noch Kurzstrecke? Eine dieser Perlweiß-Hostessen rauscht auf einem Segway vorbei. Sie grinst natürlich. Aber das Clooney-Gefühl ist irgendwie weg. Der ist nämlich noch nie mit Kameratasche sieben Kilometer irgendwo hinmarschiert. Der Clooney lässt bestimmt tragen.

Egal. Noch 230 Kilometer und der Weg zu Parkplatz West bis nach Hause. Es war eindrucksvoll.