Hagen-Vorhalle. Sie gaben sich als Mitarbeiter eines Medienunternehmens aus und verschafften sich mit dieser Lüge Zutritt zur Wohnung: Zwei Männer überfielen eine 92-jährige Frau und durchwühlten in ihrem Beisein die Zimmer ihrer Wohnung im Hagener Stadtteil Vorhalle.

Als „besonders gemein, hinterhältig und böse“ bezeichnet die Hagener Polizei den Überfall auf die 92-jährige Anna Winkler aus Vorhalle. In Beisein der betagten Dame drangen zwei Männer in ihre Wohnung ein, lachten sie aus, als sie sich wehren wollte und durchwühlten vor ihren Augen Schubladen und Schränke. Ihre Aufregung ist auch fünf Tage nach dem Raub noch nicht verklungen: „Ich tue doch keinem etwas. Jetzt habe ich Angstgefühle und kann nicht mehr richtig schlafen.“

Die beiden Halunken haben sich die Rentnerin wahrscheinlich gezielt als Opfer ausgesucht. Es war längst dunkel, als sie sich am vergangenen Donnerstagabend Eintritt in das Mehrfamilienhaus am Wolfskuhler Weg 5 verschafften. Ein Bewohner verließ das Haus, schon nutzten sie die Gunst der Stunde und drangen durch die offengehaltene Tür in das Gebäude ein. Vor der Wohnung von Anna Winkler im dritten Stock klingelten sie und gaben sich, als die alte Frau durch den Türspion lugte, als Mitarbeiter von Media Control aus. Bei der Nachbarsfamilie seien Fernseher und Telefon ausgefallen, sie müssten alle Leitungen überprüfen. „Sie waren adrett gekleidet, die muss ich reinlassen“, dachte sich Frau Winkler und schob den Riegel zurück.

Anna Winkler bewahrte einen klaren Kopf

Was sie kurz darauf bereute. Denn einer der Männer spazierte schnurstracks an ihr vorbei, riss die Telefonkabel aus der Wand und schnüffelte im Wohnzimmer umher. Als er sich an der Vitrine zu schaffen machte, schöpfte die Rentnerin Verdacht: „Da habe ich gemerkt, dass etwas nicht stimmt.“ Doch sie war natürlich viel zu schwach, um den kräftigen Verbrecher aufzuhalten, der in aller Ruhe die Wohnung zu durchforsten begann. Zudem war inzwischen der zweite Mann ins Wohnzimmer getreten, er rückte eine Kommode, die Anna Winkler den Weg versperren sollte, in den Flur und stieß sie mit leichten Stößen gegen den Oberkörper zurück. Als sie telefonieren wollte und das Kabel in den Händen hielt, lachte er hämisch.

Derweil durchstöberte der erste Dieb das Schlafzimmer, fand die Schmuckbox von Anna Winkler mit den Ringen und den Halsketten, die ihr verstorbener Mann ihr einst geschenkt hatte, und machte sich mit seinem Komplizen davon. Starr vor Schreck blieb die Wohnungsinhaberin zurück. Doch Anna Winkler fasste sich schnell, sie ist eine gesunde, rüstige und ausgesprochen lebenslustige Seniorin, erst im vergangenen Jahr unternahm sie eine Asien-Reise. Flugs rief sie einen Nachbarn zu Hilfe und alarmierte die Polizei.

Gesundes Misstrauen

Erste Ermittlungen ergaben, dass zwei unbekannte Männer durch das Treppenhaus nach draußen gegangen und mit einem Auto davon gefahren waren, ohne die Beleuchtung des Wagens einzuschalten. Sie sollen etwa 30 Jahre alt und schlank gewesen sein, beide sprachen mit südländischem Dialekt.

Das abgebrühte Verhalten der Täter spricht dafür, dass es sich um Profis handelt, die nicht zum letzten Mal einen alten Menschen in dessen Wohnung überfallen haben. Polizeisprecher Ulrich Hanki ruft deshalb dazu auf, gegenüber Fremden ein gesundes Misstrauen zu bewahren und unerwartete Besucher nicht ins Haus oder gar in die Wohnung kommen zu lassen.

Anna Winkler sagt, sie habe ihre Lektion gelernt. Zu ihren Lieblingssendungen im Fernsehen gehört „Aktenzeichen XY . . . ungelöst“, sie sagt, sie wundere sich, wie herzlos manche Menschen sein könnten, und jetzt ist sie selbst von Verbrechern heimgesucht worden. Nein, sie wird die Tür keinem Fremdem mehr öffnen, aber sie will sich auch nicht unterkriegen lassen, das Leben muss ja weitergehen und immerhin haben die Männer ihr, von dem Schock abgesehen, nichts angetan: „Ich sage mir immer: Es hätte viel schlimmer ausgehen können für mich.“