Lennetal. . Zwei Hagener Brüder vertreiben im Jahr 60 Millionen Kabel. Selbst in der heutigen Zeit, in der alles drahtlos ist, steckt in jedem Teil mindestens ein Kabel. Früher hieß der Laden „City-Sound“, heute „Transmedia“.

Läuft gut der neue Flachbildfernseher, oder? Und die neue Box im Wohnzimmer: Klarer Klang, stimmt’s? In jedem bisschen Zufriedenheit über funktionierende Elektronik auf dieser Welt steckt auch ein Stück Hagen. Genauer gesagt: in den dazugehörigen Kabeln. Stecker rein für eine Geschichte aus der Kategorie „nicht gewusst, dass eine Hagener Firma dahintersteckt“.

„City Sound“ hieß der Laden. Wer die Hits der Neuen Deutschen Welle Ende der 70er-, Anfang der 80er-Jahre noch lauter, klarer und echter hören wollte, hielt seine Nase in den Laden an der Kampstraße. Die Hi-Fi-Spezialisten hatten alles, was Unterhaltungselektronik noch unterhaltender machte. „Liebhaberei“, sagt Hans-Ulrich Frank heute über diese Zeit, „wir hatten unser Hobby zum Beruf gemacht.“

Kabel waren vernachlässigte Teile

Das mag damals so gewesen sein. Rückblickend aber, muss man den kleinen Laden – der heutzutage locker als „retro“ durchgeht – aber als Sprungbrett zu etwas viel Größerem verstehen. Denn ohne City-Sound wäre Transmedia nie entstanden. Und ohne Transmedia würden wir uns wahrscheinlich auch nicht an den kultigen Alles-was-das-Musiker-Herz-begehrt-Laden in der Kamp­straße erinnern.

„Die Geräte waren ja damals alle klasse. Nur die Kabel waren immer vernachlässigte Teile“, sagt Hans-Ulrich Frank, einer der beiden Geschäftsführer von Transmedia im Lennetal. Der andere – und das war schon hinter der City-Sound-Theke so – ist sein Bruder Wolfgang. Sie sind Partner geblieben. Immer gemeinsame Sache – auch bei Transmedia.

1990 brachten sie das Unternehmen an den Start. Sie wollten alles liefern, was zwischen den Medien für Datentransfer sorgt. Etwas profaner ausgedrückt: Kabel. Von höherer Qualität sollte es sein. Hochwertiger als das, was sie aus City-Sound-Zeiten kannten. Hochwertiger, verlässlicher, langlebiger. Für DVD-Spieler, Monitore, Verstärker oder Sat-Receiver.

Nun waren die 90er-Jahre quasi Pionierzeit. Das Internet war damals noch so etwas wie Felix Baumgartners Sprung aus der Stratosphäre. Eine wahnsinnige Vorstellung. Ganz weit weg. Und für viele eigentlich unvorstellbar.

„Wir wollten die Kabel anfangs in Hagen herstellen lassen“, erinnert sich Hans-Ulrich Frank. Doch weil – wie in jeder Branche weltweit – am Ende immer nur der Taler zählt, lagerte Transmedia die Herstellung der Produkte nach China aus. Mit einem in China gegründeten Joint Venture beschäftigt Transmedia im Reich der Mitte rund 3000 Mitarbeiter. Am Hauptsitz in Hagen sind 70 Kollegen beschäftigt.

Aber ist der Kabel-Markt nicht langsam satt? Hat nicht jeder von uns mindestens einen Karton mit ausrangierten, aber eigentlich noch funktionstüchtigen Schnüren im Keller liegen? „Ja, den Karton haben wir alle“, sagt Hans-Ulrich Frank, „aber wir alle wollen Qualität und deshalb kaufen wir zu neuen Geräten auch meistens neue Kabel, wenn sie nicht sogar direkt mitgeliefert werden.“

In drahtlosen Geräten stecken Kabel

Und was ist mit dem schier unaufhaltbaren Trend, dass alles „wireless“ (zu deutsch: drahtlos) wird? Wireless-Lan, Wireless-Kopfhörer – überall sind doch Kabel, Schnüre und Drähte auf dem Rückzug. „Das ist nicht ganz richtig“, sagt der Chef. Denn: Auch in jedem (nach außen) drahtlosen Gerät würden Kabel stecken. Fast jeder Hagener darf eigentlich davon ausgehen, ein von Transmedia in die Welt geschicktes Kabel im Keller liegen zu haben. 50 bis 60 Millionen davon schickt das Hagener Unternehmen jährlich auf die Reise.

Und weil für tüchtige Unternehmer nichts so schlimm ist wie Stagnation, expandiert Transmedia mittlerweile in einen weiteren Markt hinein: LED-Technik. „Wir wollten in einen Produktbereich gehen, in dem wir von Anfang dabei sein konnten“, sagt Frank. Das war bei City-Sound so. Das war in Sachen Kabeln so. Und es wäre nicht verwunderlich, wenn dem Hagener Unternehmen in Zukunft noch größere Lichter aufgehen.