Hagen. . In der eher intimen Atmosphäre des Hasper Hammers präsentierte sich Stephan Sulke am Samstagabend als klassischer Liedermacher. In seinem aktuellen Programm “Enten hätt' ich züchten sollen“ singt er über falsche Entscheidungen und verpasste Gelegenheiten.

Wie er da so sitzt, im schwarzen Strickpullover mit herauslappendem weißem Hemdskragen, könnte man ihn für einen Lohnbuchhalter halten. Stephan Sulke ist so etwas wie die personifizierte Untertreibung eines Stars. Aber dennoch: Der beinah 70-jährige Schweizer leuchtet nach wie vor am Firmament der deutschsprachigen Liedermacherszene, er funkelt, ja brilliert wie schon vor über fünfzig Jahren – und stets, ohne dabei groß aufzufallen.

Sentimentale Liebeslyrik

„Enten hätt’ ich züchten sollen“ heißt das aktuelle Programm, mit dem Sulke derzeit durch die Lande tourt und Samstagabend im Hasper Hammer Station machte. Hier, im gut besuchten Kulturzentrum, war er nicht das erste, und sicherlich auch nicht das letzte Mal. Eine intime Spielstätte, die er ins Herz geschlossen hat: „Ich hatte bereits angedroht“, kokettiert Sulke, „dass es mir hier so gut gefällt, dass ich wiederkommen werde.“

Stephan Sulke trifft auf ein treues Publikum, das seine leise, sentimentale Liebeslyrik mag und seine filigran gedrechselte Beziehungspoesie zu schätzen weiß. Im Fokus stets Zwischenmenschliches. „Enten hätt’ ich züchten sollen“ steht als ein Synonym für falsche Entscheidungen und verpasste Gelegenheiten. Wie oft macht man im Leben das Verkehrte oder trifft ausgerechnet die schlechtere Wahl?

„Du lieber Gott, komm’ doch mal runter und schau dir die Bescherung einmal an“, seufzt Sulke ins Mikrofon und stimmt damit eines seiner bekannteren Lieder an, dass er um eine aktuelle Papst-Rücktritts-Strophe ergänzt hat. Schon wird der Refrain eifrig mitgesungen. „Du lieber Gott, komm’ doch mal runter, ich schwör’ Dir, dass man hier verzweifeln kann.“

Als ich 1977 Stephan Sulke in Berlin das erste Mal traf und für den Rias interviewen musste, galt er hierzulande noch als Insider-tipp. Eine eher handverlesene Zuhörerzahl hatte sich deshalb im „Quartier Latein“ eingefunden Dabei war der Wahlschweizer, der als Geburtsort „Shanghai, China“ im Pass stehen hat, bereits seit 1963 als Chansonsänger „Steff“ sehr erfolgreich. Doch mit dieser Art von unaufdringlicher Musik kann man in Deutschland kein großes Publikum zu erreichen.

Nach Uschi-Erfolg am Scheideweg

Das änderte sich schlagartig 1982 – ausgerechnet mit „Uschi“ (...mach kein’ Quatsch) – einem eher seichten Liebessong mit Ohrwurmqualitäten, der plötzlich zu einem Kultschlager avancierte (Platz 3 der ZDF-Hitparade), für das Repertoire des Stephan Sulke aber so untypisch ist wie kein anderer. Heute nennt er das Liedchen „Ursula mach’ keinen Unfug“.

Der grandiose „Uschi“-Erfolg brachte den Liedermacher aus Bern an den Scheideweg: Sollte er sich den öffentlichen Erwartungen beugen und die Liga der seinerzeit sehr populären Blödel-Barden absteigen oder dem lange eingeschlagenen Pfad verfolgen?

Stephan Sulke entschied sich für den nicht so kommerziellen Weg und blieb sich selber treu, auch wenn die Plattenfirma jammerte, „das kann man nicht verkaufen, das ist ja Kunst.“

Aber dafür ist uns mit Stephan Sulke der Verseschmied des Alltags, der Botschafter zarter Gefühle und der unverwechselbare Meister des dramatischen Säuselns erhalten geblieben.

Ich mag mir gar nicht ausmalen, wenn er sich damals doch fürs Entenzüchten entschieden hätte.

Stephan Sulke in Hagen

Stephan Sulke.
Stephan Sulke. © Sandra Krosa
Stephan Sulke.
Stephan Sulke. © Sandra Krosa
Stephan Sulke.
Stephan Sulke. © Sandra Krosa
Stephan Sulke.
Stephan Sulke. © Sandra Krosa
Stephan Sulke.
Stephan Sulke. © Sandra Krosa
Stephan Sulke.
Stephan Sulke. © Sandra Krosa
Stephan Sulke.
Stephan Sulke. © Sandra Krosa
Stephan Sulke.
Stephan Sulke. © Sandra Krosa
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