Hagen. . Das Hagener Osthaus-Museum zeigt eine umfassende Ausstellung mit Gemälden und Zeichnungen des großen Landschaftsmalers Otto Modersohn. Anhand der 265 Arbeiten kann der Betrachter die Entwicklung des Künstlers verfolgen, und auch die Zweifel und Experimente, die mit diesem Weg verbunden sind.

Seine Birken konnten, gleich weiß verkleideten Heiligen, das Licht kaum unterdrücken, das in ihnen war: So beschreibt der Dichter Rainer Maria Rilke die Kunst Otto Modersohns. Das Hagener Osthaus-Museum widmet dem bedeutenden deutschen Landschaftsmaler jetzt eine umfassende Ausstellung mit 265 Gemälden und Zeichnungen. Damit schließt sich ein Kreis. Denn 1913 organisierten Modersohn und Heinrich Vogeler in Hagen auf Einladung von Karl Ernst Osthaus die erste große Ausstellung mit Werken von Paula Modersohn-Becker. Und die brachte den Durchbruch, erzielte endlich die verdiente Anerkennung für das Schaffen von Modersohns zweiter Ehefrau, die 1907 mit nur 31 Jahren im Kindbett gestorben war.

Gleich der erste Saal führt zu den künstlerischen Wurzeln des Meisters, nach Westfalen, in die Geburtsstadt Soest, ins Münsterland und Tecklenburg. Soest mit seinen mittelalterlichen Türmen prägt jenen Sinn für das Beseelte, den der Maler später in seine Landschaften übersetzt. „Dieses Ideal ist erfüllt vom Gefühl, einem ahnenden, geheimnisreichen, märchenhaften, erhabenen und tiefen Naturgefühl“, beschreibt er 1888 seine Ziele. Rilke bringt die Visionen des Freundes auf den Punkt: „Denn was sind Sagen anderes, als Vergangenheiten, die sich in der Natur aufgelöst haben.“

Eine Arbeit ist schöner als die andere

Die Hagener Präsentation ist in enger Zusammenarbeit mit der Otto Modersohn Stiftung in Fischerhude entstanden; anhand der Gemälde und Zeichnungen – eine Arbeit immer schöner als die andere – kann der Betrachter die Entwicklung des Künstlers verfolgen, und auch die Zweifel und Experimente, die mit diesem Weg verbunden sind. Denn als sich Otto Modersohn 1884 an der Kunstakademie Düsseldorf einschreibt, steht die akademische Malerei noch hoch im Kurs. Aber die Malerkolonie von Barbizon in Frankreich hatte die Natur wieder als Sujet entdeckt, und auch Otto Modersohn malt in seinen frühen Jahren direkt unter dem freien Himmel, der in seinen Bildern so oft die Unendlichkeit in sich trägt.

Der Besucher erkundet zudem ebenfalls, was den Westfalen an Norddeutschland, an Worpswede und Fischerhude fasziniert: die Weite des Landes, die Farben der Wolken und der meist nassen Erde, die Wasserläufe, in denen sich Häuser, Bäume und Wiesen spiegeln. „Eine Kunst, die über das optische Sehen fast hinausgreift und den Gehalt, die Eigenschaft der Dinge will, ist mein Ideal. Elementar muss sie wirken, die Gegenstände mit Vehemenz erfassen“, notiert er am 1. Januar 1890 in seinem Tagebuch.

So erforscht er denn die elementaren Dinge, die bislang ungemalt blieben: Das Vergehen des Lichts in der Dämmerung, die stets veränderliche Farbmelodie des Sturms - und kontrastierend dazu die stille Gefügtheit, mit der sich das kultivierte Land, das Dorf, der Garten, an den Rand der Ewigkeit schmiegen.

„Otto Modersohn hat Paula Modersohns Kunst von Anfang an erkannt"

Die Begegnung mit Paula Becker, die Heirat, die Glücksmomente und Untiefen dieser Ehe, sind Stoff zahlreicher Bücher geworden. „Otto Modersohn hat Paula Modersohns Kunst von Anfang an erkannt. Die Legenden, die sich um das Künstlerpaar ranken, kann man inzwischen durch Fakten richtig stellen, zum Beispiel, dass er ihre Kunst unterdrückt hätte“, schildert Enkelin Antje Modersohn, die gemeinsam mit ihrem Mann Rainer Noeres das Otto Modersohn Museum in Fischerhude leitet. „Daher freuen wir uns so, dass Hagen 100 Jahre nach der Paula-Modersohn-Ausstellung den Mann zeigt, der dahinter steht.“

Parallel zu der Otto-Modersohn-Retrospektive zeigt das Osthaus-Museum entsprechend 12 Werke von Paula Modersohn-Becker. Osthaus war auch einer der ersten, der Paula Modersohn-Beckers Bilder gekauft und gesammelt hat. Eines der schönsten Exemplare im Osthaus-Besitz, das „Selbstbildnis mit Kamelienzweig“, gehört heute zu den Schätzen des Museums Folkwang in Essen.

Dreimal hat Modersohn insgesamt Hagen besucht, zuerst 1905 mit Paula: „Das Schönste war für mich in Hagen das Museum eines Herrn Osthaus. Der hat die neueste Kunst um sich versammelt“, schreibt sie danach in einem Brief. Modersohns dritte Frau, die Opernsängerin Louise Breling, war hier übrigens 1905 als Sängerin in einer Produktion von Lortzings „Undine“ engagiert. Von seinem letzten Besuch in Hagen 1918 schwärmt Modersohn, weil die Stadt nach wie vor der Brennpunkt der aktuellen Kunst ist: „Kokoschka, Cézanne und Gauguin waren uns das Wichtigste.“

  • Die Ausstellung „Otto Modersohn. Landschaften der Stille“ ist vom 27. Januar bis zum 21. April im Hagener Osthaus-Museum zu sehen. Sie wird am Samstag, 26. Januar, um 16 Uhr eröffnet. Im Jungen Museum wird parallel die Ausstellung „Warum Farben Namen haben“ gezeigt. Information: 02331 / 2073138 oder im
    Internet: www.kunstquartier-hagen.de
    Begleitend erscheint im Kerber-Verlag ein Katalog, der in der Ausstellung 28 Euro kostet.