Vorhalle. . Das Wasserschloss Werdringen in Hagen-Vorhalle befindet sich zwar im Besitz der Stadt Hagen, doch die Ritterschaft von der Wolfskuhle sorgt dafür, dass das Gebäude für die Öffentlichkeit zugänglich ist.

Im wallenden Mönchsgewand steigt Bruder Roger von der Ritterschaft der Wolfskuhle die Treppen zum Kriechkeller im Wasserschloss Werdringen hinunter, nachdem er den niedrigen Gewölbekeller-Einlass passiert hat. Hierher bringt er Besucher bei seinen Führungen normalerweise nicht. Allerdings macht er heute eine kleine Ausnahme: „Möchten Sie mal hinein gehen?“ Sicher.

Angst vor Enge wäre an dieser Stelle keine wirklich gute Triebfeder dafür, sich geduckt in den flachen Raum zu zwängen. Kriechend oder in Limbo-Tänzer-Manier wäre das sicherlich einfacher zu schaffen.

Der Kollege mit dem Fotoapparat schreitet indes mutig voran, um das Innere des Kellers zu erkunden. In eleganter 90-Grad-Haltung geht es nun nacheinander in den Keller. Neonröhren illuminieren Kellermauern und tauchen Steinstrukturen in künstliches Licht.

„Direkt über dem Kriechkeller liegt der Saal von der Recke-Volmarstein“, informiert der Mönch, der mit bürgerlichem Namen Roger Kämper heißt und zudem 1. Vorsitzender des Schlossvereins Werdringen ist.

Schloss im Besitz der Stadt

Das Wasserschloss Werdringen ist in öffentlicher Hand und im Besitz der Stadt Hagen. „Wir sind Nutzer des Schlosses. Wir halten es für die Öffentlichkeit zugänglich.“ Genau gesagt nutzt der Verein Erd- sowie Obergeschoss des Hauptgebäudes. Dort finden unter anderem Treffen der Ritterschaft der Wolfskuhle, Konzerte, Ausstellungen oder auch Familienfeiern statt. „Das Schloss ist als Begegnungsstätte gedacht“, sagt Roger Kämper.

Aus den Tiefen des Gebäudes führt der Weg über das Treppenhaus bis in Schwindel erregende Höhen – in den Turm. Auch hierher gelangen Schlossbesucher normalerweise nicht. Das letzte Stück der Treppe hinauf geklettert, lässt sich eine kleine Luke nach oben öffnen.

Im Turm sind kleine Fenster. Von hier aus streift der Blick über die Umgebung – aus der Vogelperspektive. Das Gebäude, das das Museum für Ur- und Frühgeschichte beherbergt, ist ebenso zu sehen wie das Café und die so genannte Gräfte, der Wassergraben, der das Schloss umgibt.

Wärmende Lichtkegel

Hier taucht der Geist mitunter ab – in eine ferne Vergangenheit. Wie mag es wohl gewesen sein, Bewohner zu sein? Wärmende Lichtkegel fallen vereinzelt durch das Blätterdach der sehr alten Bäume rund um das Wasserschloss Werdringen. Verwunschen liegt es da – umgeben von einem schützenden Wassergraben. Ein romantisches Idyll. Allerdings ist es im Laufe der Jahrhunderte in Werdringen nicht immer so friedlich zugegangen.

Im Hochmittelalter sah es in Werdringen noch ganz anders aus. „Der Verteidigungscharakter der Anlage war ausgeprägter“, sagt Dr. Ralf Blank, Fachdienstleiter Wissenschaft, Museen und Archiv im Fachbereich Kultur. Im Laufe der rund 700-jährigen Geschichte kam es immer wieder zu Kämpfen und Streit um den Adelssitz.

Im Zuge der Soester Fehde 1446 wurde die Anlage zunächst zerstört, dann wieder aufgebaut und letztlich zur Wasserburg umgebaut. Aus dieser Zeit stammt wahrscheinlich auch das Hauptgebäude mit den Stufengiebeln. „Dort sind Schießscharten und Mauerreste erkennbar, wahrscheinlich eines noch älteren Bauteils, an denen der Verteidigungscharakter und das Alter des Gebäudes noch heute ablesbar sind“, erklärt der Historiker.

Streit und Machtkämpfe gab es dabei im Laufe der Geschichte auch zwischen unterschiedlichen Parteien, die auf dem zeitweise geteilten Adelssitz den Ton angaben. „Es gab Zwistigkeiten zwischen den Adelsfamilien, die mit Werdringen belehnt waren, aber auch mit den jeweiligen Eigentümern der kleinen Anlage“, sagt der Historiker. Erst 1798 wurde der Besitz den Freiherren (ab 1817 Grafen) von der Recke-Volmarstein endgültig zugesprochen.

Auch wenn bauhistorische und archäologische Untersuchungen noch ausstehen, die viele Geheimnisse rund um den Adelssitz lüften könnten, haben die Wissenschaftler bereits wichtige Erkenntnisse über die noch weiter zurückliegende Vergangenheit sammeln können.

Gebiet schon in der Eiszeit genutzt

Archäologische Funde aus dem Umfeld des Schlosses belegen, dass Jäger das Gebiet bereits in der Eiszeit nutzten. Im Museum für Ur- und Frühgeschichte sind unter anderem Langschwerter aus der Bronzezeit zu sehen, die 1876 am Kaisberg gefunden wurden. Rund 30.000 Besucher zieht das Museum im Wasserschloss Werdringen, Blank zufolge, jedes Jahr an.

Auch die Überreste der frühesten Menschen der Nacheiszeit in Europa werden dort gezeigt. Sie wurden vor über 11.300 Jahren in der Blätterhöhle in Hagen bestattet. Fossilien aus der Ziegeleigrube Vorhalle in der Nachbarschaft des Wasserschlosses sind mit rund 319 Millionen Jahren noch älter.

Was Wissenschaftler und Forschung bei Untersuchungen des Wasserschlosses in Zukunft noch entdecken werden, bleibt also weiterhin spannend.