Hagen. .

Nach 44 Jahren muss die pharmazeutisch-technische Lehranstalt in Hagen geschlossen werden. Grund: Die rot-grüne Landesregierung in Düsseldorf hat dem Institut ihre Unterstützung von bisher 4896 Euro pro Monat, was einem Viertel der Gesamtkosten entspricht, komplett gestrichen. „Die Landesregierung stiehlt sich klammheimlich aus der Verantwortung“, beklagt Dr. Klaus Fehske, Chef der Rathaus-Apotheke.

Aktuell 72 Auszubildende

Derzeit durchlaufen in Hagen 72 Schüler aus Hagen, dem Ennepe-Ruhr- und dem Märkischen Kreis die zweijährige Ausbildung zum pharmazeutisch-technischen Assistenten (PTA), nur einer ist männlich. Voraussetzung für eine Aufnahme ist der Realschulabschluss. Die Schulungsräume befinden sich im Gebäude der Industrie- und Handelskammer (SIHK) an der Bahnhofstraße (Eingang Körnerstraße), 1400 junge Menschen absolvierten hier ihre berufliche Ausbildung. Die bestehenden Klassen würden auf jeden Fall bis zum Abschlussexamen weitergeführt, versprach Fehske, dessen Vater 1968 einer der Gründer der Lehranstalt war. Wegen des Rückzugs der Landesregierung würden jedoch keine neuen Schüler mehr aufgenommen, obwohl bereits 50 Anmeldungen vorlägen: „Ohne Unterstützung können wir die Schule nicht mehr finanzieren.“

„Unsere Lehranstalt wird knallhart eingestampft“

Der Etat der Lehranstalt liegt bei 20.000 Euro im Monat, die außer vom Land von der Apothekerkammer, einem Förderverein, dem vor allem Apotheker angehören, und der Industrie- und Handelskammer, die die Schulungsräume zur Verfügung stellt, aufgebracht werden. Außerdem muss jeder Schüler 200 Euro im Monat bezahlen. Die Stadt Hagen ist zwar Trägerin der Schule, trägt aber keinen Cent zur Finanzierung bei. Unter den Schülern sind zahlreiche Mädchen mit Migrationshintergrund, fast alle erhalten nach der Ausbildung einen sicheren, familienfreundlichen, wohnortnahen Arbeitsplatz in Apotheken, Krankenhäusern, Krankenkassen, Versicherungen oder Behörden wie dem Gesundheitsamt. Es sei nicht einzusehen, dass ein Apotheker-Studium an der Universität kostenlos sei, die Assistentinnen aber viel Geld für ihre Ausbildung bezahlen müssten, schimpfte Thomas Hu­yeng, Gesundheitsdezernent der Stadt Hagen. Auch Fehske kritisierte, dass zahlreichen jungen Frauen nun der Zugang zu einem wertvollen Beruf unmöglich gemacht werde. Nach außen hin kolportiere NRW-Ministerpräsidentin Kraft gern, sie lasse kein Kind allein draußen stehen: „Aber unsere Lehranstalt wird von ihrer Regierung ohne Not und knallhart eingestampft.“ Den Vorschlag des Gesundheitsministeriums, die Apotheker sollten die Ausbildung noch stärker als bislang selbst finanzieren, empfinden die Beteiligten als zynisch. Und eine Erhöhung des Schulbeitrages, mit der die Finanzierungslücke ausglichen werden könnte, sei den Schülern nicht zumutbar.

Ausbildung findet in Berufsschule statt

In allen anderen Bundesländern findet die PTA-Ausbildung in den Berufsschulen statt. Hans-Peter Rapp-Frick, Chef der Hagener SIHK, appellierte an die Landesregierung, auch in NRW ein entsprechendes Gesetz auf den Weg zu bringen: „Sonst gibt es für junge Frauen, die sich für diesen Beruf interessieren, keine Alternative.“ Denn auch viele der anderen 15 PTA-Schulen im Land ständen nach dem Ausstieg des Landes vor dem Kollaps, die Lehranstalt in Minden wurde bereits geschlossen.

Die Leiterin der Schule, Astrid Weitner, will nach Schließung der Lehranstalt wieder als Apothekerin tätig werden. Auch die hauptamtlichen Dozenten müssen sich nach anderen Arbeitsplätzen umsehen. In der Stadt Hagen aber bricht eine weitere Erkennungsmarke weg.