Hagen/Dortmund. . Für 3,6 Millionen Euro hat Straßen.NRW die A45 ausbauen lassen. Wesentliches Ziel: den Standstreifen für den Verkehr nutzbar zu machen. Dieses Ziel könnte verfehlt werden, wie eine neue Berechnung zeigt. Nun soll der Standstreifens zunächst nur auf dem Teilstück zwischen Hagen und Schwerte freigegeben werden.
Die für kommenden Donnerstag geplante Freigabe des Standstreifens auf der A45 wird möglicherweise ihr Ziel verfehlen: Neue Berechnungen deuten darauf hin, dass die Ruhrtalbrücke zwischen Schwerte-Ergste und dem Westhofener Kreuz nicht geeignet ist, Verkehr auf drei Fahrspuren aufzunehmen. Deshalb kann ein erheblicher Teil des mit 3,6 Millionen Euro aufwändig ausgebauten Abschnitts zunächst nicht genutzt werden.
Zwischen dem A45-Kreuz Hagen und dem Westhofener Kreuz sollte die Standstreifen-Freigabe bei hohem Verkehrsaufkommen die Staus reduzieren. Dort sind täglich mehr als 80 000 Fahrzeuge unterwegs. Im letzten Jahr gab es 1500 Stunden Stau. Dennoch hoffen die Planer auf positive Effekte auch bei einer nur teilweisen Freigabe.
Belastung neu berechnet
Seit 2011 wird auf Weisung des Bundesverkehrsministeriums die Statik von Autobahn-Brücken neu berechnet. Weil der Verkehr auf den Autobahnen dichter geworden ist, weil insbesondere die Lastwagen immer schwerer und zahlreicher wurden, legten die Ingenieure ein neues Belastungsprofil zugrunde. Ergebnis: Ein erheblicher Teil der Brücken in NRW ist sanierungsbedürftig – 3,5 Milliarden Euro beträgt der Investitionsbedarf in den nächsten Jahren. „Wir müssen 400 größere Bauwerke mit der neuen Richtlinie prüfen“, sagt Dieter Reppenhorst, Abteilungsleiter Bau bei Straßen.NRW in Hamm.
Aufgrund erster Ergebnisse und aus Vorsorge wird deshalb auf einigen Brücken die Belastung reduziert – so wie auf der Rheinbrücke bei Leverkusen, wo Lkw über 3,5 Tonnen nicht mehr fahren dürfen. Das führt dort zu „untragbarem Ausweichverkehr“, beklagten gestern Vertreter der Region Köln/Bonn in einem „Brandbrief“ an die Verkehrsminister in Düsseldorf und Berlin.
Für die A45 bedeutet die Neuprüfung: Die seit 2009 laufenden Planungen für die Entlastung mittels Standstreifen-Freigabe sind vermutlich Makulatur. Denn vieles deutet darauf hin, dass bei einem dreispurigen Verkehr die neu berechnete Belastung der Ruhrtalbrücke zu groß ist. Nächste Woche soll ein Gutachten fertig sein. Sollte eine Verstärkung nötig werden, kann das rund ein Jahr Verzögerung für die Standstreifen-Freigabe zwischen Schwerte-Ergste und dem Westhofener Kreuz bedeuten.
3,6 Millionen Euro investiert
Und das, obwohl in den vergangenen Jahren mit insgesamt 3,6 Millionen Euro alles dafür vorbereitet wurde. Der Asphalt des Standstreifens wurde verstärkt, 23 Anzeigetafeln („Prismenwender“) installiert, um bei Bedarf den Streifen freizugeben oder ihn zu sperren. Dazu wurden 14 Videokameras installiert, deren Bilder in der Verkehrsleitzentrale bei der Bezirksregierung in Arnsberg auflaufen. Dort wird vor einer Freigabe geschaut, ob kein Pannenfahrzeug auf dem Standstreifen steht. Auf zwei der fünfeinhalb Kilometer Strecke kann all das jetzt nicht genutzt werden. Ob das Ziel, die Stauentlastung, überhaupt noch erreicht werden kann, ist zweifelhaft. „Eine durchgängige Freigabe bis Westhofen wäre besser“, gibt Anke Nölting, Leiterin der Verkehrsabteilung bei Straßen.NRW, zu.
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Zwei Zahlen stehen sich bei der Einschätzung gegenüber, welche Wirkung zu erwarten ist: Auf dem Teilstück Hagen bis Schwerte sind täglich rund 74.000 Autos unterwegs – auf dem Stück Schwerte bis Westhofener Kreuz sind es 83.000. Damit fehlt der Standstreifen gerade auf dem dichter befahrenen Stück.
Allerdings: Die Staubeobachtung weist für das erste Teilstück deutlich mehr „Staustunden“ aus: Bis Schwerte standen im vorigen Jahr Autofahrer 1120 Stunden im Stau, dahinter waren es nur 370 Stunden. Ein ähnliches Verhältnis gab es auch in den Jahren davor. „Deshalb rechne ich mit bemerkbar positiven Effekten auch schon durch die Teil-Freigabe“, zeigt sich Nölting optimistisch. Die Praxis wird es ab Donnerstag nächster Woche zeigen.