Hagen. . Die Konkurrenz durch Discounter ist hart. Qualität kann Kunden binden, glaubt die Bäckerinnung Westfalen-Lippe. Die reinen Familienbetriebe werden sich allerdings nicht alle auf dem Markt behaupten können. Auch im Bäckerhandwerk geht der Trend zu großen Betrieben mit mehreren Filialen. Die kleinen Backstuben kämpfen um ihr Überleben.

Den Totengesang will die Bäckerinnung Westfalen-Lippe aber noch nicht anstimmen: „Zum Erschießen ist es zu früh“, sagt Reinhard Hesse, Vorstandsmitglied der Innung. Die Prognosen für das Bäckerhandwerk sind allerdings nicht günstig. Der Verband Deutscher Großbäckereien verkündete am Montag, dass von 14 000 Betrieben in Deutschland bei rund 6000 bis 2020 das Licht ausgehen wird. Zudem schätzt der Verband, dass der Marktanteil der 34 größten Unternehmen, der derzeit bei 30 Prozent liegt, noch weiter wächst. Die 12 000 kleinen Backstuben kommen auf 20 Prozent.

Solche Aussagen hält Reinhard Hesse für „Populismus“. Der Verband der Deutschen Großbäckereien spreche damit in eigener Sache, aber nicht für alle Bäcker. Der Trend existiert, aber falle deutlich schwächer aus. „Die Konkurrenz kaputt reden“, nennt es Heribert Kamm, Vorsitzender der Bäckerinnung in Westfalen-Lippe. Von 1800 Betrieben in der Region müssten jährlich rund 30 schließen. „Den Aderlass haben wir hinter uns“, sagt er, „die Zahl der Bäcker, die aufgeben, geht zurück.“

Dennoch: „Wir bekommen die Konkurrenz durch den Lebensmitteleinzelhandel stark zu spüren“, sagt Reinhard Hesse. Discounter und Supermarktketten setzen seit einiger Zeit auf frische Backwaren, die sie in ihr Sortiment aufgenommen haben. Bereits heute stehen rund 15 000 Backstationen in den Filialen. Es könnten in den nächsten Jahren noch 10 000 weitere hinzukommen. Die industriellen Großbäcker beliefern sie mit ungebackenen oder halbgebackenen Teiglingen und profitieren so von diesem Trend. Auch stehen in einem Drittel der Supermärkte mittlerweile Regale mit frischen Backwaren.

Backstation preiswerter mit 2,42 Euro pro Kilogramm Brot

Reinhard Hesse ist mit seinen Bäckerei-Filialen im Sauer- und Siegerland gut aufgestellt. Foto: David Zapp
Reinhard Hesse ist mit seinen Bäckerei-Filialen im Sauer- und Siegerland gut aufgestellt. Foto: David Zapp © David Zapp

Um sich auf diesem Markt behaupten zu können, sollte ein Bäcker mindestens drei bis vier Filialen unterhalten, sagt Reinhard Hesse. Seine Bäckerei ist mit 50 Geschäften im Sieger- und Sauerland gut aufgestellt. „Ansonsten sind die Kosten für Energie und Personal nicht mehr bezahlbar“, argumentiert er. Aber an der Kostenschraube zu drehen, entschärft die Konkurrenzsituation nicht. Der durchschnittliche Preis für ein Kilogramm Brot oder Kleingebäck lag 2011 laut Gesellschaft für Konsumforschung beim traditionellen Bäcker bei 3,88 Euro . Die Backstation sei dagegen mit 2,42 Euro deutlich preiswerter.

Dies sind Preise, die für das Handwerk nicht zu schaffen sind. „Wir können nicht billiger sein, nur besser“, sagt Ulrich Jortzik von der Bäckerfachschule Olpe. Er glaubt, dass dies auch die Kunden honorieren: „Die Menschen fahren nicht mehr los, um ein einzelnes Brot zu kaufen, aber sie wollen Qualität“. Und das leistet das Bäckerhandwerk aus seiner Sicht.

Geschäft ist für Kleinstbetriebe schwer geworden

Wer mehrere Filialen hat, der kann Qualität und niedrige Produktionskosten miteinander in Einklang bringen. Auch Nischen finden sich, in denen Kleinstbetriebe bestehen können. Aber ihre Zukunft ist ungewiss. So auch bei der Bäckerei Grobe in Hohenlimburg, deren Brotsorte „Das Eckige“ mit der Note „Sehr gut“ ausgezeichnet wurde. „Wir haben deswegen viele Stammkunden, aber das Geschäft ist schwer geworden“, berichtet Inhaberin Annette Rosenthal. Ob ihr Betrieb überlebt, weiß sie nicht.

Noch sichert der Familienbetrieb die Existenz, weil zwei Generationen in der Backstube stehen. Die Personalkosten seien deswegen niedrig. Aber Annette Rosenthal weiß: „Das ist ein Auslaufmodell.“ Die reinen Familienbetriebe sterben, das Bäckerhandwerk wird überleben.