Hagen. . Die Spezialität der Hagener Gesenkschmiede Peter Schöttler GmbH sind Lasthaken - sogar ein arabischer Scheich hat mal eine Sonderanfertigung bestellt. Das war vor drei Jahren - die Schmiedetradition ist aber schon älter: 1840 gegründet, ist das Unternehmen eines der ältesten in Hagen überhaupt. Ein Firmenporträts aus der Serie Spitzenklasse in Hagen.
Die industrielle Produktion von Gütern ist mit Geräuschen unterschiedlichster Art verbunden. Dem einen sind sie Musik in den Ohren, wenn es „brummt“, anderen sind sie ein ständiges Ärgernis. Besonders typisch ist das durch Mark und Bein gehende Zischen und Wummern von schweren Schmiedehämmern, von dem früher das Tal der Ennepe an der heutigen B7 erfüllt war.
Für Thomas Jörg Hüttenhein (45), Geschäftsführer der Gesenkschmiede Peter Schöttler GmbH, ist das wohl eher Musik, diese Geräusche sind selten geworden in der näheren Umgebung. „So langsam sind wir die letzten, die hier noch produzieren“, sagt Hüttenhein, und man merkt ihm das Bedauern darüber an. Denn die Schmiedetradition ist alt, und Schöttler, 1840 in der Dahlenbecker Voerde vom Schmied Peter Schöttler gegründet, ist eines der ältesten Hagener Unternehmen überhaupt.
Zum Standort an der Südstraße kam das Unternehmen, als die Söhne von Peter Schöttler, Fritz und Hugo, die dort ansässige Firma Schollmeyer & Göhters übernahmen, wie Thomas Jörg Hüttenhein erzählt. Danach ging es bei Schöttler bergauf. Besonders in den Wirtschaftswunderjahren nach dem Zweiten Weltkrieg unter der legendären Schöttler-Erbin Lotte Weber, als dem Unternehmen seine „strategisch günstige Lage“ nahe dem Gussstahlwerk Hasper Hütte und nicht weit weg vom Ruhrkohlebergbau zugute kam. „Die Südstraße war das Bindeglied“ berichtet Hüttenhein.
Thomas J. Hüttenhein erster Fremdgeschäftsführer
Abnehmer für die Rohschmiede-Produkte der frühen Jahre war die Bahn und der Bergbau. Auch Handwerkszeug wurde hergestellt, zum Beispiel Schraubenschlüssel. „Die finden wir manchmal immer noch, wenn wir hier auf dem Gelände graben“, flachst der Geschäftsführer und versucht, den Begriff Gesenkschmiede für Laien verständlich zu machen: „Wie eine Hufschmiede, nur viel größer.“ Der 80 Tonnen schwere Amboss ist als Gegengewicht zum Schmiedehammer in der Erde versenkt, der Hammer schlägt mit zehn Tonnen auf das glühende Werkstück.
Thomas Jörg Hüttenhein ist der erste Fremdgeschäftsführer im Unternehmen, also jemand, der nicht zur Eigentümerfamilie gehört. Untypisch an dem hemdsärmelig und offen wirkenden Manager ist, dass er nicht von außen geholt wurde, sondern Eigengewächs ist, ein Mann der Praxis. „Mein Vater war jahrzehntelang Schmiedemeister bei Schöttler, und ich bin seit meiner Ausbildung zum Industriekaufmann hier“, sagt Hüttenhein. „Ich habe alles gemacht, was man man machen kann, vom Staplerfahren über Schmieden bis hin zu Vertrieb und Einkauf.
Ein Geschäftsführer wurde notwendig, als die Peter Schöttler GmbH in den neunziger Jahren verkauft wurde, zuletzt 2009, als das Unternehmen zu gleichen Teilen an die Familienunternehmen Rud Ketten in Aalen und Stahlhammer Bommern in Hamm ging. So berichtet Hüttenhein heute an die Geschäftsführer der beiden Firmen - „echte Unternehmer“, wie er findet, die auch das neue Schöttler-Vorzeigeprojekt unterstützen, „den modernsten Schmiedehammer der Welt“. Der soll von 2013 an in Hagen-Haspe schlagen - für eine Investitionssumme von einer Million Euro.
Unternehmen mit 96 Beschäftigen hat 13 Millionen Euro Jahresumsatz erwirtschaftet
Das ist viel für ein Unternehmen, in dem 96 Beschäftigte zuletzt 13 Millionen Euro Jahresumsatz erwirtschaftet haben. Der hat das Niveau vor der Wirtschaftskrise (2008: 11 Millionen Euro) damit schon wieder übertroffen - 2009, in der Krise, waren es nur sechs Millionen gewesen. Am Aufschwung war Hüttenhein maßgeblich beteiligt. Nicht zuletzt durch die Veränderung der Produkte - von Rohschmiedestücken zu „Rundum-Sorglos-Paketen für unsere Kunden“, wie es der Geschäftsführer ausdrückt.
Und wer weiter fragt, entdeckt bald schon ein Alleinstellungsmerkmal der Schöttler GmbH. „Wir machen das, was andere nicht wollen“, sagt Hüttenhein: Kleinstmengen aus schwierigen Werkstoffen wie Titan etwa, die an die Flugzeug- oder die chemische Industrie gehen. Oder rost- und säurebeständige Stähle für Abfüllanlagen. In einem ist sich der Geschäftsführer sicher: „Wir machen alles, aber nichts für die Autoindustrie.“ Die Gefahr der Abhängigkeit ist zu groß. „Da ist man schnell wieder draußen.“
Gesenkschmiede existiert seit 1840
Die 1840 gegründete Gesenkschmiede Peter Schöttler GmbH in Hagen-Haspe schmiedet Produkte, von denen eine besondere Festigkeit erwartet wird. Lasthaken etwa für die Kranindustrie, Gehäuse für Hydraulik und Behälterbau, Achsschenkel für Lkw. Größte Kunden sind die Muttergesellschaft Rud, Schwing Betonpumpen sowie die regionalen Größen Demag und Abus. 96 Beschäftigte erwirtschafteten zuletzt einen Jahresumsatz von 13 Millionen Euro. Den Gewinn bezeichnet Geschäftsführer Thomas Jörg Hüttenhein als „zufrieden stellend“.
Wer auf solche Kunden verzichten kann, muss selbstbewusst sein, und so tritt Hüttenhein auch auf: „Bei allem, was mit dem Heben von Lasten zu tun hat, sind wir eine Hausnummer - man kennt uns im Markt.“ Lasthaken etwa an Kranen müssen eine besondere Festigkeit aufweisen, die sich nur mit Schmieden erreichen lässt. Die können bis zu 45 Kilo wiegen. Ansonsten verlassen Zylinderköpfe das Firmengelände, Gehäuse für Hydraulik und Behälterbau, Achsschenkel für Lkw und ein kaum glaubliches Schmankerl. Schöttler baut nach Hüttenheins Worten immer noch den Wagenheber des Ur-VW Käfers nach - für Grabverschalungen. Die Spundwände werden mit dem Wagenheber verspannt. Größte Kunden sind die Muttergesellschaft Rud und Schwing Betonpumpen aus Herne sowie die regionalen Größen Abus und Demag.
Der Scheich aus Arabien wollte die Haken hochglanzpoliert
Und da war vor etwa drei Jahren auch mal ein Scheich, der zweitwichtigste Saudi Arabiens, erzählt Hüttenhein. Der brauchte für seine neue Luxusjacht zwei unter der Wasseroberfläche liegende Lasthaken von je 2,5 Tonnen Traglast. „Wichtig war ihm, dass die Teile hochglanzpoliert sind und von Sonargeräten nicht geortet werden können.“ Schöttler konnte liefern - mit einem „Riesenaufwand“ - für 2500 Euro pro Stück. „Insgesamt haben wir von diesem Hakentyp dann 10.000 Stück produziert - in nicht ganz so edler Ausführung“, schmunzelt Hüttenhein. „Und wir haben uns eine goldene Nase daran verdient.“ Der Scheich hat nicht einmal gefeilscht.
Stefan Pohl
Nachgefragt bei Geschäftsführer Hüttenhein - "Hagen macht zu wenig aus seiner Lage"
Thomas J. Hüttemann (45) ist Geschäftsführer der Hagener Gesenkschmiede Schöttler. Drei Fragen an den Mann der Praxis.
Wie beurteilen Sie den Wirtschaftsstandort Hagen?
Thomas J. Hüttemann: Hagen macht viel zu wenig aus seiner verkehrsgünstigen Lage. Das erkennt man hier nicht richtig. Gut ist, dass man mit der öffentlichen Verwaltung kooperativ zusammenarbeiten kann. Weniger gut ist die Anhebung der Hebesätze. Andere Gemeinden, die vom sozialen Umfeld her mehr bieten, sind da günstiger.
Sind Sie zufrieden mit der Hagener Wirtschaftsförderung?
Hüttemann: Wir hatten mit denen Kontakt. Man tut was. Besser jetzt als gar nicht. Die Wirtschaftsförderung sollte aber weniger Hagener Unternehmen ansprechen, sondern mehr nach außen gehen.
Macht sich der Fachkräftemangel bereits bei Ihnen bemerkbar?
Hüttemann: Ja, seit Jahren. Wir haben im Gegensatz zu vielen anderen Unternehmen das Problem, spezielle Mitarbeiter zu suchen, etwa Schmiede und Werkzeugmacher. Wir bekommen zwar noch Leute, aber nicht die, die wir brauchen.