Hagen. . Am Samstag, 14. April, feiert das „Beats!“-Musical in Hagen Premiere. Wenige Tage zuvor arbeiten die Nachwuchs-Künstler fieberhaft an ihren Tanzschritten, ihren Dialogen und Positionen auf der Bühne. Wird das Projekt gelingen?

Die Welt hinter dem Bühnenvorhang ist dunkel, geheimnisvoll und vertrackt. Da hebt sich wie von Geisterhand der Pianist aus dem Orchestergraben. Im Probenraum riecht es anregend nach frisch gesägtem Holz, Leim und Farbe. Die Wände und Boden sind dunkel gestrichen, eine aus Holz konstruierte Treppe steht frei im Raum.

Striche, Markierungen und Klebeband vereinen sich auf dem Boden zu einem rätselhaften Muster. Das Theater weiß eben nicht nur im Zuschauerraum, sondern auch hinter den Kulissen zu begeistern. Theater bedeutet aber nicht nur Shakespeare, Goethe und moderne Inszenierungen aus zerfledderten Bürokostümen und Rinderblut. Theater bedeutet heute auch: Musical. Und Pädagogik.

Alle eint der Traum vom Show-Business

Sechs junge Frauen sitzen im Probenraum des Theaters und arbeiten mit einem ehrvoll ergrauten Mann mit schwarzer Künstler-Brille an ihren Texten. Der Mann hört auf den Namen Thilo Borowczak, und er ist der Leitende Regisseur am Theater Hagen. Mit angenehm ruhiger Stimme gibt er den Nachwuchs-Künstlerinnen knappe, präzise Anweisungen zu ihrem Dialog.

Sie proben für das Musical „Beats!“, das am 14. April Premiere feiern wird in Hagen und das vor allem aus der Hand von knapp 90 Berufsschul-Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus dem Großraum Hagen stammt. Designer, Tänzer, Schauspieler, Sänger, Kulissenschreiner und Kostümschneider: Sie alle eint der Traum vom Show-Business. Die große Bühne. Der rote Vorhang. Der Applaus des Publikums.

Dafür sind sie bereit, zu schwitzen, zu malochen und zu verzichten. So wie Sabrina Karthaus. Die 21-Jährige macht eine Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten. In der ersten Woche der Osterferien hat sie sich extra Urlaub genommen für die Proben zu „Beats!“. Wenn sie von acht bis 18 Uhr arbeitet, folgen aktuell noch Proben bis rund 22 Uhr. „Es ist schon hart“, sagt Karthaus, „und in 14 Tagen habe ich auch noch die Prüfung. Die anderen sind alle schon viel weiter, habe ich den Eindruck. Ich versuche, alles unter einen Hut zu bringen. Aber ich bemerke die Stunden, die ich fehle.“

Phantasielose Zeitgenossen könnten auf die Idee kommen, Sabrina Karthaus spiele mit ihrer beruflichen Zukunft. Aber wenn alle so denken würden, gäbe es nicht einen Musical-Darsteller auf der Welt. Von Artisten, Raumfahrern und manch gefeiertem Musiker ganz abgesehen. Sabrina Karthaus tanzt, seit sie sieben Jahre ist. Angefangen hat alles mit Karneval-Tanz: „Ich möchte gar nicht mehr aufhören, wenn der Vorhang aufgeht.“

Mehrere Vorstellungen

Das Jugendmusical „Beats“, wird im Rahmen des Jubiläumsprogramms „100 Jahre Theater Hagen“ am Samstag um 19.30 Uhr als Uraufführung auf die Bühne gebracht. Für die Premiere gibt es noch Restkarten,

„Beats“ ist ein Kooperationsprojekt zwischen den fünf Hagener Berufskollegs, dem Stadttheater und dem Theaterförderverein.

Das Musical, das von einem Jugendzentrum, das aufgrund von Geldknappheit geschlossen werden soll, erzählt, greift auch Themen wie Homosexualität und Eifersucht auf.

Weitere Vorstellungen gibt es am 16. (11 Uhr), 22. April (15 Uhr) und am 7. (11 Uhr), 19. Mai (19.30 Uhr), 5. (11 Uhr) und 11. Juni (11 Uhr).

Viele Schüler sind hin- und hergerissen

Bei „Beats!“ treffen Laien auf Profis. Berufsschüler trainieren ihre Stimme mit Gesangslehrern und singen zur Begleitung des Philharmonischen Orchesters Hagen. „Das ist schon was besonderes“, sagt Axel Goldbeck, der die Musik von „Beats!“ komponiert hat, „das ist auch der Unterschied zu anderen Projekten.“ Eine Chance, die sich nur selten ergibt – wenn überhaupt. Eine Gelegenheit, die sich auch Heike Suchon nicht hat entgehen lassen. „Ich wollte eigentlich eine Ausbildung als Tanzlehrerin machen“, sagt die 22-Jährige, die nun Bürokauffrau lernt, „aber meine Eltern haben mir davon abgeraten.“

Nun tanzt sie bei „Beats!“ mit. „Balsam fürs Herz, wenn einer sagt: ,Du tanzt aber gut.’“ Wie die meisten „Beats!“-Künstler hat auch Suchon einen vollgepackten Tag. „Schule, Arbeit, Proben, der Freund, die Eltern. Es ist wirklich anstrengend. Aber wenn der Wille da ist, dann schafft man das.“

Hin- und hergerissen sind viele, zwischen dem vermeintlich sicheren, „bodenständigen“ Beruf – was immer das bedeutet. Und einem bunten, verschlungenen Pfad ins Dickicht des Show-Business. Unsicher, ungewiss, aber oft das, was das Herz befiehlt. „Meine Leidenschaft ist beim Tanzen“, schwärmt Sabrina Karthaus, „wenn ich irgendwann mal die Chance habe, würde ich sie ergreifen.“