Hagen.
Der von der Landesregierung aufgelegte Stärkungspakt Stadtfinanzen beschert Hagen über fünf Jahre nicht nur mit einem jährlichen 40-Millionen-Segen, sondern es werden daran natürlich auch maximale Sparerwartungen geknüpft. Dennoch erklärt SPD-Fraktionschef Mark Krippner, dass in seinen Augen die „Zitrone ausgepresst“ sei. Im Gespräch mit unserer Zeitung erläuterte er seinen Vorschlag für den künftigen Finanzkurs der Hagener Sozialdemokraten.
Geld nehmen und keine Spar-Gegenleistung liefern – wie soll das funktionieren?
Mark Krippner: Man muss nur auf die Kennzahlen blicken, um zu erkennen, dass eine Grenze erreicht ist. Wie lange konsolidieren wir schon? Jeden Stein haben wir bei den Beratungen zum Haushaltssicherungskonzept umgedreht. Im Zusammenwirken mit der Zukunftskommission haben wir uns ein Jahr Zeit gelassen, etwa 250 Maßnahmen erarbeitet und schließlich ein Sparpaket im Volumen von 87 Millionen Euro geschnürt. Aber damit muss jetzt Schluss sein, sonst werden z.B. die sozialen Netze endgültig zerstört. Die 40 Millionen Euro des Landes sind natürlich nur zu begrüßen. Aber es kann auch nicht vom Land gewollt sein, dass wir uns jetzt kaputt sparen müssen.
Glauben Sie, dass die Landesregierung sich auf diese Argumentation einlässt?
Mark Krippner: Wir haben uns als SPD-Fraktion, nachdem der Gesetzentwurf bekannt wurde, bereits aktiv in Düsseldorf in den Diskussionsprozess mit eingebracht. Dabei konnten wir durchaus deutlich machen, dass der Haushaltsausgleich in Hagen innerhalb der nächsten fünf Jahre wahrscheinlich eine objektive Unmöglichkeit bleiben wird. Denn weitere erhebliche Sparmaßnahmen können eben kaum noch umgesetzt werden, ohne dass die Stadt hierbei Schaden nimmt. Innenminister Jäger hat ja bereits signalisiert, dass es individuell zugeschnittene Haltelinien geben müsse, damit keine Kommune unter die Wasserlinie gedrückt werde. Wir fürchten einfach, dass die CDU das Thema nutzen möchte, um weitere Privatisierungen – beispielsweise beim HEB, der Enervie oder der HGW – durchzusetzen, die Ausbildung von Jugendlichen bei der Stadt abzubrechen oder auch betriebsbedingte Kündigungen wieder auf die Tagesordnung zu bringen. Da machen wir nicht mit.
Aber welche Vorgehensweise erwarten Sie denn nun von Oberbürgermeister Jörg Dehm?
Mark Krippner: Das Stärkungspakt-Gesetz sieht die Vorlage eines Sanierungsplanes bis zum Juni 2012 vor. Da muss jetzt was kommen – und zwar zügig. Bis zur Ratssitzung im Februar erwarten wir eine Vorlage, wie sich der OB den aktuell 1200 Millionen Euro Hagener Schulden stellen möchte. Wir sagen, dass wir mit dem 87-Millionen-Sparpaket an die Grenzen gegangen sind, dies wird auch vom Land anerkannt, jetzt muss vor allem umgesetzt werden, 44 Millionen Euro sollten es bis Ende 2011 sein.Passiert ist hier aber bislang zu wenig. Jetzt wollen wir vom OB und Kämmerer wissen, ob die Summe auch tatsächlich erreicht wurde. Es fehlt immer noch das entsprechende Berichtswesen, hier muss der Verwaltungschef deutlich mehr Transparenz schaffen.
Es wird also im Moment mit der SPD tatsächlich keine weiteren, neuen Sparbeschlüsse geben?
Mark Krippner: Die SPD hat sich stets zu ihrer Gesamtverantwortung für unsere Stadt bekannt, zuletzt mit der Verabschiedung des 87-Millionen-Sparpaketes, und wird sich auch in Zukunft mit aller Kraft für die Sanierung der städtischen Finanzen engagieren. Doch dabei muss es gerecht zugehen. Natürlich sind wir weiterhin für jeden innovativen Vorschlag zu haben. Mit dem Thema Kunstverkäufe ist ja gerade erst eine interessante Idee aufgetaucht. Aber eine Schließung von Büchereien oder Theatersparten ist für mich einfach nicht vorstellbar. Das treibt die demografische Spirale nur weiter in den Keller. Ich kann einfach keinen Luxus mehr erkennen. Wir bauen bis zum Jahr 2020 im Rathaus 18 Prozent des Personals ab. Was das bedeutet, werden die Bürger noch deutlich zu spüren bekommen. Und sämtliche Privatisierungs- und Verkaufserlöse senken zwar zunächst vielleicht einmal die Zinslast. Aber Erträge aus den Beteiligungen und der Einfluss der Stadt sind unwiederbringlich weg. Man muss aufpassen, dass am Ende zwar die persönliche Bilanz des Oberbürgermeisters gut aussieht, aber nicht die Bilanz der Stadt.