Hagen. Weil er zwei Mädchen missbraucht und vergewaltigt haben soll, muss sich seit Dienstag ein 49-Jähriger vor dem Landgericht Hagen verantworten. Der Mann soll die Pferdeliebe der zum Tatzeitpunkt zwölf und 15 Jahre alten Mädchen ausgenutzt haben.
Die beiden Freundinnen (12 und 15 Jahre) waren geradezu vernarrt in den braunen Wallach „Hermann“. Doch der Hengst soll Pferdebesitzer Thomas W. (49) lediglich als Köder gedient haben: Um junge Mädchen anzulocken und sie zu vergewaltigen.
Seit gestern werden im Landgericht Hagen fünf schwere Missbrauchsvorwürfe verhandelt. Was geschah vor über fünf Jahren hinter dem Gelände des Golfclubs in Tiefendorf? Dort stand der Hannoveraner „Hermann“ in einem Stall und durfte von zwei Schülerinnen als Pflegepferd gefüttert, gestriegelt und geritten werden. Aber dort stand auch der kleine Bauwagen, der als Reiterstübchen diente und in dem es, so einer der Vorwürfe, zum ersten sexuellen Übergriff kam.
Mit dem Schlachter gedroht
Die Anklage: Miriam (12, Name geändert) wurde von hinten umklammert, ihr wurde der Mund zugehalten, die Hände auf dem Rücken gefesselt. Dann fiel Thomas W. brutal über das wehrlose Kind her und missbrauchte es. Zu weiteren Vergewaltigungen, auch ihrer 15-jährigen Freundin, soll es in einer Wohnung an der Lange Straße (Wehringhausen) gekommen sein.
Dabei hätte Thomas W. die große Pferdeliebe der beiden Teenager schamlos ausgenutzt und ihnen gedroht: Sollten sie ihre Erlebnisse gegenüber Dritten ausplaudern, würde ihr Lieblingspferd „Hermann“ zum Schlachter gebracht. Sogar auf dem Schulhof der früheren Hauptschule Dahl sei der Angeklagte erschienen, um den Druck auf die jungen Pferdenärrinnen zu erhöhen.
Angst um das Leben des Pferdes
„Er schüchterte die Opfer stark ein, versetzte sie in große Sorge“, weiß Staatsanwältin Beatriz Führing. Die Mädchen verschwiegen die Vergewaltigungen über Jahre, weil sie Angst um das Leben des Gaules hatten. Erst als „Hermann“ tot war, gingen sie zur Polizei.
Zu Prozessbeginn vor der Jugendschutzkammer hat sich der Angeklagte eine Jacke ins Gesicht gezogen, so dass man ihn zunächst nicht erkennen kann. Thomas W. räumt den Geschlechtsverkehr mit dem Kind umständlich ein, macht jedoch auch Abstriche.
Der Angeklagte leugnet
Vergewaltigung? Nein! „Mit Gewalt habe ich nichts zu tun.“ Thomas W. spricht verniedlichend von „kleinen Küsschen“ und einer „Liebelei“. Alles sei „sehr harmonisch“ passiert.
Schon gar nicht will er bemerkt haben, dass Miriam damals gerade erst zwölf war: „Sie hat schon genau gewusst, was zu tun oder zu lassen ist, um Spaß zu haben.“ Deshalb habe sie sich ihm „mit gelupftem Ober- und Unterteil präsentiert.“ Richter Till Deipenwisch kommentierte sarkastisch: „Die Präsentation ist bei ihnen wohl angekommen.“
Erst am 18. Oktober geht der Prozess weiter. Opfer-Anwalt Hans-P. Weiskirch: „Meine Mandantin ist keine Lolita. Was der Angeklagte behauptet, ist absoluter Quatsch.“