Hagen. .

Seit Dienstag, 4. Oktober, läuft vor dem Hagener Landgericht der Prozess gegen einen Pferdebesitzer, der in Hagen mehrere Mädchen vergewaltigt haben soll. Die Mädchen lockte der 49-Jährige mit Hilfe des Pflegepferdes Hermann.

Das Pflegepferd Hermann, ein brauner Wallach mit rhombenförmigem weißen Stirnfleck, war in einemReitstall in Hagen-Berchum untergestellt. Doch der Hengst soll einem Sexualverbrecher nur als Köder gedient haben: Um junge Mädchen anzulocken und sie zu vergewaltigen.

Miriam (Name geändert) war 13, als sie ihre Liebe zu Pferden entdeckte. Da traf es sich zunächst gut, dass sie im Frühjahr 2005 Paketfahrer und Pferdebesitzer T. W. (49) kennenlernte. Der freundliche Mann bot ihr seinen „Hermann“ an. Sie dürfe den Hannoveranerhengst striegeln und reiten. Das Mädchen fühlte sich im siebten Himmel. Direkt neben dem Stall auf dem Tiefendorfer Gehöft hatte der Pferdebesitzer einen Wohnwagen, der als Reiterstübchen genutzt wurde. Dort soll es zu sexuellen Übergriffen an der Schülerin gekommen sein. Die Anklage: Miriam wurde von hinten umklammert, ihr wurde der Mund zugehalten, die Hände auf dem Rücken gefesselt. Dann, so der Vorwurf, vergewaltigte der Mann die 13-Jährige brutal. „Doch aus Liebe zu dem Pferd suchte sie bald wieder den Reitstall auf“ – und wurde erneut Opfer, so die Ermittlungen.

Pferdeliebe ausgenutzt

Fünf Fälle von schwerem Kindesmissbrauch oder Vergewaltigung, begangen binnen eines Jahres, werden T. W. von Staatsanwältin Beatriz Föhring zur Last gelegt. Der Kriminalpolizei sind bisher drei reitbegeisterte junge Mädchen bekannt, die geradezu vernarrt in den Wallach Hermann waren. In allen Fällen soll T. W. die große Pferdeliebe der Teenager schamlos ausgenutzt haben, um sich massiv an ihnen zu vergehen. Nach den Missbräuchen hätte er seine Opfer stark eingeschüchtert, in große Sorge versetzt und ihnen ein Schweigegebot auferlegt. Sogar vor der Schule, so der Vorwurf, lauerte T. W. den jungen Pferdenärrinnen auf: „Er ermahnte die Mädchen nichts zu erzählen, da er sonst ,Hermann’ umbringen würde“, stellte die Staatsanwältin fest.

Die Teenager hätten allein deshalb geschwiegen, weil sie Angst um das Leben des Gaules hatten. Im April 2008 brachte T. W. den 19-jährigen Hermann, der seine letzten Tage in einem Stall in Breckerfeld verbracht hatte, tatsächlich zum Pferdeschlachter. Die Mädchen erfuhren nur auf Umwegen davon. „Da war ich sehr traurig“, gab Miriam bei der Polizei zu Protokoll – und offenbarte dann alles. T. W. schweigt beharrlich zu den Vorwürfen. Er hat Letmathe heimlich verlassen. Doch die Mutter eines Mädchens hat ihn jetzt bei Facebook wiederentdeckt: Er lebt nun in einem Ort im Sauerland und hat sich auch ein neues Pflegepferd angeschafft. Es heißt Medita.