Hagen.

Die Stadt Hagen hat bundesweit den dritthöchsten Versorgungsgrad an Hausärzten. Das geht aus der Antwort auf eine kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag hervor. In allen medizinischen Fachrichtungen – vom Augenarzt bis zum Urologen – ist die Volmestadt deutlich überversorgt.

In Hagen muss man sich als Bürger derzeit keine Sorgen machen, was die medizinische Versorgung anbelangt“, sagt auch Christopher Schneider, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Westfalen-Lippe. Das könnte sich in den kommenden Jahren ändern. Denn insgesamt steuert die niedergelassene Ärzteschaft in Hagen auf eine Überalterung zu. Ein Zuzug neuer Mediziner ist per gesetzlicher Regelung aktuell ausgeschlossen.

In einem illustren Kreis mit Starnberg

Dass es an Volme und Lenne eine überproportionale Ärztedichte gibt, hievt Hagen in einen illustren kommunalen Kreis. Denn bundesweit den höchsten Versorgungsgrad an Hausärzten hat die Gemeinde Starnberg südwestlich von München (145 Prozent), gefolgt von Freiburg im Breisgau (140 Prozent). Auf Rang drei folgt bundesweit schon Hagen (131 Prozent). Bei einem Versorgungsgrad von 100 Prozent entspricht die Zahl der Ärzte in einer Region exakt der sogenannten Bedarfsplanung von Kassenärzten und Krankenkassen.

Allerdings ist ein wesentlicher Grund für die hohe Dichte an niedergelassenen Medizinern in unserer Stadt der überproportionale Bevölkerungsschwund, unter dem Hagen seit Jahren leidet.

Denn der Versorgungsgrad wird anhand einer Bedarfsplanung für niedergelassene Ärzte errechnet, die 1993 bundesweit eingeführt wurde, um in überversorgten Regionen weitere Niederlassungen zu verhindern. Seitdem gilt: Ärzte und Psychotherapeuten können sich in einer Region nur neu niederlassen oder anstellen lassen, wenn es einen freien Arztsitz gibt. Der Ärztebedarf richtet sich neben Faktoren wie Bevölkerungsdichte und Altersstruktur insbesondere nach der Zahl der Einwohner – eine Stadt oder Region, die stark schrumpft erhöht also sukzessive ihren Versorgungsgrad, ohne dass ein Mediziner hinzu kommt.

Als überversorgt gilt ein Bereich, wenn die Arztdichte in einem medizinischen Fachbereich die 100-Prozent-Marke um mehr als zehn Prozent übersteigt. In einem solchen Fall greift eine Zulassungsbeschränkung, die seit Jahren auch in Hagen greift. Für weitere Niederlassungen oder Anstellungen ist eine Facharztgruppe dann gesperrt.

Ein Drittel der Hausärzte älter als 60 Jahre

„Hagen ist in allen Bereichen derzeit sehr deutlich überversorgt“, betont KV-Sprecher Schneider, „es wird sich hier auf lange Sicht kein Arzt mehr neu niederlassen können.“ Der Versorgungsgrad bei Augenärzten liegt in der Volmestadt beispielsweise bei fast 130 Prozent, bei Orthopäden bei 143 Prozent und bei Hautärzten bei nahezu 170 Prozent. Möglich ist wegen der hohen Dichte an niedergelassenen Medizinern derzeit also nur noch die Übernahme einer Praxis – beispielsweise, wenn ein Arzt aus Altersgründen seine Praxis aufgibt.

Dies könnte laut der statistischen Erfassung der KV Westfalen-Lippe in vielen medizinischen Fachgebieten schon bald recht häufig der Fall sein. „In Hagen sind 39 der 118 Hausärzte über 60 Jahre alt“, sagt Schneider. Ein Drittel der Hausärzte wird also in den kommenden fünf Jahren voraussichtlich die Praxis aufgeben oder an einen Nachfolger weiterreichen. Bei den Kinderärzten liegt der Anteil der über 50-jährigen Medizinern bei 38,5 Prozent, bei den HNO-Ärzten bei 44,4 Prozent und bei den Fachärztlichen Internisten sogar bei 50 Prozent. In sämtlichen medizinischen Fachrichtungen liegt in Hagen der Anteil der niedergelassenen Ärzte, die mindestens 50 Jahre und älter sind bei mehr als 50 Prozent.