Hagen. .
Rund 60 Tagesordnungspunkte allein im öffentlichen Teil der Sitzung brachten gestern die Gemüter der Ratsvertreter zum Kochen und sorgten dafür, dass vor der Sommerpause noch einmal kräftig Dampf abgelassen wurde.
„Ich kann hier dem Sachverhalt nicht mehr folgen“, gab Jochen Weber (SPD) schon nach einer Stunde zu Protokoll und Hildegund Kingreen fragte besorgt „Wann wollt Ihr denn nach Hause?“, nachdem Hagen Aktiv den eigenen Antrag, einen Ratsbürgerentscheid zum Bau der Bahnhofshinterfahrung herbeizuführen, geheim abstimmen lassen wollte. Die geheime Abstimmung wurde schließlich ebenso abgeschmettert wie die geforderte Bürgerbeteiligung. Viel zu weit, so waren sich die Rats- parteien außer Hagen Aktiv einig, seien Planung und Finanzierung fortgeschritten.
Bewilligung kommt
Das hatte Baudezernent Thomas Grothe bereits unter dem frühen Tagesordnungspunkt „Mitteilungen“ mehr als bestätigt. „Unsere Pläne sind rechtskräftig und wir werden noch im nicht-öffentlichen Teil über weiteren Grunderwerb für die Hinterfahrung entscheiden. Der Bewilligungsbescheid für das Bauvorhaben wird ebenfalls in Kürze eintreffen.“
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Was Claus Thielmann (FDP) von der Verweigerungshaltung der Wählergemeinschaft, die einer hoch verschuldeten Stadt Hagen eine Bausumme von 65 Millionen Euro und rund zwei Millionen jährliche Folgekosten nicht zumuten will, hält, ließ er Fraktionschef Josef Bücker wissen: „Sie sind ja schon immer mit Zettelchen durch die Stadt gelaufen, um Unterschriften gegen die neue Mitte, gegen das Museum oder gar den Abriss der Sparkasse zu sammeln.“
So tat sich die Mehrheit der Hagener Ratsvertreter einmal mehr beim Geldausgeben leichter als beim möglichen Zurückholen der rund 40 Millionen Euro aus getätigten Derivatgeschäften. Das Thema dürfte gestern wohl letztmalig auf der Tagesordnung gestanden haben, gab doch Dezernent Dr. Herbert Bleicher bekannt, dass die Schadensersatzansprüche gegen die beiden seinerzeit mit der Deutschen Bank getätigten Geschäfte eigentlich schon verjährt sind. Auch sei zweifelhaft, ob der Bundesgerichtshof ein ähnliches Geschäft, gegen das beispielsweise die Stadt Pforzheim klagt, für nichtig erklären wird. Und dann sei da ja auch noch die Hürde des bereits geschlossenen Vergleichs mit der Deutschen Bank, der , wolle man Erfolg haben, ebenfalls für nichtig erklärt werden müsste. Aufklärung könnte, so das Rechtsamt, nur ein erneutes Gutachten bringen. Während Grüne, Hagen Aktiv und die Linken dafür stimmten, blieb bei der Mehrheit der Ratsvertreter der Arm unten. „Die wollen die Sache nur vom Tisch haben“, folgerte Rüdiger Hentschel (Die Linke) resigniert.
Nicht resignieren will der Rat vor dem Beförderungsstau bei der Feuerwehr und den Beamten im Rathaus. Oberbürgermeister Jörg Dehm unterbrach die Sitzung für Thomas Eckhoff. Der Feuerwehr-Personalrat durfte vor Rat und Kameraden schildern, wie sich die Feuerwehrleute seit zwei Jahren fühlen. „Die Politik hat uns viel versprochen, passiert ist nichts. Mit uns spielt man Ping Pong und die betroffenen Kollegen sind der Ball.“ SPD-Fraktionschef Mark Krippner bedauerte die oft unrühmliche Haltung seiner Parteikollegen im Land, appellierte an den Rat, dem SPD-Antrag zu folgen, der die Verwaltung auffordert, den Betroffenen nunmehr eine Zulage zu zahlen. Möglich sei dies nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig auch für Kommunen mit einem Nothaushalt. Obwohl Oberbürgermeister Dehm den Sachverhalt erst noch prüfen lassen will, stimmte der Rat einstimmig zu. Doch nicht, ohne dass CDU-Fraktionschef Röspel die Situation noch einmal schadenfroh beleuchtete und die Auftritte von SPD-Innenminister Jäger und dem SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel in Hagen als politische Augenwischerei bezeichnete. „Und jetzt spielt die SPD-Truppe auch noch Robin Hood“, warf er den Genossen vor und brachte damit Dietmar Thieser in Rage. „Bist Du eigentlich ein bisschen betrunken?“, wollte der SPD-Mann wissen.
Bei soviel hitziger Debatte war es gut, dass auch eine Abkühlung in Hagens Freibädern auf der Tagesordnung stand. Die, so HagenBad, sei jetzt schon an heißen Tagen flexibel geregelt und bedürfe keiner neuen Beschlussfassung.