Hagen. .

Der Hagener Rat ist weit davon entfernt, die kulturelle und ethnische Vielfalt dieser Stadt abzubilden. Mehr als jeder dritte Hagener hat einen Migrationshintergrund. Im Stadtrat liegt der Anteil der Parlamentarier ausländischer Herkunft indes bei null Prozent.

Offiziell heißen die Parteien Zuwanderer willkommen. SPD-Chef Sigmar Gabriel sprach sich jüngst für einer Mindestquote von 15 Prozent in allen politischen Gremien aus. Die NRW-Grünen rühmen sich in ihrem Internetauftritt als „Partei mit dem höchsten Anteil von Mandatsträgern und Führungskräften mit Migrationshintergrund“ und auch die Bundes-CDU wirbt damit, dass Parteiämter stärker als bisher von Migranten wahrgenommen werden sollen. Die Wahrheit an der Basis sieht aber oft anders aus.

Hagen bildet mit Siegen mit der parlamentarischen Nullnummer das unrühmliche Schlusslicht unter den westfälischen Großstädten mit mehr als 100 000 Einwohner, so das Max-Planck-Institut in einer gerade veröffentlichten Untersuchung. Durchschnittlich liegt der Anteil der Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in den westfälischen Stadträten bei 3,4 Prozent, der Anteil von Migranten an der Gesamtbevölkerung bei 15,6 Prozent.

Grüne sind auch kein Vorbild

„Wir sind da nicht vorbildlicher aufgestellt, als die anderen Fraktionen im Rat“, räumt Hubertus Wolzenburg, Fraktionsgeschäftsführer der Hagener Grünen ein. Die Partei sei mit 86 Mitgliedern vor Ort zu klein, um gezielt Werbungskampagnen bei Menschen mit ausländischer Herkunft zu starten. Ein paar Prozentpunkte mehr und die Grünen hätten mit Mehmet Kilic wenigstens einen „Quoten-Migranten“ in den Rat entsandt. Kilic stand auf Platz acht der Grünen-Liste, sieben Sitze konnten die Grünen bei der Wahl 2009 für sich verbuchen.

„Vielleicht muss man den Mut haben“, glaubt SPD-Fraktionschef Mark Krippner, „jemanden mit Zuwanderungsgeschichte weit vorne in die Liste zu stellen.“ Bei der letzten Kommunalwahl wurde der Altenhagener Kemal Öner auf der SPD-Liste so platziert, dass selbst größte Optimisten unter den Hagener Sozialdemokraten nicht mit einem Einzug Öners in den Rat rechnen konnten. Denn mehr als 40 Prozent der Wähler hätten der SPD ihre Stimme geben müssen, um Öner den Weg zu ebnen. Es wurden 29,3 Prozent.

„Die Angebote aller Parteien sind wohl zu wenig spezifisch auf Migranten abgestellt“

Grundsätzlich, so Rene Riepshoff, Fraktionsgeschäftsführer von Hagen Aktiv, stünde die Wählergemeinschaft jedem offen, der sich einbringen wolle. „Man muss aber die Interessen und Probleme von Migranten ernst nehmen, um sie für Politik zu begeistern“, ist sich SPD-Mann Krippner sicher. In der Vergangenheit habe man den Fehler gemacht, in dieser Gruppe nicht ausreichend für sich zu werben. „Und von selbst“, weiß auch Hubertus Wolzenburg, „kommt keiner, um in einer Partei mitzumachen.“

Das sieht auch CDU-Fraktionsgeschäftsführer Alexander M. Böhm als einen möglichen Grund für die Nichtberücksichtigung von Zuwanderern im Rat. „Die Angebote aller Parteien sind wohl zu wenig spezifisch auf Migranten abgestellt. Das ist eigentlich kein schöner Zustand“, sagt er selbstkritisch. Insgesamt, habe er indes auch festgestellt, sei bei Migranten das Interesse an Politik vielfach nicht ausgeprägt. „An dem Punkt müssen wir wohl an unserer Attraktivität arbeiten.“ Ähnlich schätzt es FDP-Fraktionsgeschäftsführer Horst Bach ein: „Wir müssen alle Bürger mehr einbinden, um der Politikverdrossenheit Herr zu werden.“