Hagen. Nur 100.000 Zuschauer besuchten in der letzten Spielzeit das Theater Hagen, die Abozahlen liegen unter 3000. Und welche Konsequenzen folgen?

Ein Blick ins Theater: „Ob Optimismus bei den finanziellen Rahmenbedingungen rund um unser Theater überhaupt angebracht ist? Die Frage beantworte ich ganz klar mit ja“, sagt Dr. Thomas Brauers mit fester Stimme.

Natürlich spielt der Geschäftsführer des Theaters Hagen bei der Vorstellung des neuen Spielplans auf die Einnahmen bzw. Verluste seines Hauses an, er hat aber auch die Besucher- und Abonnentenzahlen im Kopf.

Städtischer Zuschuss wird auf 15,5 Millionen Euro gekürzt

Zur Erinnerung: Der Rat der Stadt hat beschlossen, den jährlichen städtischen Zuschuss für das Haus um 500.000 Euro von 16 Millionen Euro auf künftig 15,5 Millionen Euro zu kürzen. Parallel dazu sind die Besucherzahlen rückläufig.

Verlust niedriger als befürchtet ausgefallen

„Wir haben in der vergangenen Spielzeit einen Verlust eingefahren, der allerdings nur halb so hoch ausgefallen ist wie prognostiziert“, sagt Brauers. In Zahlen: In der Spielzeit 2022/23 hat das Theater „nur“ 400.000 Euro Verlust gemacht. „Aber uns gleiten die Fäden nicht aus der Hand, wir bekommen das hin“, gibt sich der Geschäftsführer längst nicht geschlagen und erläutert: „Aufgrund der Corona-Nachwirkungen, der Altersstruktur unseres Publikums und des hohen Migrantenanteils in der Stadt haben wir zwei aufeinanderfolgende Verlustspielzeiten zu verzeichnen, doch wir werden auch zwei, drei weitere Verlustjahre überleben, da wir aus den Vor-Corona-Jahren noch Rücklagen haben.“

Präsentieren den neuen Spielplan (von links): Dr. Thomas Brauers (Geschäftsführer), Waltraut Körver (Ballettmanagerin), Anja Schöne (Lutz-Leiterin),  Francis Hüsers (Intendant), Wolfgang Röspel (Theater-Aufsichtsratsvorsitzender) und Joseph Trafton (Generalmusikdirektor). 
Präsentieren den neuen Spielplan (von links): Dr. Thomas Brauers (Geschäftsführer), Waltraut Körver (Ballettmanagerin), Anja Schöne (Lutz-Leiterin), Francis Hüsers (Intendant), Wolfgang Röspel (Theater-Aufsichtsratsvorsitzender) und Joseph Trafton (Generalmusikdirektor).  © Theater Hagen | Konstantin Hempel

Im Haus müsse gespart werden, ein Schulterschluss mit Partnern müsse her, „um auf finanziell sicheren Beinen zu stehen, sollten wir einen siebenstelligen Betrag einsparen, aber das braucht Zeit“, so Brauers.

Abo-Struktur nicht mehr zeitgemäß

Erforderliche Änderungen müssten daher nicht mit dem Holzhammer, sondern peu à peu durchgesetzt werden. Ein Beispiel? Die bisherige Abo-Struktur zieht nicht mehr. Im Vergleich zur letzten Spielzeit ging die Abozahl um vier Prozent runter, in der aktuellen Spielzeit zählt das Theater gerade mal noch 2967 Abonnenten.

Auch das „3 x 9-Euro-Ticket“, das eingeführt wurde, um neue, vor allem auch jüngere Zuschauer zu gewinnen, hat sich nicht zum Verkaufsschlager entwickelt. In der aktuellen Saison wurden bislang 300 Spartickets für insgesamt 900 Vorstellungen verkauft. Die Marketingaktion läuft im Sommer aus, „wir werden über neue Aktionen und eine geänderte Preisstruktur sprechen müssen“, räumt der Geschäftsführer des Theaters ein.

100.000 Besucher in der Spielzeit 2022/23

In den Jahren vor der Pandemie verzeichnete das Hagener Haus pro Spielzeit 125.000 Zuschauer, in der Spielzeit nach Corona (2022/23) waren es 100.000 Besucher (von der gleichen Zahl wird auch für die noch laufende Saison 2023/24 ausgegangen). Wobei die Auslastungsquote stark schwankt, „bei Musiktheaterproduktionen liegt sie bei erfreulichen 62 Prozent“, sagt Brauers. Bei anderen Produktionen (Schauspiel, Lesungen, Sinfoniekonzerte) ist die Quote hingegen wesentlich niedriger.

Breites Publikum ansprechen

„Wir müssen die Entwicklung der Besucherzahlen im Auge behalten. Die Premiere des bekannten Musicals ,My Fair Lady‘ war restlos ausverkauft, und auch die Folge-Vorstellungen sind gut gebucht“, appelliert Wolfgang Röspel an eine Programmauswahl, die ein breites Publikum anspricht. Der Vorsitzende des Theateraufsichtsrats weiter: „Wir müssen Publikum gewinnen und zurückgewinnen. Wir müssen um Besucher werben.“

Lutz-Motto lautet „Fenster zur Welt“

Dem jungen Theater Lutz, urteilt Röspel, falle dabei eine große Bedeutung zu. Die Aussage kann Anja Schöne nur unterstreichen. Die Lutz-Leiterin berichtete im Rahmen der Spielzeit-Präsentation euphorisch, dass ihre kommende Spielzeit unter dem Motto „Fenster zur Welt“ stehe, „wir bauen eine mobile Bühne und gehen raus zu den Kindern und Jugendlichen“. Außerdem würde es im Lutz um Bewegung gehen, „das etwas verrückte Bewegungstheaterstück ,Freibad oder Shut up and swim!‘ ist dafür ein Paradebeispiel“.

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Was die Zuschauer in der neuen Spielzeit, die mit der Pocket-Gala „Auftakt“ sowie einer Open-Air-Veranstaltung auf dem Elbersgelände am 31. August startet, noch erwartet? Zum Beispiel die Oper „Carmen“ von Bizet und die Operette „Ritter Blaubart“, wie Francis Hüsers aufzählt. Es ist Hüsers letzte Spielzeit in Hagen; im Sommer 2025 verlässt der Intendant das Haus, sein Nachfolger wird Søren Schuhmacher.

Rockshow und Weihnachtsmärchen

In der Sparte Schauspiel wird u.a. „Maria Stuart“ von Schiller geboten, als Rockshow werden „Like a Rolling Stone“ und als Weihnachtsmärchen „Die Bremer Stadtmusikanten“ auf die Bühne gebracht, und große Ballettabende, die Francesco Nappa als Chef-Choreograph betreut, stehen ebenfalls an.

Und Generalmusikdirektor (GMD) Jospeph Trafton (auch er verlässt im Sommer 2025 das Hagener Haus)? Trafton lädt das Publikum nicht nur zu diversen Sinfoniekonzerten in die Stadthalle ein, sondern möchte auch mit Angeboten wie „Classics in Jeans“ und „Musik meets Wissenschaft - Orchester geht in Schulen“ auch junge Leute für Klassik gewinnen.