Hohenlimburg. Hat der gigantische Fund etwas mit der Razzia vor sechs Tagen zu tun? Die Polizei kommt einem Drogenring auf die Spur. Die Hintergründe.
Es ist einer der größten Drogenfunde der vergangenen Jahre in Hagen. In einem stillgelegten Industriegebäude an der Unternahmerstraße in Hohenlimburg ist eine Marihuana-Plantage aufgeflogen, die sich dort über drei Etagen erstreckt und zu der 4000 Pflanzen gehören. Spurensicherer vom Landeskriminalamt rückten am frühen Freitagmorgen in Hohenlimburg an. Neben dem Drogenfund ist ebenfalls klar, dass hier eine gewaltige Menge Energie wohl auf illegalem Wege genutzt wurde um die Plantage zu betreiben. Erst vor sechs Tagen war das Spezialeinsatzkommando (SEK) in Hohenlimburg im Einsatz und hatte einen Drogenhändler festgenommen.
Zivilfahndern war am Freitagmorgen an der Unternahmerstraße aufgefallen, dass da irgendetwas faul ist. Sie bemerkten „ungewöhnliche Vorkommnisse“, wie die Polizei erklärt, an dem stillgelegten Industriegebäude. Es ergaben sich erste Hinweise auf eine mögliche Marihuana-Plantage. Die Hagener Staatsanwaltschaft beantragte einen Durchsuchungsbefehl, der von einer Ermittlungsrichterin erlassen wurde.
Drei Männer festgenommen
Bei dem Zugriff konnten drei Männer (26, 34 und 39 Jahre alt) vorläufig festgenommen werden. In dem Gebäude fanden die Ermittler dann auf mehreren Etagen rund 4000 professionell angebaute Marihuanapflanzen vor. Die Hagener Kripo zog das Landeskriminalamt zur Sicherstellung und Unterstützung hinzu. Bereits am Vormittag wird den Beamten des LKA klar, welche gewaltigen Mengen Energie es gebraucht hat, um die Plantage zu betreiben. Vor Ort ist die Rede von 700.000 Kilowattstunden. Das entspricht dem Stromverbrauch von 350 zweiköpfigen Haushalten. Mit der Energie, die die Plantage frisst kann man also ein kleines Wohnviertel auskömmlich versorgen. Cannabis-Plantagen fressen deshalb so viel Energie, weil die Pflanzen allein 12 bis 18 Stunden täglich einer starken Lichtquelle ausgesetzt sein müssen. Wärme und Entlüftung kommen dazu.
Das neue Cannabisgesetz
Das bald in Kraft tretende Cannabisgesetz regelt künftig den privaten Eigenanbau. Erlaubt sind bis zu drei Cannabis-Pflanzen zum Eigenkonsum sowie der „gemeinschaftliche, nicht-gewerbliche Eigenanbau zum Eigenkonsum in Anbauvereinigungen bzw. Genossenschaften.“ Es gibt eine Begrenzung der Weitergabe von Konsum-Cannabis in Anbauvereinigungen. Die Weitergabe darf nur an Mitglieder erfolgen, verbunden mit einer strikten Pflicht zur Überprüfung der Mitgliedschaft und des Alters. Maximal 25 Gramm pro Tag und 50 Gramm pro Monat. „Nicht-gewerbliche Anbauvereinigungen dürfen nur mit behördlicher Erlaubnis Konsumcannabis gemeinschaftlich unter aktiver Mitwirkung der Mitglieder anbauen und zum Eigenkonsum an Mitglieder weitergeben“, erklärt die Bundesregierung. Der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis ist künftig straffrei.
Plantagen wie jene, die am Freitag in Hohenlimburg aufgespürt wurden, sind illegal und schießen komplett über diesen gesetzlichen Rahmen hinaus. Anfang Februar hatte die Polizei zufällig im Rahmen einer Ruhestörung ebenfalls eine kleinere Cannabis-Plantage in einer Privatwohnung in der Oeger Straße gefunden. Im vergangenen Juli war man in der Ebendstraße in Hohenlimburg auf eine Plantage gestoßen, zu der rund 60 Pflanzen gehörten. Der 51-jährige Betreiber wurde damals festgenommen. Bei einem Feuerwehreinsatz in Eilpe flog im Februar 2022 eine Plantage mit 1250 Pflanzen auf. Der Fund jetzt an der Unternahmerstraße sprengt aber alle bisherigen Dimensionen.
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Zusammenhang zu Razzia?
Ob die Festgenommenen und die große Plantage im Zusammenhang mit der Razzia von vergangener Woche in Hohenlimburg Iserlohn, Nachrodt und Dortmund stehen, das lässt die Polizei offen. „Das ist noch unklar. Die Ermittlungen dauern an“, sagt Polizeipressesprecher Sebastian Hirschberg. Im Mai 2023 schlug die SPD-Fraktion im Hagener Rat vor, dass Hagen Modellkommune für die Abgabe von Cannabis werden solle. Hagen sollte sich im Rahmen der schrittweisen Legalisierung von Cannabis als Modellkommune für die kontrollierte und lizenzierte Abgabe von Marihuana in Fachgeschäften bewerben.
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Gleichzeitig war in Wehringhausen ein viel beachtetes Projekt an den Start gegangen. Zwei junge Gründer hatten dort einen Cannabis-Automaten aufgestellt, den sogenannten „Pablomat“. Er enthielt ausschließlich Hanfprodukte mit dem Wirkstoff CBD. Dabei handelt es sich um Cannabidiol, einen aus der Hanfpflanze gewonnenen Stoff, der keine berauschende Wirkung mit sich bringe und auch nicht abhängig mache, wie die Gründer damals erklärten.
Stadtverwaltung untersagte Automaten
Doch die Stadtverwaltung in Hagen hatte den Verkaufsautomaten in Wehringhausen von Anfang an kritisch gesehen. Aus Sicht des Gesundheitsamtes sei die Symbolwirkung eines mit einem Hanfblatt gestalteten Automaten in einem problembelasteten Stadtviertel äußerst ungünstig und führe zu weiterer Stigmatisierung.Mit der Begründung, dass der Automat auf einer öffentlichen Fläche stehe und es dafür keine Genehmigung gebe, untersagte die Stadt den Jungunternehmern schließlich den weiteren Betrieb.