Hagen. Für die Liebe gab sie ihr Leben in Venezuela auf. Jetzt lebt Militza Franco in Hagen und arbeitet im Waldkindergarten. Ihr Weg zur Einbürgerung:
Militza Francos Geschichte ist eine Liebesgeschichte. Eine Geschichte von der Liebe zur eigenen Heimat, dem Land, in dem sie aufgewachsen ist. Eine Geschichte von der Liebe zu ihrer zweiten, neuen Heimat in Hagen. Und der Liebe zu ihrem Ehemann, ohne den es diese zweite Heimat vermutlich nicht geben würde.
Militza Franco ist jetzt Deutsche, ganz offiziell auf dem Papier. Sie wurde eingebürgert, hält die grüne Urkunde stolz in den Händen. „Aber: Es wäre gelogen, zu sagen, dass das nichts mit der eigenen Identität macht, wenn im Ausweis plötzlich steht, dass man Deutsche ist“, sagt die 38-Jährige. „Die Entscheidung ist mir schwergefallen. Venezolaner sind sehr stolz auf ihre Heimat, und ich habe ebenfalls eine starke Verbindung zu meiner Heimat.“ Diese Verbindung besteht für sie weiter - egal, was auf dem Papier steht. „Priorität hatte es für mich aber, endlich komplett hier angekommen zu sein.“
Ehemann im Austauschjahr kennengelernt
Ja, ihre Geschichte ist - unter anderem - eine Liebesgeschichte. Es ist die Geschichte einer jungen Studentin aus Venezuela, die während ihres Studiums einen Austauschstudenten aus Regensburg kennenlernt - ihren späteren Mann. Auch sie selbst fliegt für ein Austauschjahr nach Regensburg. „Ich wollte dann gerne an der Uni bleiben und dort meinen Abschluss machen. Dafür musste ich mehrere Deutschprüfungen ablegen“, erinnert sich Militza Franco, die Romanistik mit Politikwissenschaften studiert hat. „Nach einem langen Hin und Her nach dem Abschluss haben wir uns irgendwann entschieden, in Deutschland zu bleiben“, erklärt die 38-Jährige.
Einer der Gründe für die Entscheidung: mehr Sicherheit. „Wir wollten uns in Venezuela ein Leben aufbauen, aber die politische Lage war sehr angespannt“, sagt die junge Frau, die 2014 zum ersten Mal Mutter wurde.
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„Das war schwierig, weil ich doch sehr gerne in Venezuela bin, aber ich wusste, dass es so das Beste ist“, sagt Militza Franco, die zunächst in Bayern lebte, dort Spanisch in verschiedenen Institutionen unterrichtete und dann noch einmal studierte: Kindheitspädagogik im Fernstudium. Da sich in Bayern die Jobsuche schwierig gestaltete, kam die Familie nach Hagen. Sieben Jahren sind jetzt her. „Seitdem arbeite ich in der Natur als Pädagogin. Der Job gefällt mir und macht mir Spaß.“
Einbürgerung: Ein langwieriger Prozess
Für sie sei es Voraussetzung gewesen, in der Natur zu arbeiten, „weil ich sehr naturverbunden bin“ - die Natur, die hier anders als in der Heimat ist „Wir wohnen hier in Hagen schön, es gibt hier viel Natur. Dafür bin ich sehr dankbar. Aber in meiner Heimat scheint immer die Sonne - hier ist es oft sehr grau“, sagt Militza Franco und lacht. Und: Die Menschen seien anders unterwegs, „ich habe das Gefühl, in Venezuela sind die Menschen etwas positiver und glücklicher. Hier wird viel gemeckert“.
Militza Franco schmunzelt wieder. Ja, sie liebe ihren neuen Job und ihr neues Leben in Deutschland. „Aber natürlich vermisse ich auch meine Heimat.“ Letztes Jahr sei sie zum ersten Mal nach sieben Jahren wieder Zuhause gewesen. „2017 wurde ich zum zweiten Mal Mutter, dann kamen Corona und andere Dinge, die eine Reise verhinderten. Letztes Jahr konnte ich endlich meine Familie wieder besuchen - das war schön und irgendwie erleichternd“.
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Letztlich traf sie auch erst in Hagen für sich die Entscheidung, dass sie Deutsche werden möchte, so ganz offiziell. „Das hatte auch viel damit zu tun, dass ich gerne hier wählen wollte und nicht die ständige Bürokratie mit meinem Pass haben wollte. Ich wollte hier endgültig ankommen. Natürlich fand ich es sehr schade, dass ich nicht beide Staatsbürgerschaften behalten konnte“, sagt die 38-Jährige.
Auf den Antrag folgten Behördengänge, viel Bürokratie, Wartezeiten, ein Besuch in Frankfurt, bei dem sie ihren venezolanischen Pass abgeben musste und viel Geld aus der eigenen Tasche. Fast anderthalb Jahre dauerte der gesamte Prozess, bis dann der Brief nachhause kam - die Einbürgerungsurkunde. „Aber ich wurde dabei in Hagen gut begleitet.“
Wahlrecht: Mitbestimmen in der neuen Heimat
„Meine Familie in der Heimat hatte für den Schritt Verständnis. Ohne die Gespräche mit meinem Bruder und meiner Mutter hätte ich kein gutes Gefühl gehabt. Sie vertrauen auf meine Entscheidung, und ich weiß, wo meine Familie und Heimat sind.“ Militza Franco lächelt wieder bei der Frage, was für sie „so typisch Deutsch“ sei. „Der Alltag hier. In Venezuela ist es fast verboten, sich zu beschweren oder ständig schlechte Laune zu haben. Ich vermisse manchmal die Gelassenheit der Leute in Venezuela, die auch viele Probleme haben. Wenn man aber im Frühling oder Sommer hier in Deutschland rausgeht - dann wird auch hier das Lebensgefühl ein anderes, und die Leute lachen mehr.“ Ihr Lieblingsessen sei übrigens bayrische Brezel, die es nur in Metten gibt. Und aus Venezuela? „Schwarze Bohnen - aber die kann nur meine Oma richtig gut kochen.“
Mit ihrer Geschichte, sagt Militza Franco, wolle sie auch andere motivieren. „Es ist wichtig, sich mit der Kultur zu beschäftigen und mit der Politik in dem Land, in dem man lebt. Deswegen war es mir auch so wichtig, dass ich hier wählen darf. Vorher habe ich hier gelebt, ohne mitbestimmen zu können.“