Hagen. Nachdem Oberbürgermeister Schulz offenbart hatte, 2025 nicht erneut anzutreten, gibt es aus der Politik viel Respekt, aber auch Kritik.
Mit großem Respekt hat die politische Landschaft in Hagen auf die Entscheidung von Oberbürgermeister Erik O. Schulz reagiert, bei der Kommunalwahl im Herbst 2025 nicht erneut für seine dann dritte Amtszeit antreten zu wollen. Der amtierende Verwaltungschef, der 2014 als Nachfolger von Jörg Dehm von einer Allianz aus CDU, Grünen und FDP ins Amt getragen wurde, hatte sich nicht etwa aufgrund einer Amtsmüdigkeit, sondern vorzugsweise aus einem Baugefühl heraus zu diesem Schritt entschieden: „Bei meinem Ausscheiden im Herbst 2025 werde ich etwa elfeinhalb Jahre im Amt gewesen sein, bei einer erneuten Wiederwahl wären es dann deutlich über 16 Jahre. In meinen Augen eine zu lange Zeitspanne“, argumentierte Schulz. „Deshalb bin ich davon überzeugt, dass es richtig ist, den Staffelstab im kommenden Jahr an meine Nachfolgerin oder an meinen Nachfolger weiterzureichen.“
Das sagt die CDU: „Sein Entschluss nötigt uns jeden menschlichen Respekt ab“, kommentieren der CDU-Kreisvorsitzende Dennis Rehbein und der CDU-Fraktionsvorsitzende Jörg Klepper unisono die Entscheidung des OB. „Die Botschaft hat uns überrascht“, räumt Klepper ein. „Wir haben in den vergangenen neun Jahren vertrauensvoll zusammengearbeitet und respektieren natürlich seine souveräne Entscheidung. Aus meiner Sicht ist es besser, zu dem aus seiner eigenen Sicht richtigen Zeitpunkt einen mutigen Schnitt zu machen, als diesen Punkt aus falscher Rücksicht zu verpassen. Dieser Mut beeindruckt mich nachhaltig. Ich wünsche mir, dass wir auch in den kommenden Monaten bis zur Kommunalwahl ein gutes Miteinander pflegen.“
Rehbein begrüßt zugleich den Zeitpunkt des Signals: „In der Sache bedauern wir die Entscheidung von Erik Schulz. Aber dass er das jetzt tut, gibt uns die Möglichkeit, ein geordnetes Verfahren zur Kandidatensuche zu beginnen.“ Er werde nun nach einer kurzfristig anberaumten Sitzung des Kreisvorstandes unverzüglich in Frage kommende Kandidatinnen und Kandidaten ansprechen und ein transparentes Verfahren einleiten.
Für den Hagener Rat sieht die CDU-Fraktion zunächst keine Folgen: „Wir werden bis zum Ende der Kommunalwahlperiode vertrauensvoll mit dem Oberbürgermeister und der Verwaltung zusammenarbeiten“, so Klepper. „Vor uns liegt ein anspruchsvoller Doppelhaushalt, den wir gerade ausgiebig studieren und bearbeiten. Darauf werden wir uns jetzt konzentrieren. Ihn mit einer qualifizierten Mehrheit zu verabschieden und einen andauernden haushaltslosen Zustand zu vermeiden, ist aus unserer Sicht das Wichtigste, was wir für die Menschen in der Stadt tun können.“
Ähnlich die Reaktion bei den Grünen: „Nach zehn Jahren im Amt aus freien Stücken zu sagen, dass die Demokratie den Wechsel braucht, zeugt von menschlicher Größe und einer festen demokratischen Überzeugung. Dafür habe ich größten Respekt“, ordnet Kreisverbandssprecherin Alexandra Gerull die Personalie ein. Ratsfraktionssprecher Jörg Fritzsche äußert sich derweil überrascht und mit Bedauern: „Wohl kein Hagener Oberbürgermeister vor ihm hatte so eine Fülle von Krisen zu bewältigen. Trotz dieser schwierigen Voraussetzungen ist es uns gelungen, gemeinsam in der Allianz viel Gutes für Hagen zu bewegen. Für diese gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit bedanken wir uns schon jetzt!“ Dass man auch in der verbleibenden Wahlperiode weiterhin im besten Sinne für Hagen zusammenarbeiten werde, steht dabei für die Grünen außer Frage.
Mit Blick auf die Kommunalwahl 2025 betont Alexandra Gerull: „Eine verantwortungsvolle Parteiführung spielt natürlich alle Szenarien durch. Wir haben aber die Variante ,Erik Schulz tritt nicht mehr an‘ als die unwahrscheinlichste zunächst einmal zurückgestellt. Durch die rechtzeitige Bekanntgabe können wir jetzt in Ruhe unseren Vorbereitungsprozess neu ausrichten und die Frage einer OB-Kandidatur anders angehen. Ziel wird es sein, grüne Themen bestmöglich in der Stadtpolitik umzusetzen und wenn nötig, dafür vertrauensvolle und faire Partnerschaften einzugehen.“
Viel Verständnis auch bei der FDP: „Ich kann die Beweggründe von Erik O. Schulz schon verstehen, dass er nicht etwa wie bei Kohl und Merkel erst abtreten möchte, wenn es alle längst herbeisehnen“, meint der liberale Kreisvorsitzende Lars Peter Hegenberg. „Zu gehen, wenn die Leute einen nicht mehr sehen wollen, ist unschön“, betrachtet der FDP-Frontmann den 58-Jährigen eher als einen guten Oberstadtdirektor als einen politisch denkenden OB. „Aufgrund der guten Zusammenarbeit stellen wir die Allianz nicht in Frage – übrigens auch über 2025 hinaus. Denn wir haben längst noch nicht alles umgesetzt, was auch der Verwaltungsträgheit geschuldet ist.“ Hegenberg kündigt an, dass die FDP mit einer eigenen Kandidatur in den Kommunalwahlkampf ziehen werde, um das liberale Profil zu schärfen und den Fraktionsstatus zurückzugewinnen. Er möchte das Thema bereits beim Kreisparteitag im März auf der Tagesordnung platzieren.
Eher schmallippig geben sich derweil die Sozialdemokraten: „Auch wenn wir als SPD in Hagen mit Kritik auf die bisherige Amtszeit von Erik O. Schulz schauen müssen, so zollen wir seiner persönlichen Entscheidung hohen Respekt“, geben Parteichef Timo Schisanowski und SPD-Fraktionschef Claus Rudel auf Anfrage zu Protokoll.
Überrascht von der Schulz-Erklärung zeigt sich ebenfalls die Wählergemeinschaft Hagen Aktiv: „Aus menschlicher Sicht kann es zunächst nur heißen: Hut ab vor diesem mutigen Schritt und vor so großer persönlicher Souveränität von Herrn Schulz“, so der Hagen-Aktiv-Vorsitzende Josef Bücker, zugleich Fraktionsgeschäftsführer. „Aus kommunalpolitischer Sicht kommt seine Ankündigung jedoch sehr überraschend und in meinen Augen einige Monate zu früh, zumal wir mit dem anstehenden Doppelhaushalt gerade eine anspruchsvolle Herausforderung vor der Brust haben, die die volle Aufmerksamkeit aller Akteure in Rat und Verwaltung fordert.“
Noch deutlich kritischer blickt die Fraktion aus Bürger für Hohenlimburg/Die Partei auf das Wirken von Schulz: „Herr Schulz ist ein vorzeigbarer, eloquenter Repräsentant für die Stadt Hagen“, gesteht Fraktionssprecher Frank Schmidt ihm zwar zu. „Zum Taktgeber für die Gestaltung der Zukunft fehlen ihm jedoch eine eigene politische Agenda, auf Grund seiner Parteilosigkeit auch eine Hausmacht, diese umzusetzen, und nicht zuletzt der Mut, im Verbund mit anderen hoffnungslos verschuldeten Städten schärfere Waffen im Kampf für einen Schuldenschnitt einzusetzen als fruchtlose Appelle und butterweiche Resolutionen. Infolgedessen hat sich Schulz ein Jahrzehnt lang widerstandslos der Macht eines Stadtkämmerers gebeugt, der mit seinem Spardiktat der Stadt Hagen jegliche Entwicklungsperspektiven nimmt und sie in eine nicht enden wollende Abwärtsspirale treibt“, so die Bilanz der Fraktionsgemeinschaft. Daher seien die Schulz-Jahre für Hagen verlorene Jahre, was jedoch nicht nur der Oberbürgermeister, sondern auch eine erschreckend gestaltungsunfähige Allianz zu verantworten habe.
Eine Betrachtungsweise, die sich unweit der Einordnung des Unternehmerrates Hagen bewegt: „Wir begrüßen die Entscheidung von Oberbürgermeister Erik O. Schulz, die Parteien und Bürger frühzeitig über seine Nicht-Kandidatur zu informieren“, betont Initiator Winfried Bahn. „Damit haben die Fraktionen genug Zeit, Kandidaten für die Kommunalwahl 2025 aufzustellen. Die Entscheidung des OB, nicht zur Wiederwahl anzutreten, ist nachvollziehbar. Eine Amtszeit sollte ohnehin auf zwei Wahlperioden begrenzt sein, damit keine Berufspolitik entsteht. Für Hagen ergeben sich durch die Entscheidung neue Chancen und neue Dynamik, die wir in dieser Stadt dringend brauchen“, hofft das von der Wirtschaft getragene Bündnis, dass es in den verbleibenden 20 Monaten seiner Amtszeit nicht zum Entscheidungsstau bei Stadtspitze und Politik komme.
Derweil richten sich bei den Debatten zu einer Nachfolge viele Blicke bereits auf den engen Schulz-Vertrauten und Ersten Beigeordneten Christoph Gerbersmann. Der Kämmerer hatte sich bereits 2004 für die CDU um das Oberbürgermeister-Amt bemüht und war letztlich nur knapp in der Stichwahl gegen SPD-Konkurrent Peter Demnitz (48,9:51,1 Prozent) unterlegen. Würde der 58-Jährige im kommenden Jahr wohl ein zweites Mal kandidieren? Auf Anfrage der Stadtredaktion wollte sich der Finanzdezernent zu dieser Frage aktuell nicht äußern. Doch aus seinem direkten Umfeld gibt es ausschließlich Signale, dass er eine erneute Kandidatur ausschließt.