Hohenlimburg. Der Hohenlimburger Uli Ohm zückte ein Messer aus dem Handschuhfach, um sich zu verteidigen. Die Staatsanwaltschaft hat nun entschieden.

Es war Notwehr. Einer der Aufsehen erregendsten Fälle der vergangenen Zeit wird von der Hagener Staatsanwaltschaft zu den Akten gelegt und eingestellt. Dass der 74-jährige Uli Ohm, den viele Menschen aus der Hohenlimburger Kulturszene kennen, sich am 13. Februar mit einem Opinel-Taschenmesser gegen einen Lkw-Fahrer wehrte, der auf ihn einschlug, während Ohm im Auto saß, war juristisch gesehen erforderlich.

Der 13. Februar war ein Montagmorgen und Uli Ohm fuhr im Lennetal die Hammacher Straße aus Richtung der früheren Dolomit-Werke entlang in Richtung Hohenlimburger Straße. Auf der Straße, die Tempo 50 vorgibt, habe er sich daran gehalten und sei auch nicht schneller gefahren, berichtete er schon im Februar der WP. „Hinter mir war dann ein Lastwagen, der fuhr bewusst dicht auf“, berichtet Ohm. „Ich habe dann die Scheibe runter gemacht und ihm den Stinkefinger gezeigt.“

Situation eskaliert

Am Ende der Straße, wo sich die Hammacher Straße mit der Hohenlimburger Straße kreuzt, sollte die Situation dann eskalieren. Ohm bremste vor dem Stopp-Schild, wie er sagt. Er habe dann noch mal durch das Fenster nach hinten rufen wollen, was das sollte, „aber da stand er schon an meinem Auto.“

Ziemlich ramponiert war Uli Ohm nach der Attacke durch den Lkw-Fahrer
Ziemlich ramponiert war Uli Ohm nach der Attacke durch den Lkw-Fahrer © Archiv

„Da musst du dich erstmal sammeln“

Der LKW-Fahrer, ein 63-Jähriger, war aus seiner Fahrerkabine gestiegen, trat an das stehende Auto vor ihm und schlug Ohm durch das geöffnete Seitenfenster. „Er schlug mir ins Gesicht“, sagt Ohm, der nach eigener Aussage bisher noch keine Schlägerei gehabt habe. „In dem Moment bist du impulsiv und denkst nicht rational.“

Dem Angriff aus dem Seitenfenster ausgesetzt, habe er ins Handschuhfach gegriffen, sein Opinel-Taschenmesser hervorgeholt, das dort verstaut lag, und in Richtung des Lkw-Fahrers ausgeholt, um sich irgendwie zu verteidigen. Ob er ihn getroffen hat, das habe er nicht gesehen, sagt Ohm. „Wenn du unvorhersehbar einen auf die Zwölf kriegst, dann musst du dich erstmal sammeln.“ Er habe die Autotür geöffnet, trat vor den Wagen, der Angreifer kehrte in die Kabine zurück.

Er hatte ihn getroffen und auch verletzt. Bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ging es zunächst um gefährliche Körperverletzung. Bis der Fall nun eingestellt wurde, weil dei Staatsanwaltschaft dem Notwehr-Gedanken folgen kann.

Gegen den Lkw-Fahrer wurde der Erlass eines Strafbefehls beantragt. Vereinfacht gesagt handelt sich hierbei um ein schriftliches Verfahren ohne öffentliche Hauptverhandlung, das bei Geldstrafen und Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr durchaus üblich ist. Da laut Staatsanwaltschaft Einspruch eingelegt wurde, hat das Amtsgericht Hagen einen Termin zur Hauptverhandlung auf den 17. Januar 2024 bestimmt (Az.: 186 Cs 69/23).

Immer noch sauer auf Lkw-Fahrer

Im Strafgesetzbuch wird der Begriff „Notwehr“ folgendermaßen definiert: „Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig. Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.“ Das hat Uli Ohm laut Staatsanwaltschaft getan.

Sein Opinel-Taschenmesser, mit dem er eigentlich Obst schäle, habe er weiter dabei. Und ein komisches Gefühl vor der Verhandlung gegen den Lkw-Fahrer, wo er als Zeuge geladen ist, habe er auch nicht. „Ich bin immer noch sauer auf den. Mich so von hinten im Auto anzugreifen, das geht gar nicht.“ Er sei eigentlich ein Mensch, der sich zu wehren wisse, aber hier sei er wehrlos gewesen.