Hohenlimburg. An der Donnerkuhle eskaliert ein Streit: Ein Lkw-Fahrer schlägt Uli Ohm im Auto. Der zückt zum Schutz ein Messer. Nun ermittelt die Polizei:

Der Name Uli Ohm ist seit vielen Jahren mit dem Werkhof Kulturzentrum verknüpft. Am Montag allerdings kam es zu einem Streit mit einem Lastwagenfahrer, an dessen Ende der 74-Jährige ein Messer gezückt hat, um sich zu verteidigen. Aus Notwehr, wie er sagt.

Polizei ermittelt

Der Lastwagenfahrer, ein 63-Jähriger, hatte ihn zuvor geschlagen. Gegen den Fahrer ermittelt die Polizei nun wegen einfacher Körperverletzung. Weil Uli Ohm ein Messer benutzte, um sich zu verteidigen, wird gegen ihn wegen schwerer Körperverletzung ermittelt. Beide wurden später im Krankenhaus behandelt. Der Lastwagenfahrer blieb zur Beobachtung über Nacht im Krankenhaus, teilte die Polizei am Dienstag auf Anfrage mit. Ihm gehe es soweit gut, das Messer habe ihn nicht schwer verletzt.

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Lkw fährt dicht auf

Was war passiert? Am Montagmorgen fährt der Hohenlimburger Uli Ohm im Lennetal die Hammacher Straße aus Richtung der früheren Dolomit-Werke entlang in Richtung Hohenlimburger Straße. Auf der Straße, die Tempo 50 vorgibt, habe er sich daran gehalten und sei auch nicht schneller gefahren, berichtet er. „Hinter mir war dann ein Lastwagen, der fuhr bewusst dicht auf“, berichtet Ohm. „Ich habe dann die Scheibe runter gemacht und ihm den Stinkefinger gezeigt.“ Am Ende der Straße, wo sich die Hammacher Straße mit der Hohenlimburger Straße kreuzt, sollte die Situation dann eskalieren. Ohm bremste vor dem Stopp-Schild, wie er sagt. Er habe dann nochmal durch das Fenster nach hinten rufen wollen, was das sollte, „aber da stand er schon an meinem Auto.“

Der Hohenlimburger Uli Ohm wird von der Polizei vernommen. Zuvor hatte ihn ein Lastwagenfahrer geschlagen und er hatte den Angriff mit einem Messer erwidert. Die beiden Betroffenen – 63 und 74 Jahre alt – wurden im Krankenhaus behandelt..
Der Hohenlimburger Uli Ohm wird von der Polizei vernommen. Zuvor hatte ihn ein Lastwagenfahrer geschlagen und er hatte den Angriff mit einem Messer erwidert. Die beiden Betroffenen – 63 und 74 Jahre alt – wurden im Krankenhaus behandelt.. © Heinz-Werner Schroth

Schlag durch Seitenfenster

Der LKW-Fahrer, ein 63-Jähriger, war aus seiner Fahrerkabine gestiegen, trat an das stehende Auto vor ihm und schlug Ohm durch das geöffnete Seitenfenster. „Er schlug mir ins Gesicht“, sagt Ohm, der nach eigener Aussage bisher noch keine Schlägerei gehabt habe. „In dem Moment bist du impulsiv und denkst nicht rational.“

Dem Angriff aus dem Seitenfenster ausgesetzt, habe er ins Handschuhfach gegriffen, sein Opinel-Taschenmesser hervorgeholt, das dort verstaut lag, und in Richtung des Lkw-Fahrers ausgeholt, um sich irgendwie zu verteidigen. Ob er ihn getroffen hat, das habe er nicht gesehen, sagt Ohm. „Wenn du unvorhersehbar einen auf die Zwölf kriegst, dann musst du dich erstmal sammeln.“ Er habe die Autotür geöffnet, trat vor den Wagen, der Angreifer kehrte in die Kabine zurück.

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In einer ersten Pressemitteilung zu dem Vorfall von Montagmittag schreibt die Polizei, dass noch unklar sei, wieso der Lkw-Fahrer aus seiner Kabine an das vor ihm stehende Auto trat und ob dem eine Provokation vorangegangen war. Klar sei aber laut Polizei: Der 63-Jährige schlug Ohm durch das geöffnete Seitenfenster und der verletzte seinerseits den Mann mit einem Messer.

Ein Anwohner, der die Situation beobachtet hatte, kam von der anderen Straßenseite hinzu. Er schilderte später gegenüber dieser Zeitung, er habe mehrere Schläge auf den im Auto sitzenden Ohm beobachtet. Der wiederum setzte später seine Fahrt fort. „Ich dachte, es wäre vorbei.“

Lkw-Fahrer ruft Polizei

Der Lkw-Fahrer rief vor Ort die Polizei, die wenig später mit mehreren Wagen und Rettungsfahrzeug anrückte. So kehrte Ohm später wieder an den Ort des Geschehens zurück. Der Lkw-Fahrer wurde bei der Auseinandersetzung mit dem Messer verletzt und kam mit einem Krankenwagen ins Krankenhaus. Lebensgefahr bestehe nicht, so die Polizei in der ersten Mitteilung zu dem Fall. Die Hagener Kripo hat die Ermittlungen wegen gefährlicher Körperverletzung aufgenommen. Ohm wurde später ebenfalls im Krankenhaus behandelt, war unter anderem am Auge und der Nase verletzt.

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Nach erstem Verhör in der Polizeiwache am Montag kündigte er an, sich nun mit seinem Rechtsanwalt zu besprechen. „Ich werde auf Notwehr plädieren“, sagt Ohm im Gespräch per Telefon, während er an einer Bushaltestelle wartet. Sein Auto wurde beschlagnahmt, so der 74-Jährige weiter. Es sei das erste Mal, dass ihm so eine Situation passiert ist.

Äpfel geschnitten

Bleibt die Frage, warum er ein Opinel-Taschenmesser im Handschuhfach liegen hatte? „Das Messer habe ich seit Jahren in allen Autos liegen, die ich hatte.“ Denn gerade auf längeren Strecken mit dem Auto komme es vor, dass er damit etwa auf Rast mal Äpfel und andere Lebensmittel schneidet.

Der Anwohner, der den Streit auf der Straße beobachtet hatte, kündigte an, Anzeige gegen den Lkw-Fahrer zu stellen. Der habe ihn vor Ort noch bedroht. Die Redaktion hat am Montagnachmittag auch versucht, den Lastwagenfahrer zu erreichen. Dessen Spedition war gestern zu einer Stellungnahme jedoch nicht in der Lage.

Im Strafgesetzbuch Paragraf 32 wird der Begriff „Notwehr“ folgendermaßen definiert: „Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig. Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.“

War es Notwehr?

Ein Angriff mit Fäusten durch das Autofenster wird mit einem Messer abgewehrt – ist das Notwehr? Eindeutig sei der Fall nicht, wertet Rechtsanwalt Ralph Giebeler nach einer ersten Schilderung des Vorfalls mit Kentnissstand von gestern Nachmittag. Notwehr müsse erforderlich und verhältnismäßig sein. „Es ist immer ein Problem, wenn jemand mit den Fäusten auf einen anderen Menschen eindrischt und der Gegenüber hat eine Waffe“, sagt Giebeler. „Hätte der Autofahrer wegfahren können? Hätte er das Autofenster schließen können, um sich zu schützen? Es ist nicht eindeutig.“