Hohenlimburg. 40 Millionen Euro hat Thyssenkrupp in den Umbau des Federnwerks Hohenlimburg gesteckt. Zeitgleich laufen Gespräche über den Verkauf des Segments:

Die neuen Mitarbeiter im Federnwerk von Thyssenkrupp in Hohenlimburg-Oege sind schweigsam, aber fallen auf: Die Rede ist von hydraulischen Roboterarmen, die Feder für Feder an einzelne Haken hängen auf ihrem Weg durch die Fertigung. „Automatisierung“ lautet das Stichwort. Einer von vielen Bausteinen eines Plans, der die Produktion am Standort Hohenlimburg zukunftssicher machen soll. Und damit die Arbeitsplätze von rund 400 Menschen.

Zeitgleich verhandelt der Mutterkonzern über einen Verkauf der gesamten Konzernsparte.

Umfassend modernisiert

Das in die Jahre gekommene Werk an der Oeger Straße ist seit 2020 an vielen Stellen modernisiert worden. Rund 40 Millionen Euro hat Thyssenkrupp hierfür investiert, beziffert Tim Ellringmann, Finanzchef der Sparte Springs & Stabilizers im Unternehmen. Etwa 25 Millionen Euro flossen in die Fertigung und 15 Millionen Euro in das Gebäude, etwa die Dächer und Fassaden. Zu den größten Neuanschaffungen in der Fertigung zählt neben Industrierobotern auch eine moderne Lackierungsanlage.

Zu den Millionen-Investitionen gehörten auch neue Industrieroboter – hier zu sehen im neuen Competence Center.
Zu den Millionen-Investitionen gehörten auch neue Industrieroboter – hier zu sehen im neuen Competence Center. © Marcel Krombusch

Neues Innovationszentrum

Noch im Aufbau befindet sich das neue „Competence Center“, wo Produkte entwickelt sowie Prototypen getestet werden sollen. Eine Art Innovationswerkstatt, die auch neue Kunden außerhalb des Pkw-Sektors abholen will. „Wir haben im Kundenportfolio neben klassischen Autoherstellern auch immer mehr Hersteller von Bremsen“, beschreibt Martin Schmidt das Ziel, langfristig unabhängiger vom aktuell schwächelnden Automarkt zu werden.

Start bis Jahresende

Auch Kleinserien gehören zur Palette, mit Federn ebenso für Rennwagen und Motorräder wie für Geländewagen und gepanzerte Fahrzeuge. Bis Ende dieses Jahres soll das Competence Center an den Start gehen, sagt Marius Adam, Leiter des Innovationszentrums.

Bekenntnis zum Standort

Produkte entwickeln und weiterentwickeln, neue Kunden ansprechen und das Kerngeschäft in der Fertigung von Federn- und Stabilisatoren effizienter gestalten – so wollen sie auch in der Zukunft wettbewerbsfähig bleiben an der Oeger Straße. Mit dem Umbau des Werkes sei man einen großen Schritt in diese Richtung gegangen, unterstreicht die Geschäftsführung und hebt dabei auch die Bedeutung des Standortes für die internationale Fertigung hervor. „Hagen“, sagt Finanzchef Tim Ellringmann, „ist unser weltweiter Dreh- und Angelpunkt.“

Rund fünf Millionen Federn für die Automobilindustrie werden pro Jahr in dem Werk von Thyssenkrupp in Hohenlimburg gefertigt.
Rund fünf Millionen Federn für die Automobilindustrie werden pro Jahr in dem Werk von Thyssenkrupp in Hohenlimburg gefertigt. © WP Hagen | Marcel Krombusch

Hauptzentrale in Oege

Schließlich liegt an der Oeger Straße die Hauptzentrale des Bereichs Federn und Stabilisatoren von Thyssenkrupp, die neun Werke in Europa, Nord- und Südamerika und China umfasst. Jedes achte Auto weltweit fährt mit Federn aus diesen Fertigungsstätten, so das Unternehmen, womit man zu den fünf größten Produzenten für Automobilfedern gehöre. Ein Zukunftsprodukt, auch in Zeiten aufkommender Elektromobilität, da sind sie sicher. Schließlich ändert sich bei den Fahrwerken wenig.

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Stellen abgebaut

Ein Geschäftsbereich, der aber in der Vergangenheit auch hohe Verluste einfuhr und deshalb vor vier Jahren von Thyssenkrupp auf den Prüfstand gestellt wurde. In der Folge fielen rund 500 Stellen im Automobilbereich des Konzerns weg, davon 160 Stellen in Hohenlimburg. Das Federnwerk in Olpe wurde geschlossen und die gesamte Konzernsparte in das Segment „Multi Tracks“ ausgelagert. Längst sucht Thyssenkrupp nach einem Käufer für die Sparte Federn und Stabilisatoren.

Millionen-Invest in Federnwerk Oege Thyssenkrupp - Die Fertigung ist nach dem Umbau nun weiter automatisiert. Neben Industrierobotern gibt es eine neue Lackierungsanlage
Millionen-Invest in Federnwerk Oege Thyssenkrupp - Die Fertigung ist nach dem Umbau nun weiter automatisiert. Neben Industrierobotern gibt es eine neue Lackierungsanlage © WP Hagen | Marcel Krombusch

Investitionsstau im Werk

Zu dem sozialverträglichen Abbau der 500 Stellen gehörten im gleichen Atemzug die hohen Investitionen in den Standort an der Oeger Straße samt Umbau hin zu einer stärker automatisierten Produktion. Wurde der Investitionsstau, der zuvor über Jahre in dem Werk herrschte, nun überwunden? „Wir haben große Fortschritte gemacht“, sagt Ellringmann. „Nichtsdestotrotz brauchen wir Investitionen, und das ist auch eine Herausforderung innerhalb von Thyssenkrupp“, blickt er auf die schwierige Gesamtlage des Konzerns.

Betriebsrat: Mehr Investitionen nötig

Die Investitionen in das Federnwerk seien bitter nötig und richtig gewesen, unterstreicht auch Murat Gülac, Vorstand des Betriebsrates. Ein Großteil des Geldes sei jedoch in die Fehler der Vergangenheit geflossen. So warte man etwa weiter auf neue Wickel- und Ziehanlagen in der Fertigung. „Um richtig durchstarten zu können, braucht es größere Investitionen.“

Zudem hätten durch den Sozialplan viele qualifizierte Mitarbeiter den Betrieb verlassen. Knowhow, das man bisher noch nicht in Gänze habe ersetzen können.

Verkauf der Konzernsparte läuft

Unter welcher Führung es künftig für das Federnwerk an der Oeger Straße weitergeht, ist derweil ungewiss. Man befinde sich mit Interessenten im Gespräch, heißt es auf Anfrage bei Thyssenkrupp. „Wann genau diese abgeschlossen sein werden, können wir momentan leider nicht beantworten“, so Konzernsprecherin Evelin Veit. Die gesamte Automobilindustrie befinde sich in einem sehr schwierigen Umfeld für Fusionen und Übernahmen.

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IG Metall eingebunden

Sollte es zum Verkauf der Konzernsparte „Federn und Stabilisatoren“ und damit auch des Werks in Oege kommen, werde man sich nicht grundsätzlich verschließen, sagt Betriebsrat Murat Gülac: „Letztlich geht es hier um eine Perspektive und die Existenz.“ Man werde sich aber nicht „auf die Schlachtbank“ führen lassen: „Wenn wir merken, dass es in die falsche Richtung geht, bringen wir uns mit der IG Metall deutlich ein.“

Zustimmung von Jens Mütze: „Wir sind in den Verkaufsprozess mit eingebunden“, so der Hagener IG-Metall-Chef, „und wenn es so weit ist und wir mitgestalten können, werden wir das auch tun.“