Altenhagen. Dass Hagen gegen die Tauben-Plage kämpft, ist bekannt. Dieses Beispiel in Hagen zeigt, wie schnell das eigene Haus befallen sein kann.
Dass die Stadt in Zusammenarbeit mit Tierschützern weitere Standorte für Taubenhäuser in Hagen ausfindig machen möchte, hat diese Zeitung im Mai zuletzt öffentlich gemacht. Die hohe Population der Tauben in Hagen bereitet große Sorgen. Vor zwei Jahren war noch von 3000 Tieren stadtweit die Rede.
Während die Standortsuche läuft, hat die hohe Population nicht nur Auswirkungen auf zentrale Plätze in der Innenstadt, sondern auch auf Wohnviertel. In der Alleestraße ist das Dachgeschoss eines Hauses deswegen aktuell unbewohnbar. Und einen Kammerjäger darf der Hausbesitzer nicht zu Hilfe holen. Abwarten ist angesagt.
Marc Bassler reagiert offen auf die Anfrage der Redaktion. Schließlich könne ein derartiger Befall jedem passieren. „Das fing Ende letzten Jahres an“, erklärt der Geschäftsführer des Unternehmens UPM Grundbesitz, das Eigentümer des Mehrfamilienhauses in der Alleestraße ist. „Eine Mieterin hat mich damals informiert, dass sich oben im Dach eine Taubenkolonie ausgebreitet hat.“
Offenes Fenster wie eine Einladung
Ein Fenster war offen geblieben, was wie eine Einladung an die Tiere gewirkt haben muss. Binnen kürzester Zeit hatten Dutzende Tauben das bis dato leerstehende Dachgeschoss eingenommen, dort ihre Eier gelegt und auf Balken und auf Fußböden so viel Kot hinterlassen, dass er fingerdick den Boden bedeckt. „Ich habe dann einen Kammerjäger gerufen“, erinnert sich Marc Bassler, dass er dachte, das Problem schnell beseitigen zu können. Doch der hob die Hände. Man könne nichts machen. Es sei Brutzeit.
Nun dauert die Brutzeit der geläufigen Stadttaube nur 17 bis 18 Tage. Nach weiteren 25 Tagen Aufzucht durch die Eltern verlassen die Jungtauben das Nest. Da aber mehrere Bruten im Jahr vorkommen, ist es nicht ohne Weiteres möglich, einen Kammerjäger einfach nach einer Brut kommen zu lassen. „Ich habe mich dann an die Hagener Tiernothilfe gewandt“, sagt Marc Bassler. Und von dort erhält er seither auch Hilfe. Es ist aber immens viel Geduld gefragt.
Tiere vor Ort groß kriegen
„Das Ziel ist, die Tiere vor Ort groß zu kriegen, damit sie letztendlich den Dachboden verlassen können, lebend und gesund, wenn auch nicht ganz freiwillig“, sagt Michael Geisler, der für die Tiernothilfe in dem befallenen Haus im Einsatz ist.
Als Geisler anrückte, fand er noch 30 bis 40 Tauben im Dach vor, etwa zehn verendete Tiere und eine schwer verletzte Taube, dazu unzählige Gelege am Boden und noch mehr in bis dato nicht gezählten Nestern. Was für Hausbesitzer große Schwierigkeiten macht, ist aus Sicht der Tierschützer ebenfalls ein Problem. Denn wie sich die Situation für die Tauben im Dachboden entwickele, sei für die Tiere alles andere als förderlich.
Seither tauscht Michael Geisler mit großer Geduld Eier. Echte Taubeneier gegen Gipseier, um so die Population allmählich einzudämmen. Geisler lobt den Langmut des Hausbesitzers, dass die Tiernothelfer hier ihre Arbeit machen dürfen. „Wir haben einen Schlüssel bekommen und können uns in Ruhe um die Tauben kümmern. Wir werden das in den Griff kriegen, aber es braucht Zeit.“ Besitzerinteressen und Tierschutz scheinen hier harmonisiert werden zu können – trotz Taubenplage.
Stadtbaurat Keune hatte schon im Mai erklärt, dass ein Großteil der Stadttauben in privaten Dächern, Nischen oder auf nicht genutzten Balkonen brüten würde. Allein auf 400 bis 800 Tauben schätzt die Verwaltung die Population, die sich im Bereich des einstigen Arbeitsamt-Turms breit gemacht hat. In dessen Schatten gibt es zwar ein Taubenhaus, in dem sich Ehrenamtliche um den Tausch der Eier kümmern. Allerdings ist das an dieser Stelle nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Lediglich 30 Tiere finden in dem kleinen Turm Unterschlupf.