Hagen. Der 37. Muschelsalat-Sommer in Hagen ist Geschichte. Wie es ab 2024 mit dem beliebten Sommerkulturprogramm zum Nulltarif weiter gehen soll.
Das klingt sympathisch: „Wir waren ein gutes Team und haben uns top ergänzt“, sagen Astrid Jakobs und Heike Wahnbaeck mit einer Stimme. Und die Besucherzahlen sprechen die gleiche Sprache: Weit mehr als 50.000 Zuschauer pilgerten in den vergangenen zehn Jahren zu Muschelsalat-Abenden.
Zwei Frauen mit viel Engagement
Nicht nur, aber sicherlich auch, da die beiden Frauen mit viel Engagement, Spaß an der Arbeit und einem guten Näschen für Open-Air-Kultur-Events an die Sache herangegangen sind. Astrid Jakobs und Heike Wahnbaeck haben ein Jahrzehnt die Sommerkulturreihe Muschelsalat (in den ersten Jahren noch gemeinsam mit Musikerin Maren Lueg) organisiert.
Fotostrecke- Muschelsalat im Hameckepark
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Aber am Mittwoch, 2. August, war Schluss. Astrid Jakobs, Leiterin des Kulturbüros, geht demnächst in den Ruhestand, und auch Heike Wahnbaeck, Grafik-Designerin und freie Mitarbeiterin im Kulturbüro Hagen, möchte den Muschelsalat künftig nicht mehr (mit-)organisieren.
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In die Fußstapfen der beiden Frauen tritt Mona Wellpott; die junge Mitarbeiterin im Kulturbüro hat künftig in puncto Sommerkulturprogramm „den Hut auf“.
Zweigeteiltes Programm im Hameckepark
Und wie war der letzte Jakobs/Wahnbaeck-Muschelsalat-Abend am Mittwoch, 2. August? Gelungen – für die Organisatorinnen wie auch für die Zuschauer, die sich auf den Weg in den Hameckepark zwischen Boelerheide und Altenhagen gemacht hatten.
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Das zweigeteilte Programm startete mit der Luftartistin Jana Korb aus Berlin und ihrem „narrativen Zirkus“. Mit ihrem artistischen Theater auf dem Boden (hier warf die Künstlerin Ballast in Form von Steinen ab) und in luftiger Höhe sowie dem Thema „Der Körper hat zu funktionieren“ animierte die Künstlerin das Publikum zum Nachdenken.
Bewegliche Kugel zieht Blicke auf sich
Highlight des Abends war zweifelsohne das bekannte „Theater Titanick“, das schon mehrfach zu Gast in Hagen war und auch in seiner aktuellen Performance den Zeitgeist aufgreift.
Die sieben Meter hohe, in sämtliche Richtungen bewegliche Kugel, auf die Projektionen geworfen wurden, mutierte zur Bühne, auf der das Trio, das in Münster und Leipzig ansässig ist und weltweit auftritt, wankte, taumelte und nach Halt suchte. In „Upside Down“ (verkehrt herum) ging es um Orientierungslosigkeit innerhalb unserer Gesellschaft und um den Wunsch nach Gleichgewicht/ Ausgeglichenheit. Eine spannende „Die Welt steht Kopf“-Produktion.
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Hunderte von Open-Air-Freunden hatten sich vom durchwachsenen Wetter nicht abhalten lassen, in den Hameckepark zu kommen. Regencapes, Regenschirme (und zwischendurch auch ein Regenbogen) bestimmten das Bild. Allerdings verließen auch zahlreiche Zuschauer aufgrund der teils heftigen Regenschauer den Park nach einer Stunde und „gaben auf“.
Und Astrid Jakobs und Heike Wahnbaeck? Die blicken mit Freude und auch ein wenig Stolz auf die zurückliegenden zehn Jahre: „Wir haben den ,Job Muschelsalat‘ von Andrea Honickel, die das Event viele Jahre organisiert hat, übernommen.
Die beiden schönsten Events waren jene, die einen engen Hagen-Bezug hatten“, unterstreicht Astrid Jakobs und spielt damit zum einen auf die Veranstaltung im Emster Park im Jahr 2014 an, bei der auf der Fassade der Turnhalle Projektionen zum Thema „Hagens Musikszene in den 1970er und 80er Jahren: Komm nach Hagen, werde Popstar, mach Dein Glück“ präsentiert wurden, zum anderen auf die Eigenproduktion mit Projektionen zum Thema „100 Jahre Bauhaus“, die 2019 im Garten des Hohenhofs gezeigt wurde.
Mit Herzblut dabei
Heike Wahnbaeck nickt: „Es ist schon etwas anderes, ob man eine Produktion bei einer Künstleragentur bucht oder etwas selbst produziert und dem Publikum präsentiert. Da ist man mit Herzblut dabei.“
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Die erste Veranstaltung, die das Orga-Team 2014 zu verantworten hatte, ging – allerdings unverschuldet – völlig in die Hose. „Damals sollte spektakuläres Vertikal-Tanztheater am Gebäude des späteren Steakhauses Hohoffs 800 Grad auf dem Elbersgelände stattfinden. Eineinhalb Tage vorher starteten schon Aufbau, Ausleuchten und Proben, dann mussten wir den kompletten Abend jedoch abblasen, da es aus allen Schleusen schüttete und fürchterlich stürmte“, erinnert sich Heike Wahnbaeck an damals nur ungern zurück, „seitdem wussten wir allerdings, wie risikoreich und nervenaufreibend Open-Airs sind“.
Unschöne Gedanken kommen auch hoch, wenn die beiden Frauen an den 14. Juli 2021 zurückdenken, „am Abend, als Hagen vom Hochwasser geflutet wurde, hätte eigentlich auch ein Muschelsalat-Event stattfinden sollen, doch die Veranstaltung wurde aufgrund des Starkregens im Vorfeld abgesagt.“
Viele Stammgäste
Viel lieber sprechen die Macherinnen jedoch über die unzähligen Abende mit tollen Künstlern und Musikern sowie einem entspannten Publikum, zu dem viele Stammgäste des „mittwochs, umsonst und draußen“-Events zählen. „Nach dem Muschelsalat ist vor dem Muschelsalat“ sagen Jakobs und Wahnbaeck. Heißt: Schon im Herbst findet die Messe „Performance“ im Barockgarten von Schloss Neuhaus in Paderborn statt und Ende Januar die Kulturbörse in Freiburg. Beides sind gute Adressen, um neue, kreative Straßentheatergruppen und aktuelle Produktionen kennenzulernen.
„Wohlgemerkt: Wir sind künftig ,nur‘ noch Gäste beim Muschelsalat, jetzt können mal andere ran. Aber es ist ohne Zweifel ein spannender Job“, beteuern die scheidenden Planerinnen.
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Der Muschelsalat wird seit 37 Jahren im Sommer in Hagen veranstaltet.
Allein in diesem Jahr sind ca. 6000 Zuschauer zu den insgesamt sieben Muschelsalat-Abenden (vier Artistikdarbietungen bzw. Straßentheaterproduktionen und drei Weltmusik-Konzerte) geströmt.
Auch in diesem Jahr wurde die Kulturreihe wieder von dem engagierten Verein „Muschelsalatretter“ sowie von etlichen weiteren Sponsoren unterstützt.
Astrid Jakobs ist noch bis Ende August im Kulturbüro anzutreffen. Auf Nachfrage unserer Zeitung bestätigt Stadtsprecher Michael Kaub, dass die Stelle „Leiterin/ Leiter des Kulturbüros“ ausgeschrieben sei, eine Nachfolgerin bzw. ein Nachfolger sei aber noch nicht bekannt. In Kürze werden Bewerbungsgespräche geführt.