Hagen. Fernuni und Fachhochschule Hagen erleben Rückgänge der Studierendenzahlen. Woran das liegt? Die Hochschulen reagieren auf den Trend.

Die Studierendenzahl in NRW ist auf einem Rekordtief. Und deshalb könnte man sich an den beiden Hagener Hochschulen auch hinter diesem allgemeinen Trend verstecken. Tut man aber nicht. In Hagen befindet sich zum einen die größte Universität Deutschlands. Und eine der bedeutendsten Fachhochschulen der Region. Die Hochschulen reagieren.

Im Wintersemester 2020/21 zählte die Fernuni 65.966 Studierende. Im Wintersemester 2022/23 waren es 60.036. Knapp 6000 weniger also. Im Studienjahr 2020 hatte die Uni 4506 Studienanfänger, 2022 waren es 3564. Knapp 1000 weniger.

Die gemeldeten Zahlen, so Fernuni-Sprecher Stephan Düppe, würden sich auf das Wintersemester 2022/23 beziehen. Im Sommersemester 2023 und auch in der aktuell laufenden Einschreibung beobachte man eine leicht positive Tendenz bei den Studienanfängerzahlen. „Wir sind also nicht beunruhigt, die Entwicklung im ausgewerteten Zeitraum gibt uns aber natürlich zu denken“, so Düppe. „Ein Grund dürfte die demografische Entwicklung sein, mit geringen Geburtenzahlen in den Jahrgängen, die jetzt ein Studium aufnehmen. In der momentanen Krisenstimmung entscheiden sich möglicherweise auch weniger Menschen für ein Studium und lieber für eine Berufsausbildung, um schneller ein gesichertes Einkommen zu erzielen.“

Rückkehr zur „Normalität“

Unter den Studierenden seien viele Berufstätige, die ein Studium absolvieren möchten, um sich beruflich neu zu orientieren. Hier könnte die Krisenstimmung zu einer verminderten Veränderungs- bzw. Risikobereitschaft führen, so Düppe. „Hinzu kommt, dass es in den letzten rund zehn Jahren einen Trend zur Akademisierung gegeben hat, der allen Hochschulen steigende Studierendenzahlen beschert hat, und vielleicht erleben wir gerade so etwas wie eine Rückkehr zur Normalität. An der Fernuni beobachten wir zudem einen ,umgekehrten Pandemieeffekt’: In der Corona-Zeit sind unsere Studierendenzahlen gegen den allgemeinen Trend deutlich gestiegen, was unter anderem auf die Lockdown- und Homeofficesituation zurückzuführen war, in der sich einige für die Aufnahme eines Fernstudiums entschieden haben.“

Die Fachhochschule Südwestfalen an der Haldener Straße
Die Fachhochschule Südwestfalen an der Haldener Straße © Westfalenpost

Zusätzlicher Sondereffekt

Nicht zuletzt spüre man an der Fernuni einen zunehmenden Wettbewerbsdruck durch private Hochschulen, die sich an ähnliche Zielgruppen richten. Man habe zudem das Gebührenmodell umgestellt: Es gebe nun eine Grundgebühr und im Gegenzug wurden die Gebühren für das Belegen von Kursen gesenkt. Stephan Düppe: „Vor allem langjährige Studierende, die nicht mehr aktiv studiert haben, hat das dazu bewogen, sich zu exmatrikulieren.“

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„Insgesamt beobachten wir den Trend, dass die Nachfrage bei den wirtschaftswissenschaftlichen Bachelorstudiengängen etwas stärker nachgelassen hat, bei den Masterstudiengängen fakultätsübergreifend dagegen weniger stark“, so Sprecher Düppe.

An der Fachhochschule Südwestfalen an der Haldener Straße sind es im Vergleich zum Wintersemester 2020/21 rund 900 Studierende weniger. Insgesamt zählte die FH im Wintersemester 22/23 10.952 Studierende. Die Zahl der Studienanfänger sank zwischen 2020 und 2022 um knapp 400 auf 1433. „An der Fachhochschule Südwestfalen konnten wir unsere Einschreibezahlen bereits im Vorjahr stabilisieren. Erste Zahlen zeigen, dass sich diese Entwicklung für die aktuelle Einschreibephase mindestens fortsetzt. Die Rückgänge zuvor waren nach starken Zahlen, die teilweise zu Überlasten geführt haben, kalkuliert“, so FH-Sprecher Alexander Althöfer.

„Ursachen sind extern zu suchen“

Die rückläufigen Zahlen würden einem übergeordneten Trend folgen und die Hochschule weder alleine noch besonders stark treffen. „Man muss die Ursachen daher sicher in erster Linie extern suchen. Die Demografie spielt eine entscheidende Rolle. Außerdem kann man annehmen, dass aktuelle und vergangene Krisensituationen den Entscheidungshorizont junger Menschen beeinflussen“, so Althöfer.

Man arbeite kontinuierlich an einem Studienangebot, das auf die Bedürfnisse und die Nachfrage junger Menschen und den Arbeitsmarkt der Region zugeschnitten sei. Man kommuniziere es natürlich auch intensiver und multimedialer als in der Vergangenheit. „Wir sind gefordert, die Wünsche und Ansprüche, die junge Menschen an ihr Studium haben, in unserem Studienangebot sichtbar zu machen. Das ist uns in der Vergangenheit gut gelungen. Nehmen wir als Beispiel unsere Hagener Studiengänge Betriebswirtschaftslehre, die auch als internationale Variante angeboten wird, oder Medizintechnik. Beide hatten und haben eine enorme Nachfrage und kompensieren die Tatsache, dass einige klassische Ingenieurstudiengänge vielleicht nicht mehr ganz so stark nachgefragt sind, wie vor einigen Jahren.“