Hagen. Trotz der Gelder aus dem Digital-Pakt: Bei der WLAN-Verkabelung der Schulgebäude hinkt Hagen meilenweit hinterher. Eine Bestandsaufnahme.
Bei der Umsetzung des Digital-Paktes, um sämtliche Schulen über flächendeckende WLAN-Versorgung (drahtlose lokale Netzwerke) internetfit zu machen, kommt Hagen nur im Schneckentempo voran: So wird die Stadt mit Hilfe der von Bund und Land aufgelegten und im Jahr 2024 auslaufenden Förderkulisse nur einen Bruchteil der kommunalen Bildungseinrichtungen pünktlich mit der notwendigen Technik ausrüsten können. Zurzeit geht man im Rathaus davon aus, dass eine flächendeckende Versorgung erst bis Ende 2028 – also mit vier Jahren Verspätung – gelingen kann. Bis zu den zurzeit laufenden Sommerferien, so musste die Verwaltung zuletzt reumütig einräumen, ist das bislang lediglich an zwei (!) Schulen, konkret an der Sekundarschule Altenhagen sowie an der Grundschule Hestert, gelungen. Ansonsten lässt die Umsetzung auf sich warten, obwohl das Projekt bereits seit 2019 läuft.
Förderung auf fünf Jahre angelegt
Der Digital-Pakt Schule ist für eine Dauer von fünf Jahren angelegt. Er ist 2019 in Kraft getreten und endet – so die ursprüngliche Planung – im Jahr 2024. Förderfähig sind insbesondere die breitbandige Verkabelung innerhalb der Schulen bis zum Klassenzimmer, um beispielsweise die Nutzung der etwa 25.000 Schüler-iPads in Hagen sowie interaktiver Tafeln zu ermöglichen.
Für die genannten Investitionen stehen bundesweit 6,5 Milliarden Euro zur Verfügung. Mit dem Digital-Pakt Schule statten Bund und Länder gemeinsam die Schulen digital besser aus. Nach schleppendem Beginn ist das Interesse inzwischen deutlich gewachsen.
Die NRW-Landesregierung hat stets betont, den vorzugsweise in der Corona-Zeit offensichtlich gewordenen Nachholbedarf schnell beseitigen und die Digitalisierung an den Schulen vorantreiben zu wollen. Für modernen Unterricht sei eine zeitgemäße, digitale Infrastruktur und Ausstattung sowie ein leistungsfähiger Breitbandanschluss ebenso notwendig wie Lehrer, die mit dienstlichen Endgeräten ausgestattet und im Umgang mit digitalen Medien qualifiziert seien.
Für die Opposition im Rat naturgemäß ein gefundenes Fressen: „Unsere Stadt verspielt gerade ihre Zukunft, weil der Oberbürgermeister und die Allianzfraktionen nicht in der Lage sind, die richtigen Weichen zu stellen. Die gesamte Bildungspolitik in Hagen ist ein Desaster“, bilanzierten zuletzt SPD-Fraktionschef Claus Rudel und Parteichef Timo Schisanowski. „Es ist ein Armutszeugnis, was sich die Stadt da selbst ausstellt“, ätzte die Genossen-Spitze, nachdem der Verwaltungsvorstand zuletzt kleinlaut eingestand, dass die Verzögerungen aufgrund von Personal- und Kommunikationsproblemen durchaus hausgemacht seien.
„Die Situation ist aus Sicht der Verwaltung sehr unangenehm“, versuchte Kämmerer Christoph Gerbersmann im Rat gar nicht erst die Lage zu beschönigen. Bereits seit Herbst vergangenen Jahres sei klar gewesen, dass der gesetzte Zeitrahmen bis Ende 2024 krachend gesprengt werde. Zurzeit geht man im Rathaus davon aus, dass bis dahin lediglich 40 Schuldigitalisierungsprojekte, also gut die Hälfte, von der Gebäudewirtschaft tatsächlich umgesetzt werden können.
Mitarbeiter-Quartett bricht weg
Dabei habe die Stadt durchaus schon 2019 erkannt, dass die Umsetzung der förderfähigen Maßnahmen aus dem Digital-Pakt eine Aufgabe sei, die als „komplexes, personal- und ressourcenintensives sowie mehrjähriges Projekt“ angegangen werden müsse, heißt es in einer Stellungnahme der Stadt. Dies könne jedoch nicht gelingen, wenn von den vier dafür abgestellten Mitarbeitern der Stadtverwaltung am Ende sich zwei aus Hagen wegbewerben, einer in den Ruhestand geht und ein weiterer langzeiterkrankt ist. Daraus, so der Finanzdezernent, sei nicht bloß ein erheblicher Knowhow-Verlust entstanden, sondern es sei auch zu erheblichen Kommunikationsproblemen gekommen. Zudem hätten die allerorten verbreiteten Kostensteigerungen, die globale Ressourcenknappheit, der allgemeine Fachkräftemangel, die regional schlechte Verfügbarkeit von Fachfirmen und Fachplanern sowie die mangelhafte Bausubstanz der Schulgebäude für weitere Rückschläge gesorgt, so die Argumentation der Stadt.
Zurzeit haben sich zwei extern engagierte, freiberuflich agierende Ingenieure zur Unterstützung der Stadt der Thematik angenommen. Sie gehen bisher davon aus, dass es erst bis Ende 2028 gelingen kann, alle Schulen so zu verkabeln, dass sie WLAN-fähig werden. „Das ist natürlich viel zu spät und nicht akzeptabel“, resümierte Gerbersmann selbstkritisch und kündigte zugleich an, während der Sommerpause zusätzliches Personal zu akquirieren. „Wir wollen keine Versprechungen machen, aber wir sind sicher, dass wir den Zeitplan nach vorne verschieben können“, möchte die Stadt – im Gegensatz zu ihrer bisherigen Haltung – jetzt auch enger mit jenen Schulen kooperieren, in denen durch Elterninitiativen oder auch Fördervereine die Verkabelung bereits vorzeitig vorangetrieben wurde.
„Wir müssen die Schulen auf diesem Weg jetzt mitnehmen“, sucht Schuldezernentin Martina Soddemann ebenfalls den engen Schulterschluss. So wurden die Leitungen nicht bloß per E-Mail informiert, sondern die Planungen sollen dort auch in direkten Gesprächen erörtert werden: „Denn die Verwaltung ist sich bewusst, dass die Maßnahmen zur Digitalisierung der Hagener Schulen elementar wichtig sind, da die Investitionen das Fundament zeitgemäßen Unterrichts sind.“
Opposition erwartet Aufarbeitung
Für SPD-Ratsherr Werner König bleibt es dennoch ein herber Rückschlag, dass für die Hagener Schüler zuletzt zwar fast 25.000 iPads angeschafft wurden, sich die Kinder in den Klassen jedoch weiterhin nicht vernetzen können. Seine Fraktion erwartet daher für die nächste Sitzung des Schulausschusses im September eine umfassende Aufarbeitung der misslichen Entwicklung, in der klar die Verantwortlichkeiten benannt werden. „Es fehlt in dieser Stadt einfach an Koordination und Kontrolle“, behält es sich König vor, eventuell sogar den Rechnungsprüfungsausschuss einzuschalten, um dort die Versäumnisse aufzuarbeiten.
CDU-Fraktionschef Jörg Klepper, der sich angesichts der Verzögerungen ebenfalls erschüttert und fassungslos gibt, sieht in der Genossen-Empörung über angebliche Mängel in gleich mehreren Dezernaten derweil eine „gezielte Vernebelungsstrategie“. Die von der SPD aufgeworfenen Fragen, so Klepper, müsste am Ende ohnehin alle der für die Fachplanung zuständige Bau-Beigeordnete Henning Keune beantworten, und der besitze noch immer ein SPD-Parteibuch.