Haspe. Mit viel Humor und bester Laune hat der Hasper Kirmesfestzug am Samstag das Volksfest begleitet. Die Veranstalter setzen auf ein neues Konzept.
Mit viel Leidenschaft, pfiffigen Kostümen und bodenständigem Esprit haben die Hasper Heimat- und Brauchtumsfreunde den 142. Kirmesfestzug am Samstag zu einem sommerlichen Familienereignis gemacht. Seit das Wolkenschieber-Quartett (Die Vierzylinder) um Obermeister Fritz Gerke vom neuen, aber offenkundig noch etwas übermotivierten Lehrling Herbert Gitt unterstützt wird, pendeln beim Sommerkarneval im Hagener Westen die Temperaturen stabil entlang der 30-Grad-Marke. Klimatische Bedingungen, die die Lust auf ULK – Unsinn, Leichtsinn, Kneipsinn – erst so richtig auf Betriebstemperatur bringen.
Spektakuläre Kostümierungen
Obwohl die Resonanz entlang der Straßen nicht mehr ganz an die Besucherzahlen vergangener Jahre anknüpfen konnte, wussten die mehr als 60 Wagenbauer und Fußgruppen garniert mit vier Kapellen die Menschen mit originellen Ideen, reichlich Musikbegleitung und zum Teil spektakulären Kostümierungen bestens zu unterhalten. Dabei blickten viele neidisch auf Kirmesbauer Michael Kröner, der bei seiner Abschiedsrunde – ganz im Gegensatz zu Eselsdame „Emma“ – stetig Schatten unter seinem Herzchenschirm fand.
Ansonsten ließen die Vereine ihrer Fantasie absolut freien Lauf. Das Spektrum der humorvollen Ideen und Absurditäten reichte von erstaunlichen Wonder-Women und Superhelden, tanzenden Eversbüschen, japanischer Kirschblüte in Haspe, Eselswellness der Twitting-Blagen in Bad Haspe bis hin zur Rückkehr der Straßenbahn, spektakulär inszeniert von Friesen Haspe.
Vespa-Armada wie in Rom
Ökologisch zwar äußerst bedenklich, aber nicht bloß für Motorroller-Freunde eine Augenschmaus war die Vespa-Armada, die kurz vor den Sommerferien schon echtes Rom-Urlaubsfeeling an den Kreisel stänkerte. Hackebämmels Enkel präsentierten sich im Super-Mario-Fieber, während der Preis für die molligste Verkleidung sicherlich an den Quambusch-Gorilla vom Siedlerverein geht. Natürlich können die Hasper auch politisch: Habecks Heizungszumutungen bekamen ebenso ihr Fett weg wie die Planer der Stadt, die das Markana-Heim durch eine Wiese ersetzten.
Gestalterisch ganz stark überzeugten traditionell die Iämpeströter-Paginnen, die das Pariser Moulin Rouge von der Seine an die Ennepe rückten und in spektakulären Kleidern im Can-Can-Rhythmus zur Nordstraße tänzelten. Technisch außergewöhnlich die „Airline Alladdin“ ohne Strom und Kerosin begleitet von einer charmanten Flugbegleiterin.
Gefütterte Mützen bei 30 Grad
Während die Vielzahl an sehr jungen Kirmeszug-Teilnehmern Hoffnung machte, dass das Brauchtum die Corona-Jahre überstanden und den Generationswechsel schafft, scheint die Hasper Kirmes derweil an einem Wende- oder gar Kipppunkt zu stehen: Der knappe Rundweg über Tillmanns- und Preußerstraße zum Festplatz auf dem Ernst-Meister-Platz wirkt schon sehr bescheiden, entspricht jedoch leider auch der schwindenden Resonanz der Vor-Corona-Jahre. Wie kommt man bloß auf die Idee, neben Kirmes-Klassikern wie Hot Dogs, Popcorn, Mandeln, Liebesapfel, Eisvariationen und Crêpes bei 30 Grad gefütterte Pokémon-Mützen anzubieten?
Beim Blick auf ungezählte Plüschtier-Automaten – der Grabscher von der Reeperbahn passt so gar nicht mehr in diese Zeit –, Acht-Euro-Uhren mit Schlapphüten sowie Täschchen- und Sonnenbrillen-Anbieter verschwimmen die Grenzen zu einem billigen Baumarktparkplatz-Trödelmarkt erschreckend. Dennoch: Schausteller-Chef Dirk Wagner zeigte sich recht zufrieden mit dem Corona-Restart in Haspe mit verändertem Stellkonzept. Und auch der Resonanz im Biergarten des HHBV tat der Standortwechsel keinen Abbruch. Allerdings wurde die Kluft zwischen Heimatfreunden und Kirmespublikum dennoch kaum schmaler. Das gesamte Spektakel endet am Montag mit einem Familientag.