Hagen. Eine Firma wollte in der denkmalgeschützten Immobilie in Hagen moderne Wohnungen schaffen. Passiert ist nichts. Das sorgt für einen Rechtsstreit:
Eva Fürstenberg steht vor dem heruntergekommenen Gebäude in der Natorpstraße, das im Volksmund aufgrund seines Charakters früher als kurfürstliches Schloss bezeichnet wurde. Es wurde um 1925 vom Architekten Metzendorf errichtet. Prunkvoll oder palastähnlich – das sind jetzt die letzten Begriffe, die einem zu dem verwaisten und zugewucherten Gebäude noch einfallen würden, in dem Eva Fürstenberg sowie weitere Käufer von einer Immobilienagentur mit Sitz in Duisburg (bzw. einer Unterfirma) Eigentumswohnungen erworben haben. „Das war vor gut zwei Jahren. Jetzt sollte – so das damalige Versprechen des Maklers – alles fertig sein. Die Pläne sahen toll aus. Passiert ist aber nichts. Gar nichts.“
Und daran dürfte sich so schnell auch nichts ändern. Der Fall beschäftigt derzeit unter anderem das Landgericht in Düsseldorf, wie dort ein Sprecher auf Nachfrage der Redaktion bestätigt. „Im Sommer 2021 ist dazu eine Klage bei uns eingegangen. Es geht dabei um eine Kaufrückabwicklung und es steht die Frage im Raum, ob es eine Sanierungspflicht seitens des Eigentümers gab oder nicht“, so der Sprecher. Nach Recherchen der Redaktion ruht das Verfahren aktuell. Möglicherweise soll eine außergerichtliche Einigung erzielt werden.
Sprecher Christian Potthast bestätigt, dass auch am Landgericht in Hagen zwei Klagen anhängig sind, bei denen es um die besagte Immobilie geht. Gegenstand der Klagen seien ebenfalls Rückabwicklungen zweier Immobilienkaufverträge.
Die Begründung auch in diesem Fall: Bei den Vertragsverhandlungen soll versprochen worden sein, dass die Wohnungen von der Firma saniert würden. Diese habe auch für die denkmalschutzrechtliche Genehmigung sorgen sollen. Passiert sei jedoch nichts. „Wegen des gleich gelagerten Sachverhalts sind beide ursprünglich selbstständigen Klagen zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden“, so Potthast weiter. Ein erster Verhandlungstermin hat bereits stattgefunden, ein weiterer Termin, bei dem mehrere Zeugen aussagen sollen, ist im März angesetzt.
Kein Antrag eingereicht
Für Käufer aber wie Eva Fürstenberg – insgesamt sollten in der denkmalgeschützten Immobilie 11 moderne Wohnungen entstehen – ist das ein teures Ärgernis. Vielmehr fürchten sie, dass sie ihr Geld vielleicht nie wieder sehen könnten. Schließlich hatten sie sechsstellige Beträge für die Wohnungen gezahlt und sich davon ein schönes Wohnprojekt versprochen, aber auch Möglichkeiten zur Weitervermietung gesehen: „Ich hatte schon früh Interessenten für die Wohnung und wollte sie vermieten, aber es passiert einfach nichts. Die Situation zerrt an den Nerven. Wir fühlen uns total verarscht.“
Die Immobilie, die seit 1994 unter Denkmalschutz steht, hat in den vergangenen Jahren schon mehrfach den Besitzer gewechselt. Bereits mehrfach hatte es bei der Stadt auch entsprechende Bauanträge für einen Umbau und die Schaffung von neuem Wohnraum gegeben, die letztlich aber nie in die Tat umgesetzt wurden.
Laut Stadtverwaltung gab es bis kurz vor Weihnachten Bemühungen, „eine denkmalgerechte Sanierung mit der Denkmalbehörde abzustimmen, allerdings wurden der Denkmalbehörde noch kein Antrag und noch keine prüffähigen Pläne vorgelegt“, so Sprecherin Clara Treude auf Anfrage der Redaktion.
Keine Stellungnahme zu Vorwürfen
Zunächst einmal gibt es also keine Perspektive, wie es mit dem heruntergekommenen Kurfürstenpalais weitergehen soll. Bis auf eine Entkernung, die bereits mehrere Jahre zurückliegt, ist sanierungstechnisch nichts vorangekommen. Das leerstehende Haus wird vielmehr immer wieder von Jugendlichen für Feiern oder als Übernachtungsmöglichkeit von Wohnungslosen genutzt und bleibt auch von Vandalismus nicht verschont.
Die Redaktion hatte die Firma mit den Vorwürfen konfrontiert und eine Woche Zeit zur Stellungnahme eingeräumt. Auch anderthalb Wochen später hat es auf die telefonische sowie die umfassende schriftliche Anfrage per Mail keine Rückmeldung gegeben. Laut Landgerichtssprecher Christian Potthast hätte die beschuldigte Firma die Vorwürfe bislang im Rahmen des Verfahrens abgestritten. Die „rechtliche Einheit zwischen den Immobilienkaufverträgen und den Sanierungsverträgen in dem vom BGH geforderten Sinne (nämlich, dass sie miteinander stehen und fallen sollen) sei nicht gegeben.“ Ein Sanierungsvertrag sei vielmehr überhaupt nicht zustande gekommen.
>>> Hintergrund: Für Arbeiter gebaut
Das Haus ist ein echtes Stück Stadtgeschichte am Kratzkopf. Errichtet wurde es um das Jahr 1925 vom Architekten Metzendorf. Das Gebäude wurde für Arbeiter der „Fa. Hagener Textilindustrie“ – vormals Gebrüder Elbers – errichtet, die dort lebten. „Es ist bedeutend für die Geschichte der Menschen, insbesondere für die Sozialgeschichte“, beschrieb die Stadt bei der Eintragung damals die Gründe, das Haus unter Denkmalschutz zu stellen.
Das Gebäude steht seit Jahren leer. „Es diente den Beschäftigten als Werksunterkunft und beherbergte insbesondere allein lebende Arbeiter“, hieß es weiter. Arbeitern wurde es dadurch ermöglicht, gut, preiswert und zu hygienischen Bedingungen zu wohnen. Zudem sprachen auch architektonische Gründe für die Erhaltung des Gebäudes.