Hohenlimburg. Hohenlimburg und Letmathe, Boele und Herdecke, Haspe und Gevelsberg – viele Hagener orientieren sich in der Freizeit in die Nachbarstädte.
Der Anlass dieses Berichts ist ein Fehler unserer Zeitung. Aus technischen Gründen fehlt unseren Lesern in Hohenlimburg zu Beginn des Herbstes die Seite „Letmathe“ in ihrer Ausgabe. Eine Kleinigkeit, mag man denken. Doch das Gegenteil ist der Fall. Zahlreiche Telefonate mit Lesern zeigen im Anschluss, wie wichtig Letmathe für die Hohenlimburger ist. Und immer wieder fällt der Satz: „Wir halten uns mehr in Letmathe auf als in Hagen.“ Das Beispiel beider Kommunen zeigt, dass das Leben der Menschen schon lange interkommunal stattfindet und sie gegenseitig von der Infrastruktur in den Nachbargemeinden profitieren. Eine gelebte Wirklichkeit, der politische und verwaltungstechnische Grenzen konträr gegenüber stehen.
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Niklas Kausen gehört zu jenen Bürgern, die auf eine Umfrage unserer Zeitung genau zu diesem Thema reagierten. Er sagt: „Als Hohenlimburger fühlt man sich eher in Letmathe wohl. Die Verbundenheit von Hohenlimburg und Letmathe basiert eigentlich schon auf langen Traditionen. Die Zwangseingemeindung war ein Witz. Wäre Hohenlimburg eine selbstständige Gemeinde im Kreis Iserlohn, würden die Verbindungen zu Letmathe extrem gestärkt und man wäre viel besser als mit Hagen dran.“ Mit dieser Haltung ist er nicht allein. Gleichzeitig nimmt Kausen einen ersten wichtigen Blickwinkel ein, wenn man die gelebte Nähe zwischen Hohenlimburg und Letmathe thematisiert: die Historie.
„Zu der räumlich-geographisch engen Nachbarschaft zwischen Hohenlimburg und Letmathe kommt eine annähernd 750-jährige gemeinsame Geschichte in der Grafschaft (Hohen-)Limburg“, sagt der Hohenlimburger Heimatpfleger Widbert Felka. „Danach im damaligen Kreis Iserlohn, dem beide Städte angehört hatten. Mit der am 1. Januar 1975 vollzogenen kommunalen Neuordnung – Hohenlimburg kam zur Großstadt Hagen, Letmathe zur Stadt Iserlohn – endete diese jahrhundertelange gemeinsame politische Geschichte von Hohenlimburg und Letmathe.“ Auf dem Papier sicher, aber eben nicht in den Köpfen der ganz normalen Menschen.
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Gutes Beispiel dafür ist Axel Dunkel. Der 57-Jährige lebte knapp 30 in Hohenlimburg und nun in Letmathe. Am Wochenende erlebt er, wie viele Hohenlimburger nach Letmathe reinkommen. „Das zieht die Menschen hier aber auch einfach mehr an als in Hohenlimburg“, sagt er. In Letmathe habe es über die vergangenen Jahre stetige Veränderungen gegeben. Gastronomisch mit dem R-Café, freizeittechnisch mit einem modernen Radweg an der Lenne in Innenstadtnähe. „In Letmathe gibt es Bauaktivitäten, hier entsteht neuer Wohnraum. Das hat Anziehungskraft. Ich nehme Stadtentwicklung hier wahr. In Hohenlimburg passiert gar nichts mehr.“
Politik spricht nicht miteinander
Das Beispiel mit dem stockenden und komplizierten Ausbau des Lenneradweges ab der Letmather Stadtgrenze Richtung Hohenlimburg zeige für Axel Dunkel, dass Nachbargemeinden Projekte auch mal in einer Art gemeinsamen Haushalt abbilden müssten. „Politik und Verwaltung endet eben meistens an der Ortsgrenze. Man muss miteinander sprechen.“
Ist das in der Realität so? Stichprobe auf Stadtspitzen-Ebene bei Iserlohns Bürgermeister Michael Joithe, der in Hohenlimburg aufwuchs und heute in Letmathe lebt. „Ich kann aus eigener Erfahrung die gegenseitige Affinität der Bürger beider Städte bzw. Stadtteile bestätigen. Insbesondere bei festlichen Veranstaltungen, wie der Kiliankirmes und dem Brückenfest in Letmathe oder dem Stadtfest und den Schlossfestspielen in Hohenlimburg trifft man nicht wenige Besucher aus der jeweiligen Nachbarstadt. Aufgrund der jeweiligen exponierten Lage beider Stadtteilzentren und der historischen Verbundenheit beider Stadtteile liegt es nahe, dass die gegenseitige Nutzung gerne angenommen wird. Insbesondere aus Hohenlimburger Sicht ist die sehr belebte Letmather Innenstadt sehr gut mit Rad, Bahn, Bus und Pkw erreichbar. Als gemeinsame politische Ziele sind als Lenneanrainer sicherlich gemeinsame Bestrebungen zum Hochwasserschutz und der Lückenschluss des Fuß- und Radwegs entlang der Lenne zu nennen.“
Formellen politischen Austausch zwischen Letmathe und Hohenlimburg gebe es allerdings nicht. „Coronabedingt hatte ich nach meinem Amtsantritt im November 2020 leider auch noch nicht die Gelegenheit eines persönlichen Austauschs mit dem Hohenlimburger Bezirksbürgermeister Jochen Eisermann.“
Eisermann hält dagegen
Ganz andere Töne von eben jenem Jochen Eisermann: „Da meine Frau und ihre Familie aus Iserlohn kommen, wage ich zu behaupten, dass dies eher umgekehrt ist. Alle fahren nach Hohenlimburg – Berlet, Kaufland, Augsburg, Centershop, Kreativmarkt – zum Einkaufen!“ Warum Letmathe und Hohenlimburg 1975 nicht fusioniert hätten? Letmathe sei damals eine CDU-Hochburg gewesen, in Hohenlimburg regierte die SPD. „Keiner wollte seine „Mehrheit“ verlieren, was aus heutiger Sicht ziemlich kleinkariert ist“, sagt Eisermann. „Im Kommunal- Wahlkampf haben wir unsere Beziehungen zu den Ortsunionen Letmathe, Iserlohn, Nachrodt- Wiblingwerde, Ergste und Altena neu aufgefrischt und wollen diese auch intensivieren.“
Städtebau-Programm kommt
Mark Krippner (SPD), stellvertretender Bezirksbürgermeister Hohenlimburgs, sagt, dass in Letmathe Investitionen getätigt seien worden, „die in Hohenlimburg endlich dank des Städtebauförderungsprogramms nun kommen.“
Frank Schmidt, ebenfalls stellvertretender Bezirksbürgermeister von den Bürgern für Hohenlimburg, erklärt: „Wenn die Politik ins Spiel kam, wurde es meist schwierig. So scheiterte in den 1960-er Jahren der Plan, sich auf den Bau eines gemeinsamen Hallenbades an der Grenze zu einigen, weil sich Letmathe nicht angemessen an den Baukosten beteiligen wollte. Stattdessen baute Hohenlimburg lieber allein in zentraler Lage im Lennepark. Im Zuge der Kommunalen Gebietsreform gelang es auch nicht, einen Zusammenschluss zwischen dem katholisch geprägten Letmathe und deevangelischen Hohenlimburg herbeizuführen, was viele bis heute bedauern. Ich kann die Forderung nach mehr politischem Austausch mit Letmathe nur begrüßen, zumal die Stadt Iserlohn ihren Stadtteil Letmathe deutlich besser fördert als Hagen dies mit Hohenlimburg tut.“