EN-Kreis. Vor Gericht bekannte sich ein Lehrer zu seinen pädophilen Neigungen. Er kam mit einer Bewährungsstrafe davon.

Dieser Fall übersteigt die Vorstellungskraft: Ein Mathe-Lehrer (64) hatte über das Internet eine schriftliche Anleitung (mit Fotos und Skizzen) verbreitet, wie kleine Kinder gequält und sexuell missbraucht werden können, ohne dass es auffällt.

Bei einer Hausdurchsuchung im April 2018 stellten die Ermittler mehr als 5000 kinderpornografische Videos und Fotos bei ihm sicher. Der Pädagoge hatte dennoch Riesenglück: Er kam noch im allerletzten Moment um seine Haftverbüßung herum. Mit anderthalb Jahren Haft auf Bewährung verließ er jetzt den Gerichtssaal.

Der Pädagoge im vorzeitigen Ruhestand wird nicht mehr hinter Gittern landen. Im April 2020 hatte ihn zunächst das Amtsgericht Schwelm zu einer 22-monatigen Gefängnisstrafe ohne Bewährung verurteilt. Die Berufungsverhandlung vor dem Landgericht Hagen im Oktober 2020 verlief ebenfalls erfolglos: Der Angeklagte hätte „keine ausreichende Auseinandersetzung mit den Taten“ und „keinerlei Bereitschaft zur Aufarbeitung gezeigt“, befand die Berufungskammer. Das Urteil erster Instanz wurde bestätigt.

Leichte Mängel im Schuldspruch entdeckt

Die Weichen für eine baldige Inhaftierung schienen damit gestellt. Staatsanwalt Marco Klein hatte zuvor mit deutlichen Worten ans Gericht appelliert: „Wenn hier noch ein Urteil mit Bewährung herauskommen würde, fände ich das ein starkes Stück!“

Nunmehr, zwei Jahre später, ist dieser Fall eingetreten. Denn zwischenzeitlich hatte sich das Oberlandesgericht Hamm mit der Revision des Lehrers zu befassen. Der Senat entdeckte im Schuldspruch der Vorinstanz leichte Mängel, hob deshalb die Höhe der Strafe auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung an eine andere Kammer des Hagener Landgerichts zurück.

Rechtskräftig festgestellt ist: Der Lehrer, der zuletzt an einem Gymnasium im Ennepe-Ruhr-Kreis beschäftigt war, ist 2016 aufgrund von Depressionen vorzeitig aus dem aktiven Schuldienst ausgeschieden. Seitdem erhält er monatlich 3000 Euro an Bezügen.

Neigungen in Darknet nachgegangen

Als die Ermittler überraschend zur Durchsuchung an seinem Haus aufkreuzten, erwischten sie ihn am Computer: Er war gerade im Darknet unterwegs, um seinen heimlichen Neigungen nachzugehen. Beschlagnahmt und für immer amtlich eingezogen wurden ein Computer, vier Laptops, vier Handys, drei Kameras, drei Festplatten, vier Speicher. Auf den sichergestellten Geräten befanden sich 3131 Bilder und 2248 Videos mit übelsten kinderpornografischen Inhalten.

In der erneuten Verhandlung vor dem Landgericht Hagen bekannte sich der Angeklagte, nachdem er seine Neigungen über Jahre erfolgreich vor der Familie verbergen konnte, offen dazu, pädophil veranlagt zu sein.

Kammer verhängt mehrere Auflagen

Sein Vater und seine Schwester würden zwar nicht mehr mit ihm reden, doch bei seiner Ehefrau und den erwachsenen Kindern fände er Rückhalt: „Ich bin jetzt stolzer Großvater. Mein Sohn und meine Tochter haben auch keine Bedenken damit“, erklärte er vor der Kammer, „meine Frau leidet aber sehr darunter, dass wir viele soziale Kontakte verloren haben.“

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Er schaute verlegen, senkte seinen Kopf: „Ich kann mich nur schämend entschuldigen, es tut mir sehr leid.“

Neben der anderthalbjährigen Bewährungsstrafe verhängte die Kammer mehrere Auflagen: Der ehemalige Lehrer hat sich die nächsten drei Jahre straffrei zu führen, bekommt einen Bewährungshelfer zur Seite gestellt und muss 1500 Euro an das Westfälische Kinderdorf zahlen. Und, die strengste Weisung: Binnen sechs Monaten muss er eine Sexualtherapie beginnen. Richter Marcus Teich: „Damit ist die Allgemeinheit deutlich besser geschützt als mit einer Haftstraße.“