Hagen. Nach dem illegalen Autorennen auf der A 46 in Hagen mit mehreren Schwerverletzten muss einer der Fahrer in Haft. Was zum Fall jetzt bekannt ist:

Die Tachonadel zeigte 210 – und dann dieser furchtbare Aufprall in die Leitplanke, durch den eine junge Frau (18) auf die Fahrbahn der A 46 geschleudert wurde und fünf weitere Autoinsassen sich schwer verletzten. Dem Horror-Crash in den frühen Sonntagmorgenstunden des 1. August vergangenen Jahres war ein illegales Rennen zwischen einem Golf GTI (245 PS) und einem Audi R8 V10+ (610 PS) vorausgegangen. Am Montagnachmittag verurteilte das Schöffengericht den Fahrer (29) des Golfs zu einer Strafe von vier Jahren Gefängnis. Er wurde wegen eines verbotenen Kfz-Rennens, einer gefährlichen Körperverletzung und einer Gefährdung des Straßenverkehrs für schuldig befunden. Vorsitzender Richter Christian Dembowski: „Es ist nur einem großen Zufall geschuldet, dass keiner von ihnen zu Tode gekommen ist.“

Heimreise wird zur Horror-Fahrt

Die Insassen beider Fahrzeuge hatten zunächst auf einem Hochzeitsfest im Kegelcasino am Märkischen Ring gemeinsam gefeiert. Sie kannten sich überwiegend nicht untereinander, zumindest kannten sie nicht die beiden Fahrer, die sie gegen 4 Uhr morgens im Auto mitnehmen wollten. Doch die – geglaubt – sichere Heimreise wurde zur Horrorfahrt.

Als der Golf-Fahrer in Schlangenlinien durch die Stadt fuhr, wurde den Mitfahrenden klar, dass der Mann hinter dem Lenkrad offensichtlich betrunken war. Als Alkoholiker hatte er das zunächst noch gut verbergen können – doch es kreisten 1,87 Promille in seinem Blut. Aufgrund des rabiaten Fahrstils bekamen die jungen Insassen immer mehr Angst. An der roten Ampel vor dem Landgericht schrien sie ihn an, sie wollten sofort aussteigen. Doch der rücksichtslose Fahrer reagierte nicht darauf.

„Und jetzt Autorennen, oder was?“

Er ließ stattdessen die Seitenscheibe herunter und rief dem Audi-Fahrer, der rechts nebenan vor der roten Ampel wartete, zu: „Und jetzt Autorennen, oder was?“ Dann rauschte er los.

Die ungewollt Mitfahrenden saßen nun in einer lebensgefährlichen Falle. Nach der Blitzeranlage gab der Golf-Fahrer Vollgas, lieferte sich ein riskantes Rennen mit dem Audi, überholte, scherte direkt wieder vor ihm ein und schnitt ihn stark. Den um ihr Leben zitternden Insassen erklärte er dabei: „Den ramme ich weg.“

Zwei Mitfahrer aus dem GTI: Sie überlegten den Horror-Unfall – Paskal J. (22) und Mailyn Y. (18).
Zwei Mitfahrer aus dem GTI: Sie überlegten den Horror-Unfall – Paskal J. (22) und Mailyn Y. (18). © Alex Talash

Kontrolle über das Fahrzeug verloren

Im selben Augenblick, in Sekundenschnelle, verriss er kurz das Lenkrad. Der Golf GTI krachte mit voller Geschwindigkeit in die Leitplanke: Autoteile flogen umher, die Fahrbahn war ein Trümmerfeld. Mitfahrerin Mailyn Yalcin (18), die auf dem Rücksitz saß, wurde durch den schweren Aufprall durch die Frontscheibe geschleudert, landete schwer verletzt auf der Gegenfahrbahn. Sie erwachte erst nach sieben Tagen auf der Intensivstation aus dem Koma, das Handgelenk, das Schlüsselbein und die Wirbelsäule waren gebrochen. Mitfahrer Paskal Johns (22) hatte sich durch den Unfall die gesamte Bauchdecke aufgerissen. Er wurde zweimal operiert, lag vier Wochen im Krankenhaus. Ein weiterer junger Unfallbeteiligter (21) war von den Ärzten bereits für klinisch tot erklärt worden.

Unfall-Analytiker Ingo Holtkötter (45, Münster) hat die Daten aus dem Unfallfahrzeug später ausgelesen: „Das Fahrzeug war eindeutig mit einer Geschwindigkeit von mehr als 200 Stundenkilometern ungebremst vor die Barriere gefahren.“ Der Golf-Fahrer hatte im Prozess zu den gesamten Vorwürfen geschwiegen. Sein Anwalt, Dr. Frank Nobis (Iserlohn), erklärte dazu kurz, er könne sich nicht mehr erinnern: „Was immer auch passiert ist, er weiß es nicht.“

Über das Urteil gegen den am Rennen beteiligten Audi-Fahrer (29) wird das Schöffengericht erst am Freitag befinden.