Breckerfeld. Geregelte Arbeitszeiten kennt Pfarrerin Christin Hick aus Breckerfeld nicht. So bringt sie trotzdem Kind und Job unter einen Hut.
Das rote Holzauto rollt über den Boden des Büros im Gemeindehaus Zurstraße. Bennet krabbelt hinterher, kommt zurück, zieht sich an dem kleinen Stehtisch hoch, steht, tapst herum und lächelt dieses ebenso zauberhafte wie stolze Lächeln, mit dem Kinder sagen wollen: Schaut her, was ich schon Tolles kann.
Bennet, gerade ein Jahr alt, kann stehen, macht seine ersten Schritte. Diese Fähigkeit eröffnet dem jungen Mann aus Breckerfeld eine neue Welt und hält seine Eltern auf Trab. Er darf dabei sein bei diesem Termin, der ja – so nett so ein Gespräch mit einem Journalisten auch sein mag – für seine Mama irgendwie auch Teil der Arbeit ist. Er darf auch dabei sein, weil es ja auch um ihn geht. Er ist derjenige, der das Leben von Steven (31) und Christin Hick (33) durcheinandergewirbelt hat. In einem durchweg positiven Sinne.
Herausforderung Elternsein und Beruf
Und so stehen die jungen Eltern – so wie tausende andere übrigens auch – vor den Herausforderungen, die dieses schöne neue Leben mit so einem kleinen Sonnenschein eben mit sich bringt. Die, bei der es darum geht, wie man das Elternsein mit dem Beruf unter einen Hut bringen kann.
Denn Christin und ihr Mann Steven haben einen Job, der keine geregelten Arbeitszeiten kennt. Einen Job, der ein Engagement über die normalen Bürozeiten hinaus verlangt, in dem es selten freie Wochenenden gibt, und der auch daraus besteht, in schwierigen Situationen ganz spontan für andere da zu sein. Ganz gleich, welche Uhrzeit oder welcher Tag gerade sind. Sie ist Pfarrerin in Breckerfeld, er noch Vikar in Lüdenscheid und auf dem Weg zum Pfarrer.
Elternzeit dauert ein Jahr
Ein Jahr dauerte Christin Hicks Elternzeit. Seit dem 10. Oktober ist wieder im Job. Mit einer halben Stelle an der Evangelischen Sekundarschule St. Jacobus in Breckerfeld und einer halben Stelle in der Jakobus-Gemeinde, in der es außer ihr mit Paul Diehl noch einen weiteren Pfarrer gibt. „Ganz ehrlich“, sagt sie, „am Anfang hatte ich schon die Sorge, dass es in der ersten Zeit ganz schlimm werden könnte. Aber es war sofort wieder richtig schön. Ich genieße es zu arbeiten, ich liebe meinen Job, und ich war auch emotional ab der ersten Minute wieder drin.“
Es ist ein gefühlter Kaltstart, einer von null auf nahezu hundert, eine schöner für die junge Pfarrerin gleichwohl: „Direkt am ersten Sonntag habe ich relativ spontan einen Gottesdienst übernommen“, sagt Christin Hick, „in der Woche darauf hatte ich eine Jubelkonfirmation. Das war ein richtig großer Bahnhof. Da war ich schon ein wenig nervös. So einen Gottesdienst hatte ich vorher auch nicht gehalten.“ Dazu kommen eine Beerdigung in der ersten Woche, ein Taufgottesdienst und natürlich der Unterricht: Insgesamt zwölf Stunden die Woche für den Religionsunterricht und das Programm Lions Quest.
Pfarrerin ist glücklich und zufrieden im Beruf
Für Christin Hick war das der perfekte Start: „Es hat noch nicht einen Tag gegeben, an dem ich gedacht habe: Wärst du mal besser in Elternzeit geblieben“, sagt sie. „Wieder zu arbeiten – das gibt meinem Leben Struktur. Ich brauche den Beruf, um zufrieden zu sein. Und das ist auch für uns als kleine Familie gut. Natürlich gibt es Abende, an denen ich kaputt bin. Aber ich bin glücklich.“
Eine Tagesmutter unterstützt Christin und Steven Hick im Alltag an vier Tagen. „Wenn Bennet in die Kita kommt, werden wir 45 Stunden Betreuung buchen. Aber mir ist klar, dass es keine Betreuungsform gibt, die meine Arbeitszeit voll abdecken kann“, sagt Christin Hick. Organisationstalent und Spontanität werden ebenso Begleiter bleiben, wie feste Routinen. „So halte ich mir jeden Tag die Zeit zwischen 17.30 und 19.30 Uhr ganz bewusst frei“, sagt Christin Hick, „das ist auf jeden Fall Zeit, die ich mit Bennet verbringe. Da bringe ich ihn irgendwann zu Bett.“
Flexibel in einem anspruchsvollen Job
Hinzu kommt, dass auch ungeregelte Arbeitszeiten Vorteile mit sich bringen: „Wir sind mit Sicherheit flexibler, können uns Arbeit einteilen“, sagt Christin Hick. „Ich kann mir manchmal auch mitten am Tag Zeit nehmen.“
Bei all dem weiß sie aber auch: „Es gibt Dinge, die werden sich nicht wegorganisieren lassen. Da bin ich als Mutter auf den guten Willen anderer angewiesen“, sagt Christin Hick. „Bislang sind wir da auf keinerlei Widerstände und viel Verständnis gestoßen. Auch das ist ein großes Glück.“
Stresslevel und gewisse Schlagzahl im Beruf
Die Alternative zu diesem Leben ist für Christin Hick keine. „Aus dem Beruf komplett raus, mich nur noch um Heim und Kinder zu kümmern – das wäre nicht mein Ding“, sagt sie und räumt ein: „Ich bin nicht so die Super-Hausfrau. Ein gewisses Stresslevel, eine gewisse Schlagzahl – das tut mir gut. Über das Kinderkriegen hinaus wird der Beruf ja nicht bedeutungslos. Wir haben beide eine lange Ausbildung hinter uns. Und wir arbeiten gern. Diese gesellschaftliche Selbstverständlichkeit, dass Mütter nach der Elternzeit erst einmal in Teilzeit gehen, halte ich für schwierig.“
Bennet tapst seine Runde weiter um den Tisch. Er streckt die Hand aus, lächelt wieder, greift nach dem Wasserglas. Bennet hat Durst. Christin Hick hält das Glas, lässt ihn einen Schluck nehmen. Dann macht er sich wieder auf: zu einer neuen kleinen Etappe, um diese aufregend neue Welt zu entdecken.