Hohenlimburg. Im alten Turbinenhaus in Hohenlimburg laufen die Bauarbeiten. Das historische Gebäude an der Lenne wird künftig neu genutzt. Die Hintergründe:
Im alten Turbinenhaus am Langenkamp laufen die Bauarbeiten: Wo früher Strom für Industriebetriebe erzeugt wurde, entstehen zwei neue Wohngemeinschaften für Menschen, die schwer pflegebedürftig sind. Insgesamt 20 Bewohner sollen künftig auf zwei Etagen rund um die Uhr betreut werden können. Der Einzug ist für das Frühjahr 2023 geplant.
Neue Nutzung
Das Gelände gehörte der C&M Holding, wurde für die neue Nutzung aber an die Alexiou Immobilien GmbH verkauft. Evangilos Alexiou kommt aus der Pflegebranche, entwickelt das Gebäude nun gemeinsam mit MK Pflege. Dieser Pflegedienstleister aus Hohenlimburg wird die neue Wohngemeinschaft später federführend betreiben. Bisher fährt der Pflegedienst ausschließlich zu den Patienten nach Hause, um sie im eigenen Umfeld zu betreuen.
Erster Standort von MK Pflege
Die neue Wohngemeinschaft am Langenkamp soll der erste feste Standort werden. „Wir wollen damit flexibler sein – sowohl für unsere Mitarbeiter als auch für unsere Patienten“, erläutert Marius Smyrek, Geschäftsführer MK Pflege. So wolle man intensiv pflegebedürftigen Menschen, die nicht mehr in der eigenen Wohnung leben können, die Alternative einer Wohngemeinschaft bieten.
Acht der 20 Zimmer werden mit Dialyseplätzen ausgestattet.
Aufwendige Betreuung
Aktuell betreut MK Pflege insgesamt neun Patienten im häuslichen Umfeld. „Das hört sich erstmal gering an“, sagt Smyrek. „Aber man braucht fünf bis sechs Vollzeit-Angestellte für jeden Patienten, um fest planen zu können.“ Handelt es sich doch um Personen mit höchstem Pflegegrad, die stetig betreut werden müssen. Müßig zu erwähnen, dass auch MK Pflege händeringend nach Pflegekräften sucht. Lang und breit hängt ein Anwerbe-Banner an dem Baugerüst am früheren Turbinenhaus. Dieses Haus bekommt durch die Baumaßnahme nun einen neuen Zweck.
Turbinenhaus mit Historie
Nach dem Ersten Weltkrieg errichtet, wurde hier bis in die 1960er-Jahre Strom aus der Lenne gewonnen. Dafür wurde einst extra ein Kanal angelegt, der das Flusswasser unter dem Turbinenhaus her leitete. Das Wasser trieb drei Kaplan-Turbinen im Untergeschoss an. In ihrer Form wie Schiffspropeller angelegt, erzeugten sie Strom – und das nicht zu knapp. Die Generatoren waren so groß, dass sie das Erdgeschoss und die Hälfte des ersten Obergeschosses im Hauptgebäude füllten.
Später als Bürogebäude genutzt
Heute erinnert nichts mehr an diese Vergangenheit, bis auf die direkte Lage des Hauses an der Lenne. Die Turbinen wurden längst stillgelegt, das Gebäude später von Hoesch als Bürogebäude ausgebaut. Zuletzt hat der Hagener Betrieb für Informationstechnologie (Habit) dort ein Rechenzentrum betrieben. Über Jahre entwickelte die Berlet Hausverwaltung das Gelände weiter, gemeinsam mit Akteuren wie Meier+Partner Architekten, der C&M Holding und Städteplanern der Stadt Hagen.
Keine Bedenken wegen Hochwasser
Inzwischen ist das alte Turbinenhaus entkernt und die Innenarbeiten für die späteren Zimmer und Gemeinschaftsräume laufen. Hochwasser sei für das Gebäude keine Gefahr, sagt Architekt Markus Meier: „Auch bei der Jahrhundertflut im vergangenen Jahr war das Gebäude nicht betroffen.“
Weitere Bauvorhaben vor Ort
Der Umbau hin zur ambulanten Wohngemeinschaft zielt auch auf eine Belebung der Innenstadt. Dabei gehört dieser zu mehreren privaten Maßnahmen, die derzeit am Langenkamp laufen. So entstehen wenige Meter entfernt eine neue Kita und ein Seniorenheim und auf der Fläche des ehemaligen Hoesch-Verwaltungsgebäudes sind zwei neue Wohnhäuser geplant. Kostenvolumen für alle Maßnahmen: rund 40 Millionen Euro.
Teil von Insek-Prozess
Dass solche Summen in den Langenkamp fließen, ist für Meier nur zusammen mit dem laufenden Insek-Prozess denkbar, der bis 2030 Millionen-Fördermittel für die Innenstadt bedeutet. „Ohne Insek wäre es fraglich, ob es diesen privaten Invest überhaupt geben würde.“
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Keine Renaissance für Wasserkraft
Die Planungen begannen lange vor der aktuellen Energiekrise, die erneuerbaren Energien wie Sonne und Wasser neuen Rückenwind beschert. Doch ob das Turbinenhaus je eine erfolgreiche Renaissance als Wasserkraftwerk hätte feiern können, ist zweifelhaft. Zumindest war es nie Teil der Überlegungen, das Kraftwerk zu reaktivieren, so Meier.
Historie soll erhalten bleiben
„Heute würde sich das nicht mehr lohnen“, blickt er nicht nur auf die hohen Kosten für den Unterhalt. „Die Lenne fliest nicht mehr so frei wie damals, sondern wird durch Wehre reguliert. Außerdem führte der Fluss damals mehr Wasser.“ Doch ganz verschwinden soll die Historie des Gebäudes nicht. So will MK Pflege historische Aufnahmen des Turbinenhauses im Gebäude aufhängen. Und auch ein Teil der ursprünglichen Fassade soll am Haus rekonstruiert werden.
Turbinen lange stillgelegt
Bereits seit 1963 drehen sich übrigens die Turbinen in dem Gebäude nicht mehr. Damals wurde die Anlage stillgelegt – „im Interesse der in der Nachbarschaft errichteten neuen Wohnhäuser“, wie es in einem Buch zur Unternehmensgeschichte von Hoesch Hohenlimburg heißt.