Kabel. Nach 148 Jahren verlässt das Handelsunternehmen das Hagener Bahnhofsviertel. Trotz aller Herausforderungen blickt das Team positiv in die Zukunft:

Ein bisschen Wehmut klingt in der Stimme von Christian Scholl und Edda Kracht-Scholl mit. Das räumen sie auch selbst ein. „Unsere Firma – Hermann Evers – ist immerhin fast 150 Jahre am alten Standort gewesen“, sagt Christian Scholl. Er selbst habe früher dort als Schüler Regale montiert, seine Kinder später wiederum spielten in den verwinkelten Gängen und Räumen in der Immobilie, die sich unmittelbar neben dem alten Gloria-Kino am Bahnhof befindet, oft Verstecken. „Für uns geht also eine Ära vorbei. Wir möchten den Blick aber dennoch nach vorne richten“, sagt Scholl, der das Familienunternehmen Hermann Evers – „eines der ältesten Handelsunternehmen in der Stadt“ – leitet, das nach 148 Jahren das Bahnhofsviertel verlässt und ins Industriegebiet in Hagen-Kabel Im Löhken umzieht.

Ein historisches Bild: Seit mehr als 148 Jahren befand sich Hermann Evers im Hagener Bahnhofsviertel.
Ein historisches Bild: Seit mehr als 148 Jahren befand sich Hermann Evers im Hagener Bahnhofsviertel. © WP | Laura Handke

Noch sieht es hier in den neuen Räumen etwas karg aus – und es gibt immer noch genug zu tun. „Aber der Umzug hat während des laufenden Betriebs stattgefunden. Da kann man sich auch nicht mal eben ein paar Tage Zeit nehmen, um alles aufzubauen“, gibt Edda Kracht-Scholl Einblicke. Das Ehepaar ist froh, den anstrengendsten Teil geschafft zu haben. Die Technik läuft, „und die Kunden haben nichts mitbekommen“, sagt die Hagenerin.

Standortvorteil verloren

Umgezogen sind sie nicht, weil es ihnen im Bahnhofsviertel nicht mehr gefallen hätte, nein. „Es gab einfach mehrere Probleme, die zusammengekommen sind“, blickt Christian Scholl auf die lange Entscheidungsfindung zurück. Der Umzug wurde notwendig, weil mehrere Probleme zusammen kamen. Einer der ausschlaggebenden Gründe ist die Verkehrsanbindung: „Wir haben den Standortvorteil, zentral in der Mitte Hagens gelegen zu haben, verloren“, sagt Scholl. Die Verkehrsführung am Graf-von-Galen-Ring und Am Hauptbahnhof hat sich über die Jahre verändert, Bus- und Fahrradspuren „behindern die Erreichbarkeit des (alten) Betriebes. In Kabel haben wir die A1 und unsere Kunden direkt vor der Haustür – besser geht es nicht“, stimmt auch Edda Kracht-Scholl zu.

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Zwei weitere Aspekte haben bei der Entscheidung mitgespielt. Da ist zum einen das Hochwasser, das auch das Bahnhofsviertel flutete und die Lagerräume des Unternehmens 1,80 Meter hoch unter Wasser setzte („die Schäden sind bis heute nicht ganz behoben“) und zum anderen kam hinzu, dass ein Investor Interesse an dem Grundstück hatte. „Und als wir uns diese Räume hier angeschaut haben, haben wir sofort das Potenzial dieser Immobilie erkannt“, sagt Edda Kracht-Scholl. Dabei war es durchaus schwierig, überhaupt geeignete Räume in der Stadt zu finden: „Entweder waren die Hallen geflutet oder wurden von Flutbetroffenen genutzt“, so Scholl. „Wir sind froh in Kabel zu sein. Auch, weil man perspektivisch hier eher nicht vom Hochwasser betroffen ist.“

Viele Krisen bewältigt

Waren es früher stattliche 120 Quadratmeter Bürofläche – ist es jetzt zwar deutlich weniger, dafür gibt es aber um die 400 Quadratmeter Lagerfläche, „die deutlich besser aufgeteilt sind. Früher mussten wir die Ware mühsam über mehrere Treppen hochschleppen. Jetzt ist alles ebenerdig“, so Scholl, der mit der Firma die Bereiche Industriebedarf und Arbeitsschutz abdeckt. Bei Evers gibt es Sicherheitsschuhe, Atemschutzmasken, Schutzbrillen, Schutzausrüstung gegen Absturz, Warnschutzbekleidung, Antriebselemente, Öl- und Chemikalienbindemittel, Schutzanzüge oder auch individuellen Gehörschutz und vieles mehr zu kaufen.

Christian Scholl deckt mit seiner Firma die Bereiche Industriebedarf und Arbeitsschutz ab.
Christian Scholl deckt mit seiner Firma die Bereiche Industriebedarf und Arbeitsschutz ab. © WP | Laura Handke

Und trotz all der Herausforderungen und Krisen, die hinter ihm und seinem Team liegen – und angesichts des Ukrainekriegs und Corona möglicherweise noch bevorstehen, sind er und seine Frau optimistisch: „Das Unternehmen hat zwei Weltkriege , Wirtschafts- und viele weitere Krisen überlebt – und so wird es auch weiterhin sein. Wir blicken optimistisch in die Zukunft und sehen uns gut aufgestellt“, betont Scholl.

Das alte Firmengebäude der Herm. Evers GmbH & CoKG befand sich an der Straße Am Hauptbahnhof 5/Graf-von-Galen-Ring 14. Ab sofort ist das Unternehmen „Im Löhken 2“ in Kabel zu finden. Öffnungszeiten: Mo. - Do. 07:30 – 16:30 Uhr + Fr. 7:30 - 13:00 Uhr /// Tel. 023 31 16474