Hagen. Wie geht es mit dem seit der Jahrhundertflut leerstehenden Turm der Arbeitsagentur in Hagen weiter? Die Zentrale in Nürnberg prüft alle Optionen.
Die zähe Hängepartie rund um die Zukunft des 17-stöckigen Verwaltungshochhauses der Agentur für Arbeit in Hagen an der Körnerstraße geht in die Verlängerung. Nachdem die Bundeszentrale zuletzt in Aussicht gestellt hatte, dass nach der Sommerpause, spätestens jedoch im Herbst dieses Jahres eine Richtungsentscheidung getroffen werde, machte Christian Weinert, Sprecher der Bundesbehörde, jetzt auf Anfrage der Stadtredaktion deutlich, dass absehbar erst Ende des Jahres die Weichen in den Nürnberger Gremien gestellt würden: „Das ist zumindest das Ziel. Inzwischen liegen in unsere Fachabteilungen zwar alle Fakten und Gutachten auf dem Tisch, doch der Abwägungsprozess zwischen den einzelnen Zukunftsvarianten ist noch nicht abgeschlossen.“
Sanierungspreise explodieren
Zuletzt hatte die Bundesagentur den bei der Jahrhundertflut entstanden Schaden an dem anthrazitfarbenen Verwaltungsturm, der die Silhouette der Hagener Innenstadt entscheidend mitprägt, noch auf 12,5 Millionen Euro geschätzt. Immerhin hatte die über die Ufer getretene Volme die gesamte Tiefgarage des Gebäudes geflutet und auch Teile des Erdgeschosses in Mitleidenschaft gezogen. Die weitgehend im Untergeschoss installierte Gebäudetechnik wurde ein Opfer von Wasser und Schlamm. Um das Objekt, das ohnehin unter einem nicht ganz unerheblichen Sanierungsstau leidet, wieder zukunftssicher zu sanieren und zu modernisieren, wäre es zudem geboten, die Technik künftig auf dem Dach des angegliederten Berufsinformationszentrums (BIZ) zu platzieren, so dass der Preis – unabhängig von den aktuellen Baukostensteigerungen – absehbar auf 15 Millionen Euro steigen dürfte.
Jobcenter am Graf-von-Galen-Ring
Das Hagener Jobcenter, das sowohl in dem Hochhausturm als auch in der Dependance am Berliner Platz ebenfalls unter den Folgen des Hochwassers litt, blickt derweil auf seinen Umzug an den Graf-von-Galen-Ring 39. Dort wird zurzeit unter Hochdruck an der Ecke Hugo-Preuß-Straße (ehemals Bellinda‘s Pub) das Gebäude für das Jobcenter umgebaut.
Bereits im Oktober sollen auf den sieben Etagen sukzessive etwa 80 Mitarbeiter einziehen. Die eigentliche Eröffnung ist auf den 18. November terminiert. Dort wird künftig das gesamte Kundengeschäft erledigt, während im Entrée erste leistungsrechtlichen Fragen abgewickelt werden.
In der angrenzenden Immobilie Graf-von-Galen-Ring 47 (zuletzt mit Diskothekennutzung) entsteht derweil die Jugendberufsagentur, die zurzeit in der Goldbergstraße 13-15 untergebracht ist. Hier wird ein Eröffnungstermin Ende 2023 anvisiert.
Angesichts der aktuellen Lieferengpässe und der immensen Aufschläge in der Branche wird hinter vorgehaltener Hand bereits befürchtet, dass bei einer umfassenden Erneuerung des Gebäudes im Rahmen der Detailplanungen sogar die 20-Millionen-Euro-Schwelle durchbrochen werden könnte. Der Hagener Immobilienkaufmann Udo Krollmann, dessen Unternehmen sich zwischenzeitlich mit einem Ankauf der Immobilie beschäftigte, bezifferte den Sanierungsbedarf des Objektes sogar auf 2000 Euro/qm, so dass unter dem Strich eine Summe von knapp 40 Millionen Euro gestanden hätte. „Das ist einfach unwirtschaftlich“, winkte Krollmann dankend ab.
Vor diesem Hintergrund sind für die Bundesagentur für Arbeit neben einer Sanierung auch ein Abriss, ein Verkauf sowie ein kompletter Neubau – am bestehenden Standort oder auch an anderer Stelle – mögliche Optionen, die derzeit in Nürnberg in den Fachabteilungen noch akribisch gegengerechnet und auf ihre langfristige Wirtschaftlichkeit hin überprüft werden. Erst im Anschluss werden die Gremien des Hauses unter der Regie der Vorstandsvorsitzenden Andrea Nahles eine Entscheidung treffen – übrigens völlig ohne Mitsprache des Berliner Bundesarbeitsministeriums von Hubertus Heil (SPD). Grundsätzlich, so heißt es aus Nürnberg, bleibe es Strategie und somit oberstes Gebot der Behörde, auch in Zukunft in eigenen Objekten in direkter Kommunikation mit den Kunden zu agieren.
Der imposante Bau in Hagens Mitte mit einer Gesamtfläche von gut 19.000 Quadratmetern, dessen Grundstein am 14. Februar 1980 gelegt wurde, musste über die Jahrzehnte immer wieder aufwendig dem Standard der Zeit angepasst werden. Schon vor der verheerenden Juli-Flut gab es Wasser- und Frostschäden, und auch die Unzuverlässigkeit der Aufzüge sowie die Kapriolen der im Turm verbauten Klimatechnik waren immer wieder Stadtgespräch. Zuletzt wurde noch an der Kuppel in luftiger Höhe herumgedoktert, weil Feuchtigkeit über das Dach in das Gebäude eindrang.
Die Hagener Agentur-Chefin Katja Heck machte angesichts dieser Gemengelage zuletzt kein Hehl daraus, dass sie trotz der fantastischen Fernsicht aus ihrem Büro mit einem Alternativ-Gebäude, das baulich auf die künftigen Service-Erfordernisse optimal zugeschnitten wäre, gut leben könnte. Zurzeit findet sich das Beratungscenter der Agentur für Arbeit in Haspe an der Berliner Straße in den ehemaligen Räumlichkeiten der Firma Nordwest. Ein Provisorium das – unabhängig von der Nürnberger Entscheidung zum Turm an der Körnerstraße – sicherlich noch über Jahre Bestand hat.
Provisorium für viele Jahre
Dieses Domizil mit Bushaltestelle vor der Tür ist die aktuelle Anlaufstelle für Kunden mit Termin für ein Beratungsgespräch. Auf fünf Etagen kann die Behörde dort nach Monaten des Home-Office-Ausweichens und Vagabundierens wieder mit etwa 300 Mitarbeitern den vollen Service anbieten. Für persönliche Arbeitslosmeldungen, Anliegen ohne Termin oder auch für Notfälle ist weiterhin das Kundencenter in der Mariengasse 3 in der Innenstadt die richtige Anlaufstelle. Hier wurde im ehemaligen St.-Marien-Hospital zuletzt eine Onkologische Praxis für die Bedürfnisse der Agentur umgebaut.