Westerbauer. Der Stadtteil hat sich extrem gewandelt, die Apotheke aber ist immer geblieben. Ein Gespräch mit dem Team, das vor Ort für die Menschen da ist.

Hier an der Enneper Straße präsentiert sich der Ortsteil nicht gerade von seiner malerischsten Seite. Über 20.000 Fahrzeuge rollen täglich vorbei. Das Quartier hat sich stark verändert. Das neu entstandene Einzelhandelszentrum an der Brandt-Brache übertüncht bisweilen, dass Westerbauer mancherorts auch ein ziemliches Brachen-El-Dorado geworden ist. Dieser einst stolze Stadtteil.

Hier lag der der Stammsitz der Industriellenfamilie Harkort. Hier entstand 1847 das Stahlwerk Hasper Hütte. Hier wurde 1912 Zwieback Brandt gegründet. Mittendrin: die Storchen-Apotheke. Erwähnenswert in mehrerlei Hinsicht.

Sabine Kröner bedient sich des Mittels der Untertreibung. „Der Leerstand ist für Westerbauer nicht gerade schmückend.“ Der Ortsteil sei schwieriger geworden. Sie nimmt Rücksicht bei dieser Bewertung, das merkt man. Das ist nicht aufgesetzt. Denn es schwingt viel Wertschätzung mit. Für Westerbauer und die Menschen. Die Apotheke, deren Inhaberin die 39-Jährige ist, ist seit 30 Jahren hier.

Und trotz aller Zentralisierungstendenzen in Hagen, vor allem im Westen, gibt es keine Überlegungen, das je zu ändern.

Medizinisches Dienstleistungsensemble im Haus

„Wir haben uns hier eine sehr wertvolle Beziehung zu unseren Kunden aufgebaut“, sagt Kröner, die die Apotheke mit 29 Jahren übernahm. Das ist interessant. Die großen Ketten würden einen solchen Standort wie an der Ecke Martinstraße vielleicht schon gar nicht mehr beachten. Er kommt ganz antizyklisch daher. Nicht gerade fußläufig zu erreichen, kein „Zentrum“ in der Nähe und dazu der Durchfahrtscharakter der Gegend. Die Hebammenpraxis Storchennest und Arztpraxen im Haus bilden mit der Apotheke gemeinsam ein medizinisches Dienstleistungsensemble, für das man sich auf den Weg hier her macht.

Sabine Kröners Eltern betrieben viele Jahre die Germania-Apotheke im Bahnhofsviertel. 1981 gegründet. In einer Zeit, in der Apotheken noch keine Internetkonkurrenz hatten und es auch auf dem Markt der Apotheken in Hagen weniger Zentralisierungstendenzen gab. Es gab noch mehr Inhaber mit Einzelstandorten, nicht solche, die gleich mehrere Apotheken betreiben. Die Storchenapotheke ist bis heute so ein einzeln und für sich betrachtbarer Ort. Über eine weitere Dependance denkt Sabine Kröner nicht nach.

Die Storchenapotheke ist eine Konstante im  Quartier.
Die Storchenapotheke ist eine Konstante im Quartier. © WP | Michael Kleinrensing

Wert der Apotheke gestiegen

Die Apotheken in der Stadt standen in den vergangenen zweieinhalb Jahren im besonderen Fokus. Sie waren in der Wahrnehmung der breiten Bevölkerung nicht mehr nur das, was man gemeinhin als Ort der Medikamenten-Ausgabe begreift. In der Pandemie wurden sie zu Anlaufstellen, zu Corona-Seismographen. Die Impfstoffbestellung der Praxen wurde und wird über die Apotheken abgewickelt. Sie erstellen Impfzertifikate, die Pharmazeutisch-technischen Assistenten rückten in die Impfzentren aus, in den Apotheken selbst (auch in der Storchen-Apotheke) wird geimpft. Es wird getestet, auch auf Antikörper. Kurzum: Vieles, was mit der Bewältigung der Pandemie zu tun hatte, schulterten die Apotheken.

Mittlerrolle zwischen Patienten und Ärzten

Und nun sind sie die, die in einer beängstigenden Zeit, in einer Zeit des Krieges und der Knappheit, auf dem Weltmarkt versuchen jene Medikamente zu erstehen, die die Kunden vor Ort, auch in Westerbauer so dringend benötigen. Und deren Knappheit viele Menschen besorgt. Blutdrucksenker, Fiebersäfte, Krebstherapiemittel. Mehr noch als früher, so bestätigt Sabine Kröner, habe die Apotheke eine Mittlerrolle zwischen Patienten und Ärzten. Beispielsweise dann, wenn das ursprünglich verschriebene Medikament mal nicht zur Verfügung steht.

Acht Kolleginnen und zwei Fahrer sind für das Team der Storchen-Apotheke im Einsatz. „Die Anzahl der Lieferungen nach Hause hat sich verdrei- oder vierfacht durch die Pandemie“, sagt Sabine Kröner.

Als Herausforderungen wartet das E-Rezept. Das E-Rezept löst die ärztliche Verordnung eines apothekenpflichtigen Arzneimittels ab, das bisher auf rosa Papier gedruckt wurde. Das team der Storchen-Apotheke ist darauf vorbereitet.